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Ingrid

Ingrid

Titel: Ingrid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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besten, ich bereitete ihn schon mal schonend vor.
    »Louise macht sich Sorgen um Tommy. Je eher er von dieser Frau wegkommt, desto besser. Versuche, so schnell wie möglich herauszufinden, ob er dort ist. Ich kann dir in meiner Position natürlich unmöglich zu ungebräuchlichen Methoden raten, aber wenn du irgendwie eine Möglichkeit siehst …«
    Niessen konnte mir nicht ausdrücklich den Auftrag erteilen, den Jungen zu entführen, das würde ihn die Vormundschaft kosten und könnte ihn sogar hinter Gitter bringen. Irgendeine Möglichkeit, ja, ja.
    »Wie sieht es in der Vormundschaftsfrage aus?«, fragte ich.
    »Wir haben mit dem Jugendamt und dem Staatsanwalt gesprochen, und beim Arnheimer Gericht bezweifelt niemand meinen Anspruch als leiblicher Vater. Das Problem besteht in der zeitlich begrenzten Pflegschaft, die den Bracks zugesprochen wurde. Die Vormundschaftsansprüche müssen geändert werden, und sie haben bereits angekündigt, dass sie dagegen Einspruch einlegen werden. Ich versuche, es so schnell wie möglich geregelt zu kriegen. Wir rechnen morgen mit einem endgültigen Termin für die Entscheidung.«
    »Werden sie vorgeladen?«
    »Ja. Und wenn sie nicht zu Hause sind, geht die Vorladung an die Stadtverwaltung. Dort müssen sie sich melden. Wenn sie nicht erscheinen, wird ein Urteil in ihrer Abwesenheit gesprochen und sie verlieren automatisch.«
    »Warum?«
    »Wenn ein Vorgeladener nicht bei Gericht erscheint, geht man davon aus, dass er einverstanden ist mit dem, was in der Vorladung steht, sonst hätte er ja Protest eingelegt.«
    »Auch, wenn er das Schreiben nicht empfangen hat?«
    Niessen erklärte es mir geduldig. »Wenn der Gerichtsvollzieher niemanden zu Hause antrifft, bringt er die Vorladung ins Sekretariat der Stadtverwaltung. Diese schickt dem Vorgeladenen eine Aufforderung, ein gerichtliches Schreiben abzuholen. Ob er reagiert oder nicht: Von Gesetzes wegen gilt er von diesem Moment an als vorschriftsmäßig benachrichtigt.« Er legte eine Pause ein und fuhr dann in dringlicherem Ton fort: »Sie verlieren sowieso. Aber das kostet Zeit, und bis dahin können sie tun, als wüssten sie von nichts. Louise …« Er unterbrach sich. »Sorge in Gottes Namen dafür, dass du Tommy findest«, sagte er schließlich. Tja.
    Ich rief Brigadier Kemming an. Er war nicht in der Dienststelle, aber man war bereit, mir eine Telefonnummer zu geben, unter der ich ihn erreichen konnte.
    »Hast du irgendetwas von Ingrid Brack gehört?«, fragte ich nach ein paar einleitenden Phrasen.
    »Ich dachte, du wärst dabei, sie aufzuspüren.«
    »Ja, aber ich bin noch nicht weit damit gekommen.«
    Kemming murmelte etwas Unverständliches und sagte dann: »Ich bin bei ihnen vorbeigefahren, aber es war niemand zu Hause. Wir können keine Haussuchung durchführen, dafür gibt es keine triftige Begründung. Sie wird nicht offiziell verdächtigt und kann daher höchstens als Zeugin vernommen werden. Ich habe mit ihrer Schwester gesprochen und mit ein paar Nachbarn und Bekannten. Niemand weiß, wo sie ist, das behaupten sie zumindest alle.«
    »Ich finde sie auch nicht«, sagte ich. »Jedenfalls nicht ohne Hilfe. Gibt es denn wirklich keine Möglichkeit für einen offiziellen Fahndungsbefehl?«
    »Auf welcher Grundlage denn?«
    »Sie hat Jennifer ermordet.«
    »Das weißt du, und ich glaube das auch, aber wir haben nicht den geringsten Beweis. Die Geschichte mit dem Gesundheitszeugnis ist ja gut und schön, aber sie nützt uns nichts. Vielleicht hatte sie schon lange vor, Tommy zu adoptieren, vielleicht wollte Jennifer ihn ihr überlassen, vielleicht hatten sie schon längst eine Vereinbarung darüber getroffen. Wir wissen, dass das nicht stimmt, aber Ingrid kann sich ausdenken, was immer sie will, Jennifer kann es nicht mehr abstreiten. Die einzigen Fingerabdrücke auf der Mordwaffe stammen von Peter Brack, und der hat es nicht getan.« Für einen Augenblick war es still; er deckte die Sprechmuschel ab. »Ich werde gerufen, ich muss los«, sagte er dann. »Wir bleiben natürlich an der Suche dran. Ruf mich an, wenn du zurück bist.«
    Nel saß noch immer auf ihrem Felsen.
    »Die Dame hat eine halbe Stunde lang gelesen und ist dann reingegangen. Jetzt sind sie oben auf der Terrasse.«
    Ich schaute durch das Fernglas und sah sie dort sitzen, einander schräg gegenüber am Kopfende eines langen Tisches.
    »Siehst du das Fenster rechts unten?«, fragte Nel.
    »Das mit den zugezogenen Gardinen?«
    »Ja. Vor einer Viertelstunde ging

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