Infiziert
Bacardi darauf. Der Frotteestoff saugte sich voll, und ein starker Geruch nach Rum breitete sich im Badezimmer aus. Er schwang das lange Handtuch über den Rücken und spürte, wie ihn die kalte, nasse, rumgetränkte Stelle schaudern ließ. Er brachte die kalte Stelle genau über dem Dreieck in Position. Ein Ende des Handtuchs lag über seiner linken Schulter, das andere führte unter seinem rechten Arm hindurch. Er band die Enden zusammen, wodurch
das Ganze wie der Patronengurt eines mexikanischen Banditen aussah.
Sí, señor. El Scary Perry ist eine schliiiimme Mann.
Er tränkte das Ende eines kleinen Handtuchs mit Bacardi und legte es auf die Toilette. Nachdem seine Vorbereitungen beendet waren, nahm er vier tiefe Schlucke Jack Daniel’s, ohne die Flasche abzusetzen.
Perry setzte sich auf den Rand der Wanne, und das kalte Porzellan jagte ihm neue Schauer durch den Körper. Er hielt das Messer und das Feuerzeug in der linken Hand. In seiner rechten hielt er das rumgetränkte Handtuch.
Die Zeit war gekommen.
Burn, burn, yes ya gonna burn.
Perry drückte auf das Feuerzeug. Er sah zu, wie die kleine orangefarbene Flamme hin und her schwankte.
Yes, ya gonna burn.
76
Näherkommen
Dew stand direkt hinter der Eingangstür in Gebäude G. Er schauderte ein wenig, doch das lag nicht an der winterlichen Kälte. Wie jedes andere Haus in diesem weit sich hinziehenden Komplex, befanden sich auch in Gebäude G zwölf Wohnungen, vier auf jedem der drei Stockwerke.
Peter Dawsey, der einbeinige Killer, war in einer dieser Wohnungen.
Dew zog sein Notizbuch aus der Jackentasche. Ruhig
blätterte er die Seiten durch, wobei er abwechselnd eine Sekunde lang in das Buch und dann in das Treppenhaus und den Flur sah. Fast rechnete er damit, dass dieser riesige Wahnsinnige mit einem irren Hüpfen den Flur oder die Treppe herabkommen würde, bereit, noch einmal so einen Auftritt hinzulegen wie bei der Kreuzigung Bill Millers. Zwei Staatspolizisten hatten das Gebäude G bereits überprüft. In den Apartments 104 und 202 hatte niemand reagiert. Dew schob das Notizbuch wieder in die Tasche und streifte mit der Hand über die 45er, nur um sicher zu sein, dass sie an Ort und Stelle war. Wenn ihn seine Ahnung nicht trog, dann hatte er die Chance, Dawsey zu töten, ohne dass ihm die Presse oder die lokalen Cops in die Quere kamen.
Alleine hineinzugehen war gefährlich, vielleicht sogar dumm. Doch Dawsey hatte inzwischen wahrscheinlich eine Geisel. Wenn die Teams für einen schnellen Zugriff dem Gebäude zu nahe kamen und Dawsey sie sah, zerrte er die Geisel möglicherweise ins Freie, wo die Polizei eingreifen konnte. So würden die Dinge nur komplizierter.
Dew zog das große Handy heraus und wählte. Es klingelte nur ein Mal. Sie erwarteten seinen Anruf.
»Hier Otto.«
»Lassen Sie die Teams Position beziehen«, flüsterte Dew. »Ich bin in Gebäude G. Nähern Sie sich erst dann – ich wiederhole: erst dann –, wenn ich es sage. Ich halte die Verbindung offen. Sollte die Verbindung unterbrochen werden, greifen Sie sofort ein, verstanden?«
»Ja, Sir. Margaret und Amos sind bei mir. Sie sind bereit. «
Dew zog seine 45er. Adrenalin strömte durch seine
Adern. Sein Puls ging so schnell, dass er sich fragte, ob ihn ein Herzinfarkt umbringen würde, bevor Dawsey Gelegenheit dazu hätte.
77
Vermutungen
Racal-Anzüge waren nicht auf Bequemlichkeit ausgerichtet. Margaret Montoya saß zusammen mit Amos und Clarence Otto hinten im kleinen grauen Van Nummer zwei. Auch die beiden Männer trugen die unförmigen Schutzanzüge. Sie mussten nur noch die Helme aufsetzen und den Luftdruck regulieren, dann waren sie bereit für die Schlacht mit jedem Bakterium, jedem Virus und jedem über die Luft übertragenen Gift, das möglicherweise von Perry Dawsey ausgehen würde.
Nur Margaret wusste, dass es sich nicht um ein Bakterium und auch nicht um ein Virus handelte. Es war etwas völlig anderes. Etwas … Neues. Sie konnte es noch immer nicht genau definieren, und das machte sie schier wahnsinnig.
»Es kann einfach nicht natürlichen Ursprungs sein«, sagte Margaret. »Sonst hätten wir es schon irgendwo gesehen.«
Amos seufzte und rieb sich die Augen. »Margaret, diese Unterhaltung haben wir doch schon mal geführt. Schon mehr als einmal.«
Er klang erschöpft, und sie konnte ihm keinen Vorwurf machen. Auch wenn er in wissenschaftlicher Hinsicht noch
so neugierig war, sie hatte schon stundenlang ununterbrochen geredet. Es gab eine Antwort.
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