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Infinity (German Edition)

Infinity (German Edition)

Titel: Infinity (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Gfrerer
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und biss sich auf die Lippen. Mama war unglaublich. Nicht genug, dass sie sich sechs Tage die Woche im Geschäft abstrampelte, hatte sie sich auch noch in den Kopf gesetzt, in einer Abendschule die Matura nachzumachen. Klara fragte sich nicht zum ersten Mal, wo sie die Energie hernahm.
    »Ich wünschte, ich täte mich mit dem Lernen so leicht wie du«, seufzte ihre Mutter. Sie musste Klaras Blick gefolgt sein.
    Das war eine gute Gelegenheit, das Thema zu wechseln und sie gleichzeitig auf die erste verpatzte Arbeit in der Schullaufbahn ihrer Tochter vorzubereiten. »Diesmal wird es mit meiner Leistung leider nicht so weit her sein«, begann sie und merkte, wie sehr sie – trotz aller Katastrophen, die passiert waren – damit haderte, die Chemiearbeit verpatzt zu haben. »Ich fürchte, du wirst keinen Grund haben, stolz auf mich zu sein.« Irritiert zog sie die Brauen hoch, weil ihre Mutter kurz auflachte.
    »Ehrlich, Klara, es würde mich beruhigen, wenn du einmal was anderes als ein ›Sehr gut‹ nach Hause brächtest.« Ihr Kuss auf der Wange war voll Zärtlichkeit. »Ich hätte endlich einen Beweis dafür, dass du nicht im Krankenhaus verwechselt wurdest, sondern tatsächlich die bist, die in meinem Bauch herangewachsen ist. So schwer, wie es mir fällt, das Zeug da in den Kopf hineinzubekommen, hab ich mich schon gefragt, woher du dein Genie wohl hast.« Ein kurzer Schatten fiel auf ihr Gesicht. »Aber schließlich hast du ja auch einen Vater. Den hab ich leider zu wenig gekannt, um dir sagen zu können, was du von ihm geerbt hast. Doch er muss echt ein kluger Kopf gewesen sein – wenn ich mir dich so anschaue.« Jetzt grinste sie wieder so verschmitzt, wie Klara es an ihr kannte. »Aber ich merke, dass du vom Thema ablenkst.«
    Klara seufzte. Auch das war typisch für ihre Mutter. Wenn sie etwas wissen wollte, ließ sie nicht locker, bis sie es aus ihr herausgeholt hatte.
    »Ich weiß genau, dass du dich vor deinen Gefühlen verstecken willst. Aber das ist nicht gut, glaub mir das. Auf diesem Gebiet kenne ich mich besser aus als du.«
    Klara seufzte noch einmal. Besser, sie erzählte jetzt schnell etwas, bevor Mama zur Rundumanalyse ansetzte. »Ich war am Nachmittag bei Jonas«, begann sie und schloss kurz die Augen. Der Besuch im Gefängnis-Krankenhaus war eine Erfahrung, auf die sie gerne verzichtet hätte. Und Jonas war in einem Zustand, der ihre Sorgen nur weiter verstärkte.
    »Er kann sich an nichts mehr erinnern, was an dem Samstagabend passiert ist. Und er hat nicht die geringste Ahnung, warum es zu dem Streit gekommen ist. Das Letzte, was er noch weiß, ist ein Gespräch zwischen Rudi und dem Jungen, den er dann so böse zugerichtet hat: Es ging darum, wer schon wie viele Mädels flachgelegt hat. Das Thema hatte ihn nicht interessiert und er hatte sich umgedreht und Lucie und Sonja auf der Tanzfläche zugewinkt. Dann hat er einen Filmriss und das Nächste, an das er sich wieder erinnern kann, ist die Polizeistation und das Blut, das ihm an Hemd und Fäusten klebte.«
    Klara starrte auf ihre Finger. Auf ihre sauberen, kurz geschnittenen Nägel, ohne Nagellack oder sonstigen Schnickschnack. Sie trug keine Ringe oder Kettchen, mit denen sich zum Beispiel Sandra im Übermaß schmückte. Sie seufzte leise. Nein, sie hatte keine typischen Mädchenhände, wie Mama es sich vielleicht gewünscht hätte.
    Eine Hand schob sich vor ihren Blick. Rau und abgearbeitet, von ein paar dicken blauen Adern durchzogen. Und doch so zärtlich, wie nur Mutterhände sich anfühlen können. »Wie geht es dir denn jetzt? Wie kommst du damit zurecht, dass dein Freund für etwas im Gefängnis sitzen muss, woran er sich nicht einmal erinnern kann?«
    Klara hob den Kopf. »Ich glaube nicht, dass er daran Schuld hat. Etwas passiert mit ihm – wie es auch mit Richi passiert ist. Und mit den Jungs auf der Party. Wir müssen nur dahinterkommen, was da gespielt wird …«
    »Wir …?«
    Mama hatte es einfach drauf, mit einem einzigen Wort eine Festung zum Einsturz zu bringen. Klara wich ihrem forschenden Blick aus.
    »Jaja, der Alen. Der ist ziemlich beeindruckend, findest du nicht auch?« Mama ließ prinzipiell nie locker.
    Klara zuckte mit den Schultern, sprang vom Sofa auf und griff nach dem Handy, das ihre Mutter auf den Tisch gelegt hatte. Mit raschen Schritten flüchtete sie aus ihrem Einflussbereich. »Kann schon sein«, nuschelte sie, bevor sie die Zimmertür hinter sich zustieß.

    Mit einem tiefen Seufzer ließ sie sich

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