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Infinity (German Edition)

Infinity (German Edition)

Titel: Infinity (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Gfrerer
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leisten. Dabei riskierte sie einen raschen Blick auf die Absender. Die erste Nachricht stammte von Alen. Sie musste sich beherrschen, sie nicht gleich zu lesen. Sie brannte darauf, zu erfahren, was er in der Klinik über den mysteriösen Wissenschaftler herausgefunden hatte. Und auch die zweite Nachricht kam von ihm.
    »Wahrscheinlich noch eine Ergänzung«, überlegte Klara und bemühte sich, ihre Gedanken wieder auf die chemischen Vorgänge zu lenken, die sich in ihrem Heft niederschlagen sollten. Zum ersten Mal in ihrer Schullaufbahn war sie völlig unvorbereitet zu einer Klassenarbeit gekommen. Sie sollte wenigstens versuchen, die Aufgaben mit ihrem Allgemeinwissen zu lösen, statt sich darüber den Kopf zu zerbrechen, was in den SMS stehen könnte. Trotzdem fiel es ihr schwer, sich auf die Angaben zu konzentrieren. Immer wieder schob sich Alens Strahlerlächeln vor die Formeln und Textaufgaben.
    Als der Gong das Stundenende verkündete und Herr Amann die Hefte einsammelte, ahnte sie, dass er von ihrer Leistung diesmal nicht beeindruckt sein würde. Sie schob den Gedanken an Lucies triumphierendes Grinsen beiseite, das sie sich bestimmt nicht verkneifen würde, wenn sie die Arbeiten zurückbekamen. Stattdessen kramte sie ihr Handy aus der Tasche und klickte die erste Meldung an.
    »Der Neumeier arbeitet schon seit fünfzehn Jahren nicht mehr auf der Geburtenstation! Ich überprüfe jetzt die Info, nach der vielleicht etwas von ihm im Unikliniklabor zu finden sein könnte. Angeblich hatte er dort einen Lehrauftrag. Melde mich, wenn ich was Neues weiß. Herzlich, Alen.«
    Klara erwartete, in der nächsten SMS das Ergebnis seiner Nachforschungen im Labor vorzufinden. Als sie aber die Nachricht gelesen hatte, zitterte ihre Hand so sehr, dass ihr das Telefon aus den Fingern glitt und mit einem Knall auf dem Boden aufschlug.
    »Nein … nein …« Sie sackte in sich zusammen.
    Jemand umfasste ihre Schulter. Sie hörte Stimmengewirr, unterschied aber keine einzelnen Worte.
    »Wer ist Richi?«
    Es muss Silvie gewesen sein, die gefragt hatte, denn in ihrer Hand lag das Handy.
    Klara ließ sich auf die Fersen sinken und presste die Hand gegen ihren Mund. So war sie kaum zu verstehen. »Sie haben ihn getötet …« Sie schob die Hände weg, die sie festhalten wollten, sprang auf die Füße und rannte auf den Gang hinaus.
    »Klara! Dein Handy!«
    Sie ignorierte Silvies Ruf. Die Nachricht, die nun alle lesen konnten, brannte in ihr: »Etwas Schlimmes ist passiert! Richi ist tot! Angeblich eine Überdosis Drogen. Ich hol dich von der Schule ab. Bin gleich da. Alen.«

_ 12 _

    Sie konnte nicht weinen. Auch als sie vorsichtig den Kopf an Alens Schulter lehnte, während er seinen Arm um sie legte. Das durfte alles nicht wahr sein! Richi war ihr ältester Freund. Sie waren miteinander aufgewachsen. Er gehörte zu ihrem Leben, seit sie denken konnte. An ihrer Freundschaft hatte sich nichts verändert, als er nach Innsbruck gezogen war. Mit ihm konnte sie über alles reden … hatte sie über alles reden können … Sie verbesserte sich in Gedanken, als müsste sie einen Schulaufsatz korrigieren. Er durfte nicht einfach für immer fort sein. Sie musste sich doch nur in Facebook einloggen und dort würde sie sein lachendes Gesicht sehen. Ihn anklicken … ein paar Worte schreiben … und er würde antworten. Wie immer.
    Sie machte den Rücken gerade und fuhr sich durch die borstigen Haare. Ihre Finger blieben hängen und sie verharrte in dieser Stellung, bis die Arme zu schmerzen begannen.
    »Was ist passiert?« Ihre Stimme klang eingerostet. Sie räusperte sich, versuchte es noch einmal. »Wer hat dir gesagt, dass Richi …« Sie brach ab.
    Alen hockte sich auf die Treppe, die zum Schulhaus hinaufführte. Klara ließ sich neben ihn auf den Stein fallen. Sie nahm die Kälte nicht wahr, die ihr durch die Hose an die Haut drang.
    »Seine Mutter hat mich angerufen. Sie war völlig aufgelöst. Samstag am Abend wollte sie ihn auf der Krankenstation im Gefängnis besuchen, in die er verlegt worden war, weil er angeblich psychische Probleme hatte. Doch sie durfte nicht zu ihm. Der Wärter hat sie auf den nächsten Tag vertröstet.«
    Alen drehte den Kopf. Weil Klara aber nur wortlos vor sich hinstarrte, sprach er leise weiter.
    »Als sie am Morgen wiedergekommen ist, hat man ihr gesagt, dass Richi in der Nacht aus der Krankenstation geflohen wäre und die Polizei die Verfolgung aufgenommen hätte.«
    Immer noch zeigte Klara keine Reaktion.

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