Infernoclub 3 Mein verlockender Earl
Ihre Missbilligung kann ich gut ertragen - doch was Sie denken, ist mir nicht egal. Vor allem jetzt, da Sie Ihr Wohlergehen für mich und Thomas im Park aufs Spiel gesetzt haben. Ich bin nicht die Mätresse des Regenten. Um ehrlich zu sein, habe ich gar keinen Liebhaber. Und ich bin auch an keinem interessiert“, fügte sie betont hinzu.
Verblüfft blinzelte Jordan.
„Thomas ist der Einzige, der mir wichtig ist.“
„Verstehe“, murmelte Jordan.
Mehr wusste er nicht zu sagen. Von ihrer vorbeugenden Abweisung überrascht und verwirrt, blickte Jordan zu Boden. Er konnte spüren, wie sie ihn beobachtete.
Nun gut. Es schien, als habe sie ihm gerade - höflich, aber bestimmt - mitgeteilt, dass ihre Antwort Nein lautete. Nur für den Fall, dass er darüber nachdachte.
Tat er das?
Wenn ja, hatte sie seine Hoffnungen soeben im Keim erstickt.
Angesichts seiner harschen Worte im Park konnte Jordan es Mara nicht einmal verübeln. Für einen Mann, der stolz auf seine guten Manieren war, hatte er sich wahrhaft abscheulich benommen. Noch immer war ihm sein ungesitteter Wutausbruch höchst unangenehm. Zwar hatte Jordan schicklichere Worte benutzt, doch er hatte Mara mehr oder minder als verlogene Hure bezeichnet. Gott. Und da hielt man den Regenten für einen Tollpatsch ...
„Ich entschuldige mich aufrichtig, Sie ungerechtfertigt beschuldigt zu haben, Lady Pierson“, presste er in hölzernem Ton hervor. „Ich hatte kein Recht, Sie zu verurteilen, und hätte dem Geschwätz der Leute nicht so schnell Glauben schenken ...“ „Lassen Sie es gut sein“, unterbrach Mara ihn und winkte ab. „Glauben Sie mir, ich habe die ganze Angelegenheit bereits vergessen. Ich kann kaum gegen jemanden einen Groll hegen, der meinen Sohn beschützt.“
Ihre Großmut verwirrte Jordan nur noch mehr, da sie sich weder selbstsüchtig noch töricht benahm. Doch Maras Lächeln verriet ihre Aufrichtigkeit. Als er sie so betrachtete, wurde Jordan bewusst, dass er mit seiner Einschätzung von Maras Charakter sehr viel weiter von der Realität entfernt gewesen war, als er es hatte wahrhaben wollen.
Der Earl of Falconridge war es ganz und gar nicht gewohnt, sich zu irren. „Nun, äh - ich sollte besser gehen“, murmelte er, begierig darauf, sich zurückziehen und sammeln zu können. „Ich werde wiederkommen, sobald ich die Gelegenheit dazu habe, um nach dem Rechten zu sehen.“
„Ich möchte Ihnen nicht Ihre Zeit stehlen.“
„Das tun Sie nicht, keine Sorge.“ Noch einen Augenblick länger blickte er Mara an und fragte sich, ob er diese Frau überhaupt kannte. Zwar hatte er das stets gedacht, doch nun überlegte er, ob er mit der Zeit einfach nur die Lügen über sie geglaubt hatte. Lügen, die er sich selbst erzählt hatte, um Maras Verlust verkraften zu können.
„Was ist denn?“, fragte Mara und betrachtete ihn mit vor Vergnügen funkelnden braunen Augen. „Sie sehen verwirrt aus.“ „Das bin ich auch.“
„Warum?“
„Ich bin mir nicht sicher, ob ich Ihre Vergebung so einfach verdiene. Ich habe mich im Park sehr unhöflich verhalten. Einige der Dinge, die ich gesagt habe ... nun, ich wäre nicht erstaunt gewesen, wenn Sie mich dafür geohrfeigt hätten.“
Unwillkürlich musste Mara lächeln. „Ich kann nicht behaupten, dass ich nicht darüber nachgedacht hätte.“
Jordan konnte sich ein bedauerndes Lächeln nicht verkneifen.
Scheinbar war seine Mara immer noch genauso unberechenbar wie damals. Vielleicht war das einer der Gründe, warum er nicht von ihr loskam. Anders als die Geheimcodes, die zu lösen Jordan so sehr liebte, konnte er Maras Verhalten niemals ganz entziffern.
Als er nun zur Tür ging, schüttelte er leicht den Kopf. „Ich werde später noch einmal nach Ihnen sehen“, verkündete er mit einem Lächeln über seine Schulter hinweg und freute sich bereits jetzt auf seine Rückkehr.
„Das werden wir sehen“, entgegnete Mara verschmitzt und verschränkte die Arme vor ihrer Brust.
Jordan runzelte die Stirn und verließ dann den Raum. Während er zielstrebig zu den Ställen hinüberging, wurde sein Herz auf einmal leicht. Also war sie doch nicht die Mätresse des Regenten! Gott sei Dank. Nicht, dass sie an ihm interessiert war, erinnerte Jordan sich amüsiert. Die Dame hatte das sehr klar ausgedrückt. Doch als Spion besaß er natürlich besonders gute Überzeugungstaktiken ...
Denk gar nicht erst daran.
Mit einem Nicken in Richtung der Stallburschen schwang Jordan sich in den Sattel und ritt davon.
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