Infiziert
Sex nicht schlafen – schlafen musste er nach einem Streit.
Dies hier fühlte sich genauso an. Es war erst halb sieben Uhr abends, und doch schon Zeit, sich hinzulegen.
Er ging ins Schlafzimmer, doch dort wollte er nicht schlafen. Das Blut klebte noch in Streifen und Tropfen an den Laken. Er hatte nur die Absicht, sich ein sauberes graues T-Shirt der Detroit Lions mit langen Ärmeln zu holen. Dann hüpfte er ins Bad, schluckte vier Paracetamol, machte sich auf den Weg zurück zur Couch und ließ sich in die einladenden Kissen fallen.
Schon wenige Sekunden später war er eingeschlafen.
47
Margaret richtet den Laden ein
Margaret hatte das Sagen. Sie verfügte über einen Med-chir-Trakt der Chirurgie am University of Michigan Medical Center. Med-chir steht im Klinikjargon für medizinisch-chirurgisch. Ohne Murrays Zustimmung hatte sie nicht nur eines, sondern zwei transportable BSL-4-Labore in diesem Flügel der Klinik einrichten lassen. Dieses SARS war einfach zu widerlich, da konnte man nicht vorsichtig genug sein. Die Klinikverwaltung widersetzte sich, denn sie wollte über die Risiken, die Bedrohung der Bevölkerung und allen möglichen Kleinkram Bescheid wissen, für den Margaret einfach nicht die Zeit hatte.
Sie war befugt, Anweisungen zu erteilen. Sie hatte den stellvertretenden Direktor der CIA in der Hinterhand. Die Leute von der Klinik würden ihr geben, was sie wollte, und
damit hatte es sich. Sie mussten vorbereitet sein. Zwei Fälle in Ann Arbor, und sie waren so verdammt nahe dran gewesen, jemanden zu bekommen, der noch am Leben war. Sollte sich noch einmal eine Chance ergeben, dann erhielte sie vielleicht die Gelegenheit, mit eigenen Augen zu sehen, was diese Dreiecke wirklich waren.
Agent Otto kam durch die Tür. Er trug eine anderthalb Meter lange Pappröhre.
Margarets Puls schlug schneller. Sie war nicht sicher, ob das daran lag, dass sie Otto, die Pappröhre oder beides sah.
»Haben Sie die Ausdrucke, Clarence?«
Er schenkte ihr ein breites, lässiges Lächeln. »Kein Problem, Doc. Ich glaube, ich habe ein paar Angestellte bei Kinko’s glücklich gemacht. Es kommt wahrscheinlich nicht jeden Tag vor, dass sie um Mitternacht auf absolute Verschwiegenheit eingeschworen werden und ihren großen Farbdrucker in den Dienst der nationalen Sicherheit stellen dürfen.«
Sie half ihm, die zusammengerollten Ausdrucke aus der Röhre zu ziehen, und dann begannen die beiden damit, die letzten Kunstwerke von Kiet Nguyen an die Wand zu kleben.
48
Programmierung
Perry sollte nie erfahren, wie wenig fehlte, damit er echte Hilfe bekommen hätte. Der NarusInsight STA 7800, die Maschine, die alle Anrufe überwachte, registrierte das Wort Dreieck in seinem Anruf bei Dreieck-Wohnmobile, fand jedoch in dessen Kontext keine Ausdrücke, die den zuständigen Agenten der CIA alarmiert hätten. Hätte Perry einige Wendungen oder vielleicht sogar nur ein einziges Wort geändert – hätte er gesagt: »Am Anfang hatte ich sieben, aber drei habe ich umgebracht«, anstatt: »Am Anfang hatte ich sieben, aber drei habe ich erwischt« –, wäre Hilfe schon unterwegs gewesen.
Aber Perry hatte nicht die richtigen Wörter benutzt. Das System leitete seinen Anruf nicht an den überwachenden Agenten weiter. Noch immer allein in seinem Überlebenskampf, schlief Perry.
Er schlief wie ein Toter.
Die Dreiecke nicht.
Das Unterbewusstsein ist eine gewaltige Macht. Dadurch, dass man sich selbst gegenüber ständig gewisse Dinge wiederholt und sich den Erfolg wieder und wieder bildhaft vorstellt, programmiert man sozusagen das eigene Gehirn, das dann Mittel und Wege sucht, diese Bilder Wirklichkeit werden zu lassen. Auch das Gegenteil trifft zu. Wenn man überzeugt davon ist, ein Verlierer zu sein, der keinen Job halten kann, oder dass man es nicht schafft, Geld zu sparen oder abzunehmen, und man sich diese Dinge immer wieder und wieder sagt – was mag dann wohl passieren? Sie werden
ebenfalls wahr. Das Unterbewusstsein übernimmt die Dinge, die es immer wieder hört, und lässt sie Wirklichkeit werden. Das Unterbewusstsein kennt keinen Unterschied zwischen Erfolg und Versagen. Das Unterbewusstsein kennt keinen Unterschied zwischen dem, was einem hilft, und dem, was einem schadet.
Das Unterbewusstsein kennt keinen Unterschied zwischen Gut und Böse.
Die ganze Nacht über wiederholten die Dreiecke einen Ausdruck in Perrys Kopf. Mehr als hundert Mal. Definitiv tausend oder vielleicht sogar hunderttausend Mal. Immer und immer
Weitere Kostenlose Bücher