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Ingrid

Ingrid

Titel: Ingrid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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nicht unter ihnen.
    »Hol du ruhig das Auto, ich versuche, unbemerkt auf die andere Seite zu kommen«, sagte ich zu Nel, als wir auf dem Wendeplatz hinter dem Schiff standen.
    Ich überquerte mit unseren Taschen, halb verdeckt von abfahrenden Autos, den Boulevard und postierte mich unter einer Palme neben einem geschlossenen Kiosk, von wo aus ich das Schiff beobachtete.
    Nur noch wenige Leute waren draußen auf den Decks. Peter befand sich wahrscheinlich schon im Gedränge auf dem Mitteldeck, wo die Treppe angekoppelt wurde.
    Jemand stand winkend im Gangbord des darüber liegenden Decks. Ich erkannte mit einem kleinen Schrecken die weiße Sommerjacke von Peter und trat zurück in den Schatten des Kiosks. Ich folgte seiner Blickrichtung. Die einzige, die in Frage zu kommen schien, war die Frau neben dem Panda, dreißig Meter weiter auf derselben Seite des Boulevards. Sie fing ebenfalls an zu winken. Meinte sie Peter?
    Der Renault hielt an der Bordsteinkante, und Nel langte über den Vordersitz und stieß die Beifahrertür auf. Ich bedeutete ihr zu warten und zeigte nach oben.
    Peter verschwand außer Sicht, und die Frau drehte sich in meine Richtung. Sie kam mir irgendwie bekannt vor. Sie war etwa vierzig Jahre alt, hatte dunkles, glattes Haar und attraktive, spanische Gesichtszüge. Ich hatte dieses Gesicht schon einmal gesehen, schmal und ziemlich selbstbewusst, auf einem Passfoto, und auch diesen Körper, wie er vor zehn Jahren ausgesehen haben musste, als sie nackt einem Fotografen zulächelte, von der obersten Koje einer Schiffskabine aus. Einer Kabine auf der Isla de Botafoc?
    Ich rannte mit abgewandtem Gesicht zum Renault, warf die Taschen auf die Rückbank und rutschte auf den Sitz neben Nel. Ich zeigte mit dem Daumen über meine Schulter. »Es ist der Panda. Wende und halte auf der anderen Seite an, dann stehen wir in der richtigen Richtung.«
    Nel warf ihren Hut auf den Rücksitz und fuhr los. »Holt diese Frau ihn ab? Also nicht Ingrid.«
    »Nein.«
    »Eine Bekannte oder die Vermieterin?«
    Mein Unbehagen wuchs. Ich drehte mich um und griff nach meiner Reisetasche. Ich hatte die Fotos in ein Seitenfach gesteckt, wo ich auch meine Papiere und Rechnungen aufbewahrte. »Das ist nicht die Vermieterin, sondern Peters Elixier der Unsterblichkeit.«
    Nel hatte eine U-Kurve beschrieben und schlüpfte knapp zwischen zwei Lkws durch, die von der Laderampe abfuhren. Kurz hinter dem Schiff hielt sie an und schaltete den Motor aus.
    Ich zeigte ihr die Fotos. Die blonde Frau war auch dabei, aber das hier war nicht die Blonde. Das war die Dunkelhaarige. Mit den Fotos zum Vergleich war jeder Irrtum ausgeschlossen. Ich holte mein Fernglas aus der Tasche und gab Nel die Kamera.
    »Amrita?«
    »Das bedeutet, dass wir uns wahrscheinlich zum Deppen gemacht haben.«
    »Er lässt Ingrid im Stich und reist zu einer Geliebten? Er hat also gar nicht Ingrid angerufen?« Nel fing plötzlich an zu kichern. »Ich hoffe, unser Klient hat Sinn für Humor und zahlt trotzdem die Spesen.«
    Passagiere schleppten Koffer und Taschen die Treppe hinunter. Die anderen Abholer drängten sich um die Treppe, doch das Elixier blieb geduldig neben ihrem Panda auf der anderen Seite stehen.
    »Ingrid könnte also sonst wo auf der Welt sein«, sagte Nel.
    »Oder einfach in den Niederlanden, in der Veluwe.«
    »Du meinst, sie hat Tommy, jetzt braucht sie keinen Mann mehr?«
    Peter kam auf halbem Wege die Treppe hinunter. Er konnte nicht winken, weil er die Hände mit seinem Koffer und seiner Tasche voll hatte.
    »Ingrid muss von irgendetwas leben«, überlegte CyberNel. »Das Haus ist noch nicht verkauft. Ist sie reich?«
    »Nicht, dass ich wüsste.«
    Ich hob mein Fernglas an die Augen und stellte es auf das Gesicht von Amrita ein, die um den Panda herumgegangen war. Sie lächelte erwartungsvoll, ich sah, wie ihre Augen strahlten. Ich hörte das Klicken von Nels Kamera, als Peter über die Straße rannte. Er ließ seinen Koffer und seine Tasche auf die Motorhaube des Pandas fallen und nahm Amrita in die Arme.
    »Das ist kein Kuss unter Bekannten«, sagte Nel, ein Auge an der Kamera.
    Nein. Es war ein Kuss unter Liebenden, Mund auf Mund, hungrig. Sie schmolz in seiner Umarmung. Ich ließ das Fernglas sinken. Es war deutlich genug.
    Mist. Was jetzt? Lesen Sie die Fortsetzung in der nächsten Ausgabe von »Herzblatt«.
    Das verliebte Paar rollte gemeinsam das Dach des Pandas auf, bevor sie einstiegen und losfuhren, Peter am Steuer. Er kannte offensichtlich

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