Initiation
überwältigt gewesen, dass ich gewürgt und dann in seinen Schoß gekotzt hatte. Viele, viele Jahre später würde ich vielleicht die lustige Seite daran sehen, aber das einzige, was ich im Moment sehen konnte, war Jaggers geschockter Gesichtsausdruck, als er auf den Inhalt meines Magens starrte, der seine Hose durchnässte. Ich hatte getan, was jeder in meiner Lage getan hätte: Ich war geflohen. Natürlich. Würg.
Professor Berns Tür öffnete sich, zwang mich so in die Gegenwart zurück und schloss sich wieder, ohne ein Anzeichen von ihr.
»Kommt mit, Kinder. Wir gehen hoch zu den Testlabors. Folgt mir einfach.«
Faustine kicherte. »Professor Bern, Sie sind wieder unsichtbar.«
Die Professorin lachte, während sie sich sichtbar machte. Sie war sehr professorenmäßig gekleidet, denn über ihrem dunkelgrauen Kostüm trug sie einen weißen Laborkittel. Wir folgten ihr zum Aufzug, wo sie den Knopf für den fünften Stock drückte. Der Aufzug öffnete sich, auf einen geschäftigen Gang voller Professoren in weißen Kitteln, die verschiedene Schüler begleiteten. Wir betraten Zimmer 508. In der Mitte des Raums war eine ungefähr drei Quadratmeter große Kammer, deren Glaswände vom Boden bis zur Decke reichten. In deren Mitte wiederum stand ein Ledersessel. Arbeitsbänke voll mit Aufzeichnungsapparaturen, Computern und anderen Geräten standen um die Kammer herum.
Ich konnte spüren, wie sich Faustine verkrampfte, während sie sich in dem Raum umsah.
»Also ich schätze, es ist kein schriftlicher Test?«, flüsterte sie.
»Ich bin mir nicht sicher. Diese ganzen Tests werden individuell auf den Initiaten zugeschnitten. Ich glaube aber, dass du recht hast, wenn ich mir den Versuchsaufbau ansehe. Ist das okay für dich?«
»Ich glaube schon. Ist ja nicht so, als hätte ich überhaupt eine Wahl. Ich muss lernen, mit meinen Kräften umzugehen, und dafür ist das hier, richtig?«
»Richtig.«
»Du bleibst, oder? Und ziehst mich da raus, wenn was schiefgeht?«
»Klar.«
»Faustine, bist du bereit?«, fragte Professor Bern.
»Ich glaube schon.«
»Okay. Dann bringen wir dich mal in die Kammer und fangen an. Da ist nichts, worüber du dir Sorgen machen musst. Wenn du an irgendeinem Punkt willst, dass ich den Test anhalte, sag einfach
sofort Stop
. Okay?«
»Was genau wird passieren?«, fragte Faustine.
»Nun ja, wir haben keine Ahnung, was deine Ohnmachten auslöst oder was während ihnen passiert. Deshalb ist der erste Schritt herauszufinden, was sie auslöst. Oder genauer gesagt, dir zu helfen herauszufinden, was sie auslöst. Dazu testen wir, wie du auf verschiedene Reize reagierst. Zum Beispiel, meinst du am Strand zu sein, im Sand zu liegen und die warmen Sonnenstrahlen zu genießen. Wir beginnen mit ruhigen Szenen und gehen dann zu schwierigeren Situationen über. Wenn wir sehen, dass du dich zu verwandeln beginnst, stoppen wir die Szene. Unser Ziel heute und in den paar nächsten Sitzungen ist, schlicht herauszufinden, was dich startet.«
Faustine seufzte erleichtert und betrat die Kammer, um sich in den Sessel zu setzen. Der Laborassistent ging zu ihr, befestigte ein Metallplättchen von der Größe einer Tablette auf ihrer Stirn, dann ging er wieder heraus und ließ sie in der Kammer allein. Professor Bern dirigierte mich zu einem Stuhl, während sie und der Laborassistent ihre Positionen hinter zwei verdeckten Computermonitoren einnahmen, die auf einem Tisch vor der Kammer standen.
Ich biss die Zähne zusammen und fragte: »Professor Bern, darf ich auch auf die Bildschirme schauen?« Dann wartete ich auf das
Nein
!
Sie sah mit zusammengekniffenen Lippen zu mir. »Cordelia das wäre ausgesprochen ungewöhnlich. Trotzdem, denke ich, dass es nicht schaden kann. Alles was du sehen wirst, ist die Simulationssequenz, die wir Faustine senden. Du kannst nicht sehen, wie ihre Wahrnehmung darauf reagiert.«
»Ähm. Ich weiß nicht, was Sie damit meinen.«
»Nun ja, alles, was wir auf dieser Seite tun, ist, sie in eine Szene hineinzuversetzen. Erinnerst du dich an deine im letzten Jahr? Was war es?«
Ich erinnerte mich sehr gut daran, hauptsächlich weil ich starr vor Angst gewesen war, als ich in die Kammer gehen sollte und nicht wusste, was dann passieren würde. »Ich habe in unserem Garten gesessen und habe auf der Schaukel am Baum geschaukelt.« Ich konnte mich erinnern, dass mich durch die Vertrautheit, sofort ein Gefühl der Ruhe überkommen hatte.
Professor Bern nickte. »Das ist deine Reaktion
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