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Ingrid

Ingrid

Titel: Ingrid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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absperrte, das er auf der einen Seite an einen Zweig in der Hecke und auf der anderen um den Stamm eines jungen Flieders band. Danach kam er wieder hinauf auf den Deich und zückte sein Notizbuch.
    »Sie sagten, Ihr Name sei Winter? Wie schreibt man das?«
    »Ganz normal, Winter. Max.«
    »Sie wohnen direkt nebenan? Wer wohnt sonst noch bei Ihnen im Haus?«
    »Ich lebe allein.«
    »Und die Dame lebte auch allein? Wie hieß sie?«
    »Jennifer van Maurik. Sie hinterlässt einen zweijährigen Sohn.«
    »Waren Sie mit ihr befreundet?«
    »Ich wohne hier erst seit knapp einer Woche. Ich habe Mevrouw van Maurik zweimal getroffen, einmal hier und einmal auf einer Party bei der Familie Brack, Nachbarn ein paar Häuser weiter. Mevrouw Brack hat mich vorhin gerufen, weil sie das Kind weinen hörte und niemand aufmachte.«
    Der Brigadier kam zurück und sagte zu seinem Kollegen: »Ruf den Spa an. Er soll auch direkt den Arzt und die Spurensicherung vorbeischicken und den stellvertretenden Staatsanwalt in Tiel informieren.«
    Der junge Beamte wurde nervös. »War es Mord?«
    »Die Dame ist tot, und sie ist nicht unter natürlichen Umständen ums Leben gekommen.«
    Der Kollege eilte zum Streifenwagen, zog die Tür hinter sich zu und fing an, ins Funkgerät zu sprechen. Brigadier Stelling bedeutete mir, ihm zu meiner eigenen Einfahrt zu folgen.
    »Okay, Meneer Winter, Sie sind also drin gewesen?«
    »Ja, ungefähr vor einer halben Stunde.«
    »Haben Sie etwas angefasst?«
    »Ja, aber ich habe dabei mein Taschentuch benutzt.«
    Er hatte schiefergraue Augen, mit denen er mich argwöhnisch musterte. »Warum?«
    »Ich bin ein ehemaliger Kollege.«
    Der Brigadier verzog keine Miene. »Hatten Sie die Vermutung, dass etwas nicht in Ordnung war?«
    »Ja, natürlich. Eine Nachbarin, die ein paar Häuser weiter wohnt, alarmierte mich, weil das Kind jämmerlich weinte und Jennifer ihr nicht aufmachte.«
    »Ist das der Name der Toten?«
    »Ja, Jennifer van Maurik. Ich sah, dass eine Scheibe in der Hintertür kaputt war, und bin hineingegangen. Sie war tot, wohl seit etwa acht Stunden. Ich habe nichts berührt, außer oben im Kinderzimmer. Sie hat einen kleinen, zweijährigen Jungen, er heißt Tommy. Ich wollte verhindern, dass er die Leiche sieht, und habe ihn deshalb über den Balkon und die hintere Treppe hinausgebracht. Die Nachbarin hat ihn mit zu sich nach Hause genommen. Anschließend habe ich Sie angerufen.«
    »Wo waren Sie heute Nacht?«
    »Zu Hause.« Ich zeigte mit dem Daumen über die Schulter.
    »Haben Sie irgendetwas gehört oder gesehen?«
    Ich schüttelte den Kopf. Vom Dorf her näherten sich Autos über den Deich. Der Brigadier hatte es auf einmal eilig. »Okay, Meneer Winter. Haben Sie heute noch etwas vor?«
    »Nein. Wenn ich irgendwie behilflich sein kann …«
    Der Brigadier warf mir einen kühlen Blick zu. »Es wäre nützlich, wenn Sie nach Hause gehen und dort bleiben würden, bis jemand von uns kommt, um Ihre Aussage zu Protokoll zu nehmen.« Er breitete die Arme aus und trat nach vorn, als wolle er den Weg für die beiden Fahrzeuge frei machen, die hintereinander am Straßenrand gegenüber des Heuschobers anhielten, doch seine Geste war in erster Linie dazu gedacht, mich vom Deich weg und nach Hause zu dirigieren.
    Aus dem ersten Wagen stieg ein Mann mit Arztkoffer, aus dem zweiten eine hochgewachsene Gestalt in Zivil, wie ich vermutete der Kriminalbrigadier dieses Amtsbezirks, der hier Seniorprojectagent oder kurz Spa genannt wurde. Der Rest der Sonderkommission würde wohl aus dem Bezirkspräsidium in Tiel kommen.
    Es war eine andere Welt als in Amsterdam, und ich stand auf der falschen Seite des Absperrbandes. Das war ein komisches Gefühl, aber der Brigadier hatte natürlich Recht. Ich durfte mich nicht einmischen. Hier war ich nur ein Außenstehender, und obendrein, wie sie mich deutlich spüren ließen, ein Tatverdächtiger.
    Ich blieb stehen, als ich Bokhof über den Deich auf die Szenerie zugehen sah. Ungeniert unterbrach er das Gespräch zwischen dem Spa und dem uniformierten Brigadier und fragte mit lauter Stimme: »Ist irgendwas mit Juffrouw van Maurik?«
    Ich hörte den Brigadier gedämpft antworten und sah, wie Bokhof wütend wurde. »Was heißt hier nach Hause, ich bin hier zu Hause, der Heuschober gehört mir!« Er marschierte die Einfahrt hinunter auf das Absperrband zu und wollte sich darunter hindurchducken.
    »Stehen bleiben!«, schnauzte der Brigadier.
    Bokhof drehte sich um. »Auf meinem Grund

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