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Infiziert

Infiziert

Titel: Infiziert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Sigler
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er die zerbeulte grüne Tür des Apartmentgebäudes und schloss sie auf. Er nahm seine Post aus dem Kasten, größtenteils Werbebriefe und Coupons, und stieg mit schweren Schritten die zwei Treppen hinauf zu seiner Wohnung. Während des Treppensteigens rieb seine Jeans über die Schwellungen an seinem Bein, wodurch das Jucken verstärkt wurde. Es war, als ramme jemand ein Stück brennende Kohle in seine Haut. Er zwang sich, das Brennen zu ignorieren und wenigstens so zu tun, als verfüge er über eine gewisse Disziplin, während er die Wohnungstür aufschloss.
    Der Grundriss seines Zuhauses war einfach. Gleich hinter der Tür zweigte links vom Flur die Kochnische ab, rechts lag das Wohnzimmer. Ein so genannter »Essbereich« schloss sich unmittelbar an die Kochnische an. Ein Computertisch, auf dem sein Macintosh stand, und ein kleiner runder Tisch mit vier Stühlen füllten ihn vollständig aus. Man konnte sich kaum bewegen.
    Das Wohnzimmer war recht groß, bequem und spärlich mit seiner großen alten Couch möbliert, vor der ein geerbter Couchtisch stand. Ein Beistelltischchen mit einer Lampe schloss sich an die Couch an. Ein Sessel, der Perry zu klein war, war Bills übliche Sitzgelegenheit an den Footballsonntagen. Direkt gegenüber der Couch und rechts von der Tür befand sich die Unterhaltungselektronik: ein 82-Zentimeter-Flachbildschirm und eine Panasonic-Stereoanlage – die beiden einzigen wertvollen Gegenstände, die Perry besaß. Einen Telefonfestanschluss benötigte er nicht. Sein Handy wurde ihm von seinem Arbeitgeber gestellt, und ein Modem sorgte für seine Internetverbindung.

    Es gab keine Pflanzen und nur wenig Dekorationsgegenstände, doch an der Wand über dem Fernseher befanden sich Perrys zahlreiche Footballauszeichnungen. Ein Regalbrett war für die Highschool-MPV-Preise reserviert sowie für die Gator-Bowl-MVP-Trophäe aus seinem ersten Collegejahr, die er ganz besonders schätzte. Plaketten schmückten die Wände. Big-Ten-Verteidiger des Jahres. Mr Football der Detroit Free Press aus dem letzten Jahr an der Highschool und ein Dutzend andere.
    Zwei Gegenstände, die nebeneinanderhingen, nahmen offensichtlich den alles beherrschenden Ehrenplatz unter seinen Auszeichnungen ein. Bei dem ersten handelte es sich um etwas, das ihn absolut sprachlos gemacht hatte, obwohl er wusste, dass er ihn erhalten würde, etwas, das einen Wendepunkt in seinem Leben bedeutete: der Brief, der ihm mitteilte, dass er von der University of Michigan angenommen worden war. Den anderen Gegenstand liebte und hasste er gleichzeitig: Es war sein wutverzerrtes, schweißüberströmtes und von seinem Helm eingerahmtes Gesicht auf der Titelseite der Sports Illustrated. Auf dem Bild griff er Jervis McClatchy von der Ohio State an, der in Perrys wuchtigen, von Schmutz und Gras bedeckten Armen fast zu verschwinden schien. Der Text dazu lautete: »So gut, dass es schon SCARY ist: Perry Dawsey und die Wolverine D führen Michigan zum Rose Bowl.«
    Er liebte das Cover aus naheliegenden Gründen, denn welcher Sportler wünscht sich nicht, es auf die Titelseite der Sports Illustrated zu schaffen? Und er hasste es, weil er wie viele Footballspieler abergläubisch war. Viele behaupteten, das Cover der Sports Illustrated sei mit einem Fluch belegt. Wenn man in einer unschlagbaren Mannschaft war und
es aufs Cover schaffte, verlor man das nächste Spiel. Wenn man der beste Linebacker des Jahrzehnts war und es aufs Cover schaffte, hatte man schon bald das Ende seiner Karriere erreicht. Ein Teil von ihm konnte das dumme Gefühl nicht abschütteln, dass er immer noch Football spielen würde, wenn er es nie auf die Titelseite geschafft hätte.
    Seine Wohnung war klein und sie lag zugegebenermaßen in einer Art Getto, doch verglichen mit dem Zuhause seiner Kindheit war es geradezu ein Luxusapartment. Er schätzte seine Privatsphäre. Dadurch war er zwar manchmal ein wenig einsam, doch andererseits konnte er tun, was er wollte und wann immer es ihm gefiel. Es gab niemanden, der seine Pläne kontrollierte, niemanden, den es kümmerte, wenn er eine junge Frau aus einer Bar mit nach Hause brachte, niemanden, der einen Streit anzettelte, wenn er seine schmutzigen Socken auf dem Küchentisch liegen ließ. Niemand, der ihn anschrie aus Gründen, die er überhaupt nicht begriff. Sicher, es war nicht das Herrenhaus, das er hätte haben sollen, es war nicht das Zuhause eines NFL-Stars, aber es gehörte ihm.
    Wenigstens hatte er Arbeit in Ann Arbor

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