Infernoclub 2 Mein verwegener Duke
könnte!
Warum war er nicht von ihm erschossen worden? Dieser große Bursche, der Wilde, leicht hätte er das tun können, wenn er es gewollt hätte. Waren wir einmal befreundet Er hatte nicht vertraut ausgesehen. Nicht so wie der andere - Max.
Drake hatte James noch immer nichts davon erzählt, dass er in London den Marquess of Rotherstone erkannt hatte. Er war nicht sicher, warum er dieses Geheimnis für sich behielt, aber nach dem Debakel dieser Nacht hatte James gesagt, dass der Furcht einflößende Riese, der Talon und fünf ihrer Männer in kürzester Zeit getötet hatte, nur ein Agent des Ordens sein konnte. Derselben Organisation, zu der Drake einst gehört hatte - oder zumindest hatte man ihm das gesagt.
Gewiss hätte er niemals so etwas getan wie der Wilde.
Aber dann wiederum - wie war er überhaupt in dieses schreckliche Verlies gekommen? Es muss einen Kampf gegeben haben.
Einen, den er offensichtlich verloren hatte. Wenn er sich doch nur erinnern könnte. Er schloss die Augen und lehnte sich leicht gegen den Mast, wünschte, er könnte seinen Verstand zum Arbeiten bringen. Es war alles so verwirrend.
Vor allem die Erinnerung an tiefviolette Augen und das Lachen eines Mädchens, das ihn neckte, ihn verzauberte, das in einem vertrauten Wald erklang ...
Er schob das Bild beiseite. Von all den Fragmenten, die in seinem Kopf herumschwirrten, schmerzte dieses am meisten, und doch war es ihm am kostbarsten. Er wusste nicht, wer sie war und ob sie überhaupt real war. Vielleicht war er tatsächlich genauso verrückt, wie Talon und seine Gehilfen es behauptet hatten.
Er konnte nicht einmal mehr sagen, was gut war und was schlecht.
Wenn der Orden wirklich böse ist, wie James es behauptet, und die Prometheusianer gut sind, überlegte er weiter, warum hat mich der Riese dann nicht erschossen? Er hätte es tun können. Warum hat er sich zurückgehalten?
Es war zu gefährlich, darüber nachzudenken, dass James ihn vielleicht belog. James war seine einzige Hoffnung. Die einzige Person, die seit seiner Gefangennahme freundlich zu ihm gewesen war.
Ohne James hätten die Deutschen ihn getötet. James Falkirk besaß Macht unter den Prometheusianern: Die Deutschen hatten Angst vor ihm. James hatte befohlen, dass Drake aus dem Verlies befreit wurde - so wie er dafür gesorgt hatte, dass O’Banyon von einem bezahlten Wärter aus Newgate geschmuggelt worden war. Da endeten die Ähnlichkeiten aber letztlich schon, denn O’Banyon war nur engagiert worden, um einen Auftrag auszuführen, während Drake für James weitaus wertvoller war, auch wenn er nicht sicher war, warum.
Sein älterer Retter hatte ihn unter seine Fittiche genommen, ihn so gut es ging gesund gepflegt nach den vielen Schlägen und ihm auf liebevoll väterliche Art versichert, ihm zu helfen, seine Erinnerung zurückzuerlangen.
Wieder stieg die Enttäuschung in ihm auf, weil er James nicht die Informationen geben konnte, die dieser haben wollte. Doch inzwischen war Drake daran gewöhnt, in einem Zustand leichter Verwirrung zu leben. Es ging ihm besser als vorher, sagte er sich, um nicht zu verzweifeln.
Es stimmte, dass er vieles noch nicht einordnen konnte. Aber wenn er ganz ruhig war, nicht krampfhaft sein Gedächtnis wiedererlangen wollte, kehrten vage Bilder aus der Vergangenheit zurück. Beinahe glaubte er sie aus dem Augenwinkel zu sehen.
Wer er war, woher er kam, was er einst gewesen war. Unglücklicherweise entzogen sich ihm die Antworten, wenn er versuchte, sie direkt zu fassen. Beinahe, als hätte sein Verstand beschlossen, sie aus irgendeinem Grund zu vergessen, als gäbe es Geheimnisse, die er um jeden Preis schützen müsste, sogar vor sich selbst...
Er biss die Zähne zusammen, als er daran dachte, dass Talon niemals geglaubt hatte, er hätte sein Erinnerungsvermögen verloren. Wie sie einander gehasst hatten - buhlten sie doch beide um James’ Gunst wie zwei rivalisierende Brüder.
Als ein Schlag ertönte, gefolgt von einem Schmerzensschrei, schlug Drakes Herz schneller. Es gelang ihm nicht mehr, es einfach zu ignorieren, wie die Männer den alten Seemann peinigten.
Zitternd stieß er sich vom Mast ab und blickte in die Kajüte. Die Tür stand offen. Er sah, dass sie den alten Tewkes vom Stuhl gestoßen hatten und über ihn lachten.
Drake kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. Bei dem Gedanken, ihnen gegenüberzutreten, bekam er feuchte Hände. Aber vielleicht lag das noch an seiner Reaktion auf den Kampf am Ufer der
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