Infiziert
aufzulösen. Und jetzt gab es nichts mehr, was das aufgelöste Material ersetzen konnte.
Eine Kugel nach der anderen platzte auf und ergoss den Katalysator in den Körper des Dreiecks.
Der Katalysator verursachte zwei Reaktionen. Erstens löste er die Cellulose auf, und zweitens führte er zu Apoptosis.
Apoptosis bedeutet, dass die Zellen des Körpers sich selbst zerstören. Normalerweise ist das eine gute Sache. Milliarden von Zellen »beschließen« gewissermaßen Tag für Tag, sich selbst zu zerstören, weil sie beschädigt, infiziert oder nicht länger nützlich sind. Dieser Prozess kann auch von Faktoren außerhalb der Zelle angeregt werden, zum Beispiel durch das Immunsystem. Jede Körperzelle trägt diesen Selbstzerstörungscode in sich.
Der Katalysator löste diesen Code in jeder Zelle aus, mit dem er in Berührung kam.
Wenn diese Zellen sich auflösten und ihr Zytoplasma in die Umgebung abgaben, gaben sie das Signal zur Selbstzerstörung weiter.
Das Ergebnis? Verflüssigung. Sie begann langsam, mit
nur ein paar Zellen hier und da, doch jede tote Zelle beeinflusste die Zellen, von denen sie umgeben war, was zu einer exponentiellen Steigerungsrate führte, wodurch sich innerhalb von achtundvierzig Stunden der Körper eines Menschen vollständig auflösen würde.
Doch der Wirt hatte Glück. Die überlebenden Dreiecke produzierten nicht nur genügend Chemikalien für ihre eigenen Ablese-Kugeln, sie unterbrachen auch größtenteils die Apoptosis-Kettenreaktion. Der Wirt hatte allerdings auch Pech. Die Konzentration des Katalysators in seinem Schlüsselbein war so groß, dass die Reaktion nicht mehr aufzuhalten war.
An dieser Stelle löste sich die Cellulose langsam auf. Nach und nach zerstörten sich die Zellen selbst und die Verflüssigung begann.
Und die Verwesung.
44
Impressionismus
»Kommen Sie, Doktor«, sagte Clarence Otto. Seine Stimme klang blechern in den Kopfhörern ihres Racal-Anzugs. »Schlucken Sie’s runter. Das ist jetzt nicht der geeignete Augenblick, um ohnmächtig zu werden.«
Margaret gelang es, das Wohnzimmer zu verlassen, doch nur weil der starke Arm von Agent Clarence Otto sie stützte. Auch er trug einen Racal-Anzug, und die Kunststoffschichten rieben knirschend aneinander, als er ihr beim Gehen
half. Sie hatte schon viele Leichen gesehen, doch langsam wurde es zu viel für sie: die drei aufgequollenen Collegestudenten, die im Wohnzimmer gefesselt auf ihren Stühlen saßen, die Gesichter angeschwollen, die Haut blaugrün. Und das alles unmittelbar nach jenem kleinen Jungen – jenem infizierten, verrückten, traurigen kleinen Jungen, der sich selbst bei lebendigem Leib verbrannt hatte. Die einzig gute Nachricht war, dass Dews Leute die Angelegenheit hatten vertuschen können. Nichts weiter als eine defekte Gasleitung, hier gibt es nichts zu sehen außer zwei Leichen, gehen Sie bitte weiter.
Amos hatte das kleine Mädchen in das vorübergehend eingerichtete Biogefährdungslabor in der Universitätsklinik gebracht. Margaret konnte sich vorstellen, wie verängstigt das Kind war. Sie versuchten, den Vater zu erreichen, hatten aber bisher kein Glück gehabt. Amos würde dem Mädchen einige Fragen stellen, um so viele Informationen wie möglich zu bekommen, aber alles in allem war sie nur ein kleines Kind, das nicht einmal begriff, dass seine Mutter bereits seit zwei Tagen tot war.
Mit ungeschickten Fingern blätterte Margaret sechs Fotos durch. Es waren Vergrößerungen der Aufnahmen, die für die Studentenausweise angefertigt worden waren. Sechs lächelnde Gesichter, sechs Gesichter, die nie wieder lächeln würden. Eines der Fotos ließ sie innehalten. Auf allen anderen wirkte das Lächeln gezwungen, doch dieses hier zeigte ein echtes Lachen. Es war eine Rarität. Eine exzellente Aufnahme für einen Studentenausweis, die die wahre Persönlichkeit des Dargestellten einfing. Der Name am unteren Rand lautete »Kiet Nguyen«.
Der Killer.
Jemand klopfte ihr auf die Schulter. Sie drehte sich um und erblickte Dew Phillips. Auch jetzt trug er keinen Anzug. Die einzige ungeschützte Person in einem Haus voller Soldaten und Agenten in Racal-Anzügen.
»Ich habe diese ganze Scheiße bereits fotografieren lassen«, sagte Dew. »Kommen Sie mit nach oben. Ich könnte mir vorstellen, dass Sie sich das ansehen wollen.«
Gefolgt von Dew, stiegen Otto und Margaret die knarzenden Treppenstufen hinauf und betraten ein Schlafzimmer. Darin schoss ein Fotograf, der einen Racal-Anzug trug, ein
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