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Infiziert

Infiziert

Titel: Infiziert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Sigler
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Foto nach dem anderen von einer Leiche, die an einen Stuhl gefesselt war. Im Gegensatz zu den anderen war diese Leiche nicht aufgebläht. Es war eindeutig, dass das Opfer später ermordet worden war. Doch es fehlten die Hände, es fehlten die Füße, und ein Hammer ragte aus dem Schädel. Ein schwarzes, wie von Pockennarben übersätes Skelett lag auf dem Boden.
    Wann würde es aufhören? Würde es überhaupt aufhören?
    »Das meine ich nicht«, sagte Dew, auf das Skelett deutend. »Ich meine das hier.« Er drehte den Daumen auf die andere Seite des Zimmers, in Richtung Wand.
    Zeichnungen und Gemälde bedeckten die Wand. Margaret vollführte eine rasche Drehung und sah plötzlich das ganze Zimmer in einem neuen Licht. Überall befanden sich Zeichnungen und Gemälde. Es war das Zimmer eines Künstlers. Sie drehte sich wieder der gegenüberliegenden Wand zu, die von drei Gemälden auf Leinwand beherrscht wurde; jedes von ihnen war etwa einen halben auf einen Meter groß.
    Das erste war eine vergrößerte Darstellung der Pyramide, die sich auf der Rückseite amerikanischer Ein-Dollar-Noten
befindet. Das außerordentlich detailreiche Gemälde war in Grünschattierungen ausgeführt und zeigte auch den dort vorhandenen Kreis. Jemand hatte eine Ein-Dollar-Note mit der Rückseite nach vorn an die Wand geheftet, offensichtlich zum Vergleich. Zwei Dinge fielen einem sofort auf. Das Erste war das leuchtende Auge, das auf dem Geldschein den oberen Teil der Pyramide bildet. Auf dem Gemälde gab es kein einzelnes dreieckiges Auge, sondern drei, die sich so an den Winkeln berührten, dass aus den drei leuchtenden Dreiecken ein größeres Dreieck entstand. Die Grundlinien der drei bildeten das Negativ eines weiteren Dreiecks. Die zweite Veränderung betraf die lateinische Wendung auf dem Spruchband unter der Pyramide. Was eigentlich novus ordo seclorum – »die neue Ordnung der Zeiten« – hätte lauten müssen, lautete hier E unum pluribus. Es war das klassische Motto der Gründerväter: »Aus vielen eine«.
    Das zweite Gemälde schien flüchtiger gearbeitet zu sein und zeigte nicht so viele Einzelheiten. Schwarze Farbe auf weißer Leinwand. Zwei stilisierte Bäume, vielleicht Eichen oder Ahorn, die ihre Zweige nacheinander ausstreckten. Zwischen ihnen auf dem Boden ein einzelnes blaues Dreieck.
    Das dritte Gemälde jedoch, das genau in der Mitte der Wand hing – dieses Gemälde raubte ihr den Atem.
    Ineinander verschlungene Leichen. Nein, keine Leichen, sondern Leichenteile. Hier ein am Ellbogen abgetrennter Unterarm, dort ein Oberschenkel, losgelöst von Hüfte und Knie. Streifen zerrissenen Fleisches, von denen Blut in halb getrockneten Rinnsalen zu Boden tropfte. Grauenhaft verzerrte Körper, die mit Stacheldraht zusammengebunden waren, der in der hellbraunen Haut blutige Schnitte hinterließ. Überall auf den Leichen und Leichenteilen blauschwarze
Dreiecke, die eher wie schraffierte Tätowierungen wirkten und weniger wie etwas, das Teil der Haut war oder unter der Haut wuchs. Ein paar Gesichter blickten aus dem Knäuel heraus, einige tot, die anderen am Leben und schreiend. Ein Streifen Stacheldraht drückte sich straff gegen den offenen Mund eines Mannes, der seine Augen in höchster Qual zusammenkniff.
    Die mit Stacheldraht zusammengebundenen Körper wirkten wie eine Art Baumaterial, das einen Bogen aus Qual, Angst und Tod schuf. Der Bogen zog sich in einer sanften Wölbung nach rechts und deutete auf einen Ort außerhalb der Leinwand. Margaret ertappte sich dabei, wie sie über den Rand des Bildes hinausblickte und unbewusst versuchte, die Bahn des Bogens zu vollenden. Im Hintergrund entdeckte sie den absteigenden Teil eines weiteren Bogens – sogar mehrerer Bogen. Es waren mindestens zwei. Und jenseits des Ausschnittes, den das Bild darstellte, konnten sich noch viele weitere Bogen befinden.
    Plötzlich wurde ihr klar, dass zwei Gesichter – sowie, wenn man nach der Hautfarbe ging, auch mehrere Körperteile – Kiet Nguyen darstellten.
    »Das ist dein Selbstporträt«, sagte Margaret. »Damit hast du dich beschäftigt, bevor du all diese jungen Leute umgebracht hast.«
    »Das ist Nguyen?«, fragte Otto. »Sind Sie sicher?«
    Margaret reichte ihm das Foto.
    »Hurensohn«, sagte Otto, während er vom Gemälde zum Foto und wieder zum Gemälde sah. »Verdammt, Doktor, Sie haben scharfe Augen. Okay, aber wenn das Nguyen ist, wer sind dann die anderen?«
    Margaret nickte in ihrem schweren Racal-Anzug. Mit der
Zeit gewöhnte

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