Infernoclub 3 Mein verlockender Earl
zu fast jeder Tageszeit hier im Haus zu sehen.
„Würden Sie bitte die Tür schließen?“, bat sie, als der Captain sich zum Gehen wandte. „Es wäre mir lieber, wenn nicht das gesamte Personal mitbekäme, wie nahe ich heute am Wasser gebaut habe.“
„Selbstverständlich, Mylady.“ Höflich verbeugte er sich vor ihr, verließ den Raum und schloss die Tür leise hinter sich, um ihr die gewünschte Privatsphäre zu gewähren.
Um ihr Land zu verraten.
Mit ihren Nerven fast am Ende, schloss Mara die Augen. Sie durfte keine Zeit verlieren, denn George wurde bald zurückerwartet, und auch der Butler würde in wenigen Minuten mit ihrem Tee eintreffen.
Schnell griff Mara in ihr Retikül und zog den Schlüssel heraus, den Dresden Bloodwell ihr gegeben hatte. Fest hielt sie ihn in ihrer Faust, drehte sich um und blickte zu der verschlossenen Tür von Georges Schreibstube hinüber. Als sie daran dachte, was sie gleich tun würde, musste Mara schwer schlucken. Für Thomas. Um ihren Sohn zu beschützen, würde sie alles - alles - tun.
Selbst wenn sie verraten musste, was ihr heilig war - ihren Geliebten, ihren königlichen Freund, ihr Land -, und auch, wenn sie hierfür wahrscheinlich hängen würde, so sei es. Vermutlich würde man Jordan persönlich schicken, um sie zu verhaften. Und er würde diesem Befehl mit Freude Folge leisten, wenn er erfuhr, dass sie seinem Feind freiwillig zur Hand gegangen war. Doch das Einzige, was für Mara zählte, war das Wohl ihres Kindes.
Mit wild schlagendem Herzen blickte sie noch einmal zu der Bibliothekstür hinüber, ob der Butler mit dem Tee eintreten würde. Aber dafür war es noch zu früh. Die Minuten schienen förmlich dahinzukriechen, jede Sekunde so lang wie ein ganzer Tag.
Im Sekretär des Regenten werden Sie eine Namensliste finden. Diese Männer werden für eine besondere Belobigung der Krone in Betracht gezogen.
Mit einem Kloß im Hals erhob Mara sich und ging zu der verschlossenen Tür in der hinteren Ecke des Raumes hinüber.
Zwar zitterten ihre Hände sehr, doch schließlich gelang es ihr, den Schlüssel in das Schloss zu stecken, und als sie ihn drehte, hörte sie den Bolzen leise klicken.
Nervös schluckte sie, warf noch einen Blick über ihre Schulter, schlüpfte dann in den kleinen privaten Raum und schloss die Tür hinter sich. Nur für den Fall, dass der Butler früher zurückkehrte als erwartet.
Suchend sah sie sich um. Georges Sekretär war genau wie er selbst: prunkvoll und übergroß, mit unzähligen vergoldeten Schnörkeln. Rasch trat Mara an den Tisch heran und schloss mit dem Schlüssel die Schubladen auf. Schnell blätterte sie den Stapel persönlicher Papiere des Regenten durch. Einladungen, Zeitpläne, ein Entwurf für eine Rechnung der Tories, ein Bericht der Wachen, die für den Schutz seiner Frau Caroline von Braunschweig abgestellt waren ... All das ignorierte Mara.
Eine Liste! Aber nein, dies war ein Gesuch der Wollhändler, das Handelsgesetz zu ändern.
Mara blätterte weiter, bis sie schließlich auf ein einfaches Stück Pergament stieß. Darauf zwei lange Listen mit etwa dreißig männlichen Namen, die die Überschrift trugen: Der Geheimdienst Seiner Majestät, der Orden des Erzengel St. Michael. Jemand hatte Empfehlung für Belobigung wegen außerordentlichen Einsatzes und Dienst am Königreich darunter geschrieben. Mit einem unbehaglichen Gefühl überflog Mara die Liste.
Sebastian, Viscount Beauchamp
Drake Parry, Earl of Westwood
Rohan Kilburn, Duke of Warrington
Max St. Albans, Marquess of Rotherstone
Jordan Lennox, Earl of Falconridge ...
Als sie Jordans Namen erblickte, wich das Blut aus ihrem Gesicht. Auch die anderen Namen kannte sie. Mit Schrecken begriff Mara, was sie hier in den Händen hielt.
Das waren Jordans wilde, draufgängerische Freunde des berüchtigten Inferno Clubs. Und mit einem Mal erfasste Mara die Wahrheit - den tatsächlichen Zweck ihrer geheimen Treffen in Dante House. Keinesfalls handelte es sich um einen Gentlemen’s Club, das war nur eine Fassade für den Geheimdienst Seiner Majestät!
Also das wollte Dresden Bloodwell herausfinden, vermutlich im Auftrag eines anderen. Die Namen aller Agenten standen auf dieser Liste, und somit würde ihre Identität aufgedeckt werden.
So konnten die Feinde des Ordens alle Mitglieder töten, bevor diese überhaupt wussten, dass man sie enttarnt hatte.
Es war, als stünde die Welt still. Jordan konnte sterben, wenn Mara ihren Auftrag ausführte und Dresden
Weitere Kostenlose Bücher