Infernoclub 3 Mein verlockender Earl
wollen?
Der Weg, den die Droschke einschlug, kam Jordan verdächtig bekannt vor - die viel befahrene Kreuzung am Charing Cross, die Kurve, die auf den „Strand“ führte. Als die Kutsche schließlich in die St. Martin’s Lane einbog und nach Norden Richtung Seven Dials fuhr, verstärkte sich das flaue Gefühl in Jordans Magen.
Und doch weigerte er sich zu glauben, was immer eindeutiger wurde.
Einige Minuten später waren sie in Londons schlimmstem Viertel angelangt, dem Gebiet von üblen Straßenbanden. Ganz sicher war dies nicht der richtige Ort für eine Viscountess, vor allem wenn sie ohne Begleitung herkam. Noch immer auf ihren Fersen, blickte Jordan sich wachsam um. Es war besser, möglichen Ärger mit Ortsansässigen vorauszusehen.
Glücklicherweise traten die übelsten Subjekte erst nach Einbruch der Dunkelheit aus den Häusern, nicht zur Nachmittagsstunde.
Trotzdem, sie befanden sich nicht weit von dem Ort entfernt, an dem Mercer umgekommen war. Wichtiger war jedoch, dass sie sich in der Nähe des letzten Verstecks von Dresden Bloodwell aufhielten.
Kurze Zeit später geriet Maras Droschke in dieselben Schwierigkeiten, die auch Jordan bei der Verfolgung von Alberts Boten gehabt hatte. Die Gassen des Viertels wurden zu eng für die Kutsche.
Jordan sprang vom Pferd und versteckte sich hinter einer Häuserecke. Bestürzt sah er, wie Mara ausstieg, um zu Fuß weiterzugehen.
Was, um alles in der Welt, tat sie da? Hatte die Frau den Verstand verloren?
Sie griff in ihr Retikül und bezahlte den Kutscher. Jordan konnte nicht verstehen, über was sie sprachen, doch die Gesten des Fahrers verrieten ihm, dass sie nach dem Weg fragte.
Dann nickte sie, und zu Jordans größtem Entsetzen lief Mara in das düstere Labyrinth der Londoner Unterwelt hinein.
Irgendetwas Schreckliches musste geschehen sein. Etwas Unsagbares.
Für Jordan bestand kein Zweifel daran.
Sofort führte er sein Pferd um die Ecke und trat auf den Kutscher zu. „Die Dame - wohin wollte sie?“
„Wer sind Sie?“
„Beantworten Sie meine Frage“, entgegnete Jordan knapp. Missmutig blickte der Mann ihn an. „Sie hat mich gefragt, wie sie in die Neales Passage kommt! Was schert Sie das?“
„Ich brauche Ihre Hilfe. Diese Frau ist in Gefahr.“
„Was?“ Der Kutscher lachte.
„Passen Sie auf mein Pferd auf. Sie bekommen hundert Pfund Sterling, wenn Sie hierbleiben, bis ich zurückkomme.“
„Ich soll bleiben? Hier laufen Mörder rum!“
„Dann verdoppele ich den Betrag!“ Jordan zog seine Brieftasche aus der Weste. „Hier sind Einhundert. Die anderen Einhundert bekommen Sie, wenn ich zurückkehre. Sollten Sie sich aus dem Staub machen, werde ich Sie finden.“
Mit einem nervösen Blick sah der Mann sich um, dann nahm er die Geldscheine und nickte. „Jawohl.“ Beflissen griff er nach den Zügeln von Jordans Pferd.
Lautlos lief Jordan in die Richtung, in die Mara verschwunden war. Schließlich fand er die dunkle Gasse, die Neales Passage hieß, und erhaschte gerade noch einen Blick auf Mara, als sie ein schäbiges Gebäude betrat.
Glücklicherweise hatte sie kurz innegehalten, um die Hausnummer des Mietshauses zu überprüfen, bevor sie hineinschlüpfte und die Tür hinter sich schloss. Jordan kniff die Augen leicht zusammen, doch er verschwendete keine Zeit und betrat nur einen Augenblick später das Haus.
Von dem spärlich beleuchteten engen Gang führte eine schmutzige Treppe nach oben. Maras leichte, eilige Schritte waren deutlich zu hören, als sie hinauflief. Leise folgte Jordan ihr, ohne auf die verkommene Umgebung zu achten, in der es nach Urin stank und die sicherlich nicht sehr gesund war.
Gott. Wohin führte das nur? Jordan hatte den entsetzlichen Verdacht, dass er es bereits wusste, doch sein Gehirn weigerte sich, daran zu glauben. Allerdings konnte es keine andere Erklärung geben.
Kein Wunder, dass er Albert nicht finden konnte. Offenbar hatte Dresden Bloodwell keine Verwendung mehr für ihn gehabt.
Jetzt war sich Jordan sicher, dass sein früherer Whistpartner vermutlich nicht mehr unter den Lebenden weilte. Glühende Wut durchströmte den Earl, als er begriff, dass Alberts letzte törichte Tat darin bestanden hatte, Bloodwell auf Mara aufmerksam zu machen. Zweifellos um seine eigene Haut zu retten.
Die ganze Situation fühlte sich so unwirklich an. Es war, als sei Jordans schlimmster Albtraum wahr geworden, während er Mara nun weiter durch das Treppenhaus folgte. Sie vor einem solchen
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