Infinity (German Edition)
mit dem Kurier auf und ab.
»Ja, hier auch! Sogar mit Foto! Mensch, schaut ihr zwei vielleicht fertig aus. Der einzig wirklich Fotogene auf dem Bild ist euer kleiner Mäuseheld.«
Silvies Feststellung erntete fröhliches Gelächter.
»Und hier – seht nur – eine Doppelseite! Mehr Macht der Verantwortung – geile Überschrift!«
Nicht eine Zeitung hatte sich die brisante Story entgehen lassen.
Klara hielt Lucie ihr Handy hin. Die Zahl der Zugriffe auf ihren Facebook-Account war seit gestern sprunghaft in die Höhe geschnellt. Die Plattform SanaLife – Nein danke! verzeichnete bereits nach einem Tag über zehntausend Fans.
»Wenn sich das nicht auf den Verkauf ihrer gesamten Produktpalette auswirkt, dann weiß ich’s nicht. Ich würde mich nicht wundern, wenn die SanaLife-Führungsriege und ihre Manager inzwischen eine Menge Erklärungsbedarf haben.«
»Haben sie. Und sie lösen ihr Problem offenbar auf die gewohnt aalglatte Art.« Frau Schenk stützte sich mit beiden Händen auf das Lehrerpult. »Unglaublich«, murmelte sie und schüttelte den Kopf. »Wenn’s nicht so abgrundtief menschenverachtend wäre, müsste man sie ja glatt dafür bewundern, wie gewandt sie sich aus der Affäre ziehen.«
Sofort bildete sich eine Traube um ihren Tisch. Jeder wollte einen Blick in die Zeitung werfen, aus der die Lehrerin zitierte. »Wir bedauern zutiefst die Vorfälle während der Pressekonferenz, bei der wir einen unserer wichtigsten Mitarbeiter verloren haben …«
Klara schnaufte hörbar auf. »Arschlöcher! Ihr habt den Mörder doch selbst auf ihn angesetzt. Diese Heuchelei hält man doch im Kopf nicht aus!«
Frau Schenk legte ihr eine Hand auf den Arm. »Ich verstehe dich so gut. Aber leider ist ihnen nichts nachzuweisen. Solange es niemanden gibt, der sie als Auftraggeber identifiziert, können sie munter behaupten, dass ihnen schrecklicherweise die Konkurrenz Schaden zufügen wollte. Und die Sache mit den Nebenwirkungen dieser Impfung, die sie der Presse mit so viel Euphorie vorgestellt haben, bleibt auch auf ewig im Dunkeln.«
»Ich fürchte, der Tod von Lukas Neumeier war nicht der letzte abscheuliche Schachzug, den SanaLife kaltblütig durchgezogen hat!« Lucie ballte die Hände zu Fäusten. »Aber wenn man es von ihrer Warte aus betrachtet, haben sie damit nur eine logische Konsequenz aus einem Konzept gezogen, das diesem Mord zugrunde liegt.«
»Dass wir seinen Vater aus ihren Fängen befreit haben, wird sie zwar nicht freuen, aber er ist bis jetzt immer noch so von der Rolle, dass er kaum eine Gefahr für sie darstellt. Es steht in den Sternen, ob er jemals wieder aus seinem Dämmerzustand erwacht.« Klara knetete ihre Unterlippe. »Er wäre der Einzige, der ihnen noch einen Strich durch die Milliardenrechnung machen könnte.«
»Es gibt aber noch einen weiteren Grund, warum wir diesen Mann dringend brauchen. Und der ist für uns sogar noch wichtiger.« Alle Augen fixierten Lucie, die ihre Hände gefaltet an die Lippen drückte. »Er ist doch der Einzige, der den Gendefekt beheben kann, der manche von uns zu tickenden Zeitbomben macht. Denn auch wenn es schlüssige Hinweise darauf gibt, was die Aggressionen auslöst, hilft uns das nichts. Ohne Genreparatur können wir kein normales Leben führen. Oder denkt ihr, es gibt einen Firmenchef, der sich freiwillig unberechenbaren Wutausbrüchen aussetzt?«
Lucie hatte recht! Sosehr sie sich wünschte, dass Jonas wieder ganz gesund wird – in seiner Nähe würde sie wahrscheinlich immer ein ungutes Gefühl haben. Und wer weiß? Vielleicht schlummerte der Dämon ja auch in ihr?
Mit einem Schlag war es still. Alle, die ihren Namen auf der Liste wussten, wechselten betroffene Blicke.
»Okay, Leute. Immer mit der Ruhe. Ich erkundige mich jetzt gleich im AKH nach dem Zustand von Dr. Neumeier.« Frau Schenk klappte mit Nachdruck die Zeitung zusammen und schob den Stuhl zurück. »Was auch immer weiter geschieht – gerade in der Genforschung werden laufend neue Erkenntnisse gewonnen. Eine neue Generation von Medizinern und Wissenschaftlern wächst heran, die mit viel Verantwortungsgefühl und profundem Hintergrundwissen am Werk ist.«
Klara dachte an Alen und sofort breitete sich ein gutes Gefühl in ihr aus. Sie nickte ihrer Lehrerin zu.
»Dieses Leben ist ein verdammt tolles Geschenk. Niemand von euch wird dazu verurteilt sein, es nicht seinem Talent und seinen Möglichkeiten entsprechend selbst zu gestalten. Davon bin ich überzeugt.«
»Ihr Wort in
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