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Inka Gold

Inka Gold

Titel: Inka Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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noch ein Flügel, doch der andere ist längst abgefallen und auf dem harten Fels neben dem Untier zersplittert.
    Auch haben Wandalen ihre Spuren hinterlassen, haben Zähne aus dem klaffenden Maul gebrochen und ihre Namen und Initialen in Flanke und Brust geritzt.
    Der geflügelte Jaguar mit dem Schlangenkopf, mehrere Tonnen schwer und so groß wie ein Elefantenbulle, ist eine von vier bekannten Skulpturen, die von einem rätselhaften Volk lange vor der Ankunft der spanischen Missionare zu Beginn des fünfzehnten Jahrhunderts hergestellt wurden. Bei den anderen drei handelt es sich um kauernde Löwenfiguren, die in einem Nationalpark in New Mexiko stehen und weitaus primitiver gearbeitet sind.
    Die Archäologen, die die steilen Felsen erklommen hatten, standen, was die Herkunft der Jaguarschlange anging, vor einem Rätsel. Sie sahen keinerlei Möglichkeit, das Alter des Fabelwesens zu schätzen oder festzustellen, wer es aus der gewaltigen Felsnase herausgehauen hatte. In Stil und Aussehen unterschied es sich deutlich von allen anderen präkolumbianischen indianischen Kunstwerken im Südwesten Nordamerikas. Zwar wurden viele Theorien entwickelt und zahlreiche Meinungen vorgebracht, doch die Bedeutung der Skulptur blieb im Dunkel der Vergangenheit verborgen.
    Die Ahnen, so hieß es unter den in dieser Gegend lebenden Cahuilla, Quechan und Montolos, hätten die ehrfurchtgebietende steinerne Bestie als einen Hüter der Unterwelt gefürchtet, doch heute können sich die Stammesältesten an keine religiösen Bräuche oder Rituale mehr erinnern, die sich auf die Skulptur beziehen. Mangels mündlicher Überlieferung schufen sie sich eine eigene, auf den Überresten einer versunkenen Zivilisation fußende Legende. In ihrer Phantasie wurde die geflügelte Jaguarschlange zu einem übernatürlichen Ungeheuer, an dem sämtliche Menschen auf ihrer Reise ins Jenseits vorbeigehen müssen. Haben sie ein schlechtes Leben geführt, so erwacht das Untier. Es packt sie mit dem Maul, zerreißt sie mit seinen Fängen und speit die zermalmten und verstümmelten Leiber wieder aus, worauf sie dazu verdammt sind, auf ewig als böse Geister auf Erden umzugehen. Nur jene, die guten und reinen Herzens sind, dürfen unbehelligt ins Jenseits eintreten.
    Viele der in der Wüste ringsum lebenden Menschen wagten den schwierigen Aufstieg über die steilen Wände des Berges und legten handgefertigte Tonpuppen und alte Muschelschalen, in die Tierfiguren geritzt waren, als Tribut zu Füßen der Skulptur ab, um sie milde zu stimmen für den Tag, da auch ihre letzte Stunde schlagen würde. Oftmals schickten trauernde Familienangehörige einen Abgesandten zu dem grausigen Standbild hinauf, während sie unten in der Wüste standen und beteten, die Bestie möge ihrem teuren Verblichenen freies Geleit gewähren.
    Billy Yuma, der im Schatten des Berges in seinem Pickup saß und zu der furchterregenden Skulptur hinaufblickte, hatte keine Angst vor dem steinernen Dämon. Er hoffte, daß seine Eltern und Anverwandten, die gestorben waren, den Hüter der Toten unbehelligt passiert hatten. Sie waren gute Menschen gewesen, die niemandem etwas zuleide getan hatten. Doch Billy befürchtete, daß sein Bruder, das schwarze Schaf der Familie, der seine Frau und seine Kinder verprügelt hatte und als Alkoholiker gestorben war, in einen bösen Geist verwandelt worden war.
    Wie viele in der Wüste ansässige amerikanische Ureinwohner lebte auch Billy in einer Welt, die von allerlei Geistern von grausiger Gestalt bevölkert war, die ziellos umherwanderten und den Leuten üble Streiche spielten. Er wußte, daß jeden Augenblick der Geist seines Bruders auftauchen, ihn mit Erde bewerfen, seine Kleidung zerfetzen oder ihm entsetzliche Träume schicken könnte. Am meisten sorgte sich Billy um seine Frau und seine Kinder. Er hatte Angst, sein Bruder könnte ihnen Krankheiten oder Verletzungen zufügen.
    Dreimal hatte er seinen Bruder schon gesehen. Einmal als Windhose, die den trockenen Wüstenstaub aufgewirbelt hatte, das nächste Mal als flackerndes Licht um einen Mesquitestrauch und schließlich in Gestalt eines Blitzes, der in seinen Pickup eingeschlagen hatte. Das waren böse Vorzeichen. Billy und der Medizinmann seines Stammes hatten sich am Feuer niedergelassen und beratschlagt, wie man den Geist seines Bruders bekämpfen könnte. Denn wenn man der Erscheinung keinen Einhalt gebot, könnte sie auf ewig zu einer Gefahr für Billys Familie und seine Nachfahren werden.
    Sie

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