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Infinity (German Edition)

Infinity (German Edition)

Titel: Infinity (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Gfrerer
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Alen verlagerte sein Gewicht auf die andere Pobacke.
    »Klar, dass Richis Mutter verrückt vor Angst um ihn war. Sie hat die Polizei belagert und sie angefleht, sie auf dem Laufenden zu halten. Sie muss gespürt haben, dass etwas nicht stimmte. Wahrscheinlich wissen Mütter das einfach.«
    Diesmal machte er eine längere Pause. Klara hatte den Eindruck, als wartete er endlich auf ein Zeichen, dass sie ihm zuhörte. Doch sie konnte sich einfach nicht bewegen. Seine Worte rauschten an ihr vorbei und es war jemand anders, den sie betrafen. Alen seufzte.
    »Als man ihr sagte, dass sie ihn gefunden haben, ist sie in Tränen ausgebrochen. Noch bevor sie ihr erklärt haben, dass er tot ist.«
    … dass er tot ist …
    In diesem Moment machte es »Klick« in Klaras Kopf. Er war tot. Endlich löste sich der Kloß in ihrem Hals. Sie weinte. Um ihren Freund, den sie nie wieder sehen würde. Um die Worte, die sie ihm nie mehr sagen konnte. Um die verpassten Gelegenheiten, die Späße und die tiefsinnigen Gespräche, die ihr für immer gestohlen waren. Alens Hand auf ihrem Rücken erinnerte sie daran, dass es noch jemanden gab, der Richi so vermissen würde wie sie.
    »Sag mir alles. Was waren das für Drogen, die er angeblich genommen hat?« Sie presste die Kiefer aufeinander, um das Klappern ihrer Zähne unter Kontrolle zu bekommen. Alen nickte stumm. Erst nach einer weiteren Pause schaffte er es, wieder zu sprechen.
    »Die Polizei geht davon aus, dass es entweder ein Drogenunfall oder ein absichtlicher ›Goldener Schuss‹ war. Aber das glaube ich nicht. Richi hätte niemals Selbstmord begangen. Dazu war er viel zu neugierig auf das Leben.« Seine Stimme zitterte so sehr, dass er ein paarmal schlucken musste. »Seine Mutter konnte mir nicht sagen, welche Drogen das waren, die ihn getötet haben. Sie hat auch nicht danach gefragt. Aber wenn es nun doch um Drogen geht, ist an dem Zeitungsbericht womöglich etwas dran.«
    Klara hatte denselben Gedanken gehabt. Und ein weiterer drängte sich vor. »Sie haben Richi getötet … warum auch immer … Was, wenn Jonas der Nächste ist? Wir müssen ihn warnen!«
    Sie stieß sich von der kalten Treppe hoch. »Ich lass mich nicht länger von der Polizei abwimmeln. Ich muss zu Jonas.«
    Alen machte Anstalten, ebenfalls aufzustehen. Klara hielt ihn mit einer schroffen Handbewegung davon zurück. »Allein. Das ist eine Sache, die nur ihn und mich betrifft.«
    Sie stieg die Treppe hinunter und drehte sich nicht um. Sie spürte Alens Blick im Rücken. Und es kribbelte. Ausnahmezustand, flüsterte eine Stimme in ihr und sie beschloss, das schlechte Gewissen zu ignorieren. Auf dem Boden der Tatsachen fühlte sie sich sicherer. Und alles, was im Moment zählte, war die sehr reale Gefahr, in der Jonas sich befand. Sie straffte die Schultern und lief zur U-Bahn, die sie zu den Barmherzigen Brüdern bringen würde, der geschlossenen Krankenanstalt, die zur Justizanstalt in der Josefstadt gehörte, wo Jonas nach Auskunft seiner Mutter untergebracht war. Auf dem Weg dahin nahm sie sich vor, später noch auf einen Sprung bei Rudi vorbeizusehen. Es war wirklich an der Zeit, sich wieder um die Menschen zu kümmern, die es bereits in ihrem Leben gab, bevor Alen es auf den Kopf gestellt hatte.

_ 13 _

    Äußerlich war Klara ganz ruhig und gefasst, als sie die Wohnungstür öffnete.
    »Klara? Bist du das?« Die Stimme ihrer Mutter, die aus dem Wohnzimmer kam, klang eine Spur höher als normal. Gleich darauf tauchte sie auch schon im Türrahmen auf. In der Hand hielt sie Klaras iPhone. »Silvie hat es vorbeigebracht«, sagte sie leise und war mit einem Schritt bei Klara. Ihre Umarmung versprach Geborgenheit, den ganzen Tag hatte Klara sich danach gesehnt.
    »Es ist alles so schrecklich«, schluchzte sie und vergrub ihr Gesicht tiefer in der Grube am Hals ihrer Mutter.
    »Ich weiß. Ich kann es auch nicht glauben.«
    Feuchte Wärme strich über ihre Haare, während ihre Mutter leise mit ihr sprach und sie dabei sanft wiegte. »Komm, setz dich zu mir. Erzähl mir, wie es dir geht.«
    Klara spürte augenblicklich Widerstand in sich aufsteigen. Was in ihr vorging? Nein, das wollte sie nicht wissen. Geschweige denn, darüber reden. Trotzdem ließ sie sich ins Wohnzimmer schieben. Auf dem Couchtisch lag ein Arbeitsbuch – aufgeschlagen, mit der Schrift nach unten, als hätte ihre Mutter gerade darin gelesen und es rasch zur Seite gelegt, als sie Klaras Schlüssel gehört hatte. »Chemie – Band 3« las Klara

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