Infiziert
übergroßes Bett ließ nur noch Platz für eine einzelne Kommode und ein Nachttischchen. Der Abstand zwischen Wand und Matratze betrug weniger als einen halben Meter.
Er fiel praktisch in sein gemütliches altes Bett. Er zog die Decken über sich und schauderte, als die kühle Baumwolle ihm eine Gänsehaut machte. Doch die Decken wurden rasch wärmer, und um halb sechs Uhr abends schlief er tief und fest; noch immer trug er ein kleines Lächeln im Gesicht.
16
Adern
Auf und ab marschierend, versuchte Margaret, ihre Muskeln zu strecken, doch in dem klaustrophobischen BSL-4-Zelt gab es nicht viel Platz. Sie ging hinüber zu Amos, der fasziniert einen Objektträger unter dem Hochleistungsmikroskop betrachtete.
»Was hast du über diesen Dorn herausgefunden?«
»Ich will ein paar zusätzliche Tests machen, aber ich habe
noch eine Struktur entdeckt, die du dir anschauen solltest. Und beeil dich. Sie zerfällt, noch während wir darüber sprechen. « Er richtete sich auf, sodass sie durch das Mikroskop blicken konnte. Das stark vergrößerte Objekt sah wie ein in sich zusammengesunkenes Kapillargefäß aus, wie eine normale Ader. Aber es war nicht normal. Ein Teil wirkte beschädigt, und von diesem Teil aus verlief ein grauschwarzer Tubulus – eine kleine Röhre. Der Tubulus endete in einem Gebiet, das sich wie bei allen anderen Opfern in einem weit fortgeschrittenen Stadium einförmiger Verwesung befand. Amos hatte recht. Sie konnte sehen, wie sich das Gewebe vor ihren Augen auflöste. Sie wandte sich von der Verwesung ab und konzentrierte sich auf den Tubulus.
»Verdammt, was ist denn das für ein Ding?«
»Ich liebe deinen subtilen Gebrauch wissenschaftlicher Terminologie, Margaret. Es scheint eine Art Siphon zu sein.«
»Ein Siphon? Meinst du damit, dass dieses Ding Brewbakers Blutkreislauf angezapft hat wie ein Moskito?«
»Nein, nicht wie ein Moskito. Überhaupt nicht. Ein Moskito rammt dir nur seinen Rüssel in die Haut und saugt das Blut heraus. Das, was wir hier sehen, spielt sich auf einem ganz anderen Niveau ab. Dieser Siphon zapft den Blutkreislauf an, doch er ist dauerhaft damit verbunden. Es gibt kein sichtbares Mittel, mit dem er sich selbst öffnen oder schließen könnte. Vielmehr besteht dieses Mittel wahrscheinlich in einem entsprechenden Siphon, der das Blut wieder zurückbefördert – sonst würde sich die Wucherung immer weiter mit Blut füllen und schließlich platzen.«
»Wenn das Objekt das Blut wieder in den Kreislauf zurückführt, bedeutet das wohl, dass es sich nicht direkt davon ernährt.«
»Genau. Nicht direkt. Aber es macht sich definitiv die Körperfunktionen des Wirtsorganismus zu Nutze. Offensichtlich besorgt sich die Wucherung Sauerstoff und mögliche Nährstoffe aus dem Blut. Das muss das Mittel sein, wodurch sie wächst. Mag sein, dass sie sich auch direkt von ihrem Wirt ernährt, doch das bezweifle ich. Dann bräuchte sie nämlich ein Verdauungssystem und eine Methode, den Abfall zu eliminieren. Zugegeben, die Wucherungen, die wir bisher gesehen haben, waren so stark verwest, dass wir die Existenz eines Verdauungstrakts weder ausschließen noch bestätigen können, doch nach allem, was wir in der Hand haben, glaube ich nicht, dass es einen gibt. Warum sollte irgendein Objekt ein kompliziertes Verdauungssystem entwickeln, wenn offensichtlich kein Bedürfnis danach besteht? Das Blut liefert der Wucherung ja bereits alles, was sie braucht.«
»Dann ist es also nicht einfach eine Masse an Krebsgewebe, sondern ein voll entwickelter Parasit.«
»Na ja, wir wissen nicht, ob dieses Ding im üblichen Sinne des Wortes lebt«, sagte Amos. »Falls es eine Wucherung ist, ist es vielleicht wirklich nur das – eine Wucherung, während ein Parasit ein eigenständiger Organismus ist. Vergiss nicht, dass die Laborergebnisse bisher auf keinerlei Gewebe hingedeutet haben, das nicht von Brewbaker selbst stammen würde. Wir haben nur sein Gewebe – und natürlich die gewaltige Menge an Cellulose. Aber die Wucherung scheint die Körperfunktionen des Wirts zu benutzen, um zu überleben, also würde ich dir wenigstens vorläufig zustimmen und das Ganze einen Parasiten nennen.«
Margaret fiel auf, dass seine Stimme ein wenig überrascht klang. Er fing an, diesen seltsamen Parasiten wirklich zu bewundern. Sie richtete sich auf.
Amos beugte sich wieder über das Mikroskop. »Das ist eine revolutionäre Entwicklung, Margaret. Ist dir das klar? Denk nur mal an den primitiven Bandwurm. Er hat
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