Infiziert
würden bereits Spionagesatelliten und Männer mit Röntgengeräten, die durch Decken und Wände blicken konnten, nach ihm suchen.
»Ich weiß nicht, ob du mich hören kannst, Daddy, aber ich weiß, dass du recht hattest«, sagte Perry. »Es wird Zeit, zu scheißen oder vom Topf zu steigen. Zeit, ihnen zu zeigen, wer das Sagen hat. Zeit, es ihnen allen zu zeigen.«
71
Das Hirn zuknallen
Ihr Bad hatte den gleichen Grundriss wie sein Badezimmer, doch damit endeten auch schon alle Ähnlichkeiten. Das Bad der Frau war in Muschelfarben gehalten, alles passte perfekt zueinander, von den hellgelben Handtüchern bis zur muschelförmigen Seifenschale aus Porzellan. Alles war makellos sauber, jede Oberfläche funkelte und blitzte.
Erst als Perry sechs Paracetamol aus einer Packung geschluckt hatte, die im makellos sauberen Medizinschränkchen lag, wusste er, was er zu tun hatte. Die Pillen glitten seine Kehle hinab, und alles war vollkommen klar.
Manchmal hatten sich die Dreiecke seltsam verhalten. Sie hatten Gefühle gezeigt, anstatt in ihrer monotonen Roboterstimme zu sprechen. Das war nicht nur der Fall, wenn sie ihr unzusammenhängendes Schreien anstimmten, sondern auch, wenn sie sich mit ihm in einer Singsangstimme unterhielten, einem munteren Rhythmus in seinem Kopf, der fast dümmlich klang, wenn man ihn mit dem geschäftsmäßigen Tonfall verglich, den sie sonst anschlugen.
Sie hatten sich so verhalten, nachdem er Paracetamol genommen hatte. Und dümmlich war nicht das richtige Wort. Das richtige Wort war stoned. Völlig bekifft und weggetreten.
Irgendetwas im Paracetamol machte sie high. Sie schwebten wie ein Kinderdrachen durch die Luft. Zufällig hatte er eine Waffe gefunden, die er in der entscheidenden Schlacht einsetzen konnte.
Perry lächelte.
»Knallt euch das Hirn zu, Jungs«, sagte er und schluckte sechs weitere Paracetamol. »Ihr werdet es brauchen, wenn ihr euren Abgang hinlegt.«
Die Wirkung des Paracetamol war das letzte Teil in dem Puzzle, mit dem er allen zeigen würde, wie gerissen er war: den Dreiecken, den frisch geschlüpften Kreaturen, den Cops … allen. Perry würde ihnen zeigen, wer hier der King war. Kein Fel-zwei ran-da.
Er hatte einen Plan, einen sauber durchdachten Plan, der zeigen würde, wie unfähig seine verschwörerischen Feinde waren.
Das wird eine heiße Zeit heute Nacht in der Stadt. Legt euch nicht mit Dawsey an.
Leise hüpfte er zurück ins Wohnzimmer. Die frisch geschlüpften Kreaturen schlummerten noch, ihre schläfrigen Klicklaute unterbrachen die Stille der Wohnung.
Perry summte vor sich hin. Die Worte rollten durch seinen Kopf.
Burn, burn, yes ya gonna burn. Ihr werdet brennen.
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Top
Dews Blick war matt und unscharf. Er zog die Lederhandschuhe aus und rieb sich die Augen. Die Kälte klebte an seinen feuchten Fingern. Während ihm der Atem noch in kegelförmigen Wolken vor dem Gesicht hing, zog Dew die Handschuhe wieder an und konzentrierte sich erneut auf
die schneebedeckten Straßen, die zu dem Gebäudekomplex führten.
Während der Nacht hatten die Polizisten keine einzige Spur gefunden, sodass der riesige amerikanische Psychopath immer noch auf freiem Fuß war und wie eine Treibmine nur darauf wartete, mit irgendetwas zusammenzustoßen und hochzugehen. Auch aus Wahjamega waren keine Nachrichten gekommen. Murray hatte mehrere Agenten in den Ort geschickt. Zusätzliche Staatspolizisten patrouillierten in der Gegend, die lokale Polizei war vor der Gefahr gewarnt worden, und Abhörspezialisten der NSA überwachten jede Kommunikationsverbindung, die in die Stadt hinein- oder aus ihr herausführte. All dies sowie die Tatsache, dass Perrys Gesicht auf jedem Fernsehschirm im Gebiet der Great Lakes erschienen war, machten es unwahrscheinlich, dass er es schaffen würde, sich unbemerkt in die Stadt zu schleichen. Die Öffentlichkeit war alarmiert und hielt Ausschau nach ihm. Zumindest in der Region der Great Lakes hatte die Jagd auf Perry Dawsey bereits die mythischen Dimensionen des Falles von O. J. Simpson angenommen. Wieder ging es um einen mörderischen Footballspieler auf der Flucht.
Der Mord lag jetzt etwa sieben Stunden zurück. Wenn Dawsey tatsächlich geflohen war, so konnte er inzwischen in Indiana, Chicago, Fort Wayne oder auf dem Ohio Turnpike unterwegs in Richtung Ostküste sein, doch Dew wusste, dass Dawsey nicht so weit gekommen war. Mochte die Öffentlichkeit glauben, was sie wollte, mochte sie die Beschreibung des Mannes bekommen und die Augen
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