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Inkarnationen 01 - Reiter auf dem schwarzen Pferd - V3

Titel: Inkarnationen 01 - Reiter auf dem schwarzen Pferd - V3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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nicht. Schon zum zweiten Mal hatte er sich in einen
Tod eingemischt und das Leben eines Klienten dabei in andere Bahnen gelenkt.
Vielleicht handelte er auf irrationale Weise, indem er seinen persönlichen Komplexen und
Eigenheiten gestattete, seine Amtsführung zu beeinflussen. Und doch wußte Zane, daß er es wieder
tun würde. Anscheinend war er unfähig, sich über seine menschlichen Beschränktheiten zu erheben,
um seine Pflicht auf unparteiische Weise zu erfüllen.
Wieder stand die Todesuhr auf Countdown. Zane drückte auf den Stopp-Knopf und hielt damit den
Countdown, nicht aber die Normalzeit an. »Ich habe erst mal genug davon«, sagte er zu dem Pferd.
»Ich möchte eine Pause machen und etwas nachdenken. Hast du eine Lieblingsweide, wo du gerne
grast? Bring mich dorthin.«
Gehorsam galoppierte das Pferd weiter hinauf, einer dünnen Wolkenschicht entgegen. Als sie dort
angekommen waren, fiel Zanes Blick auf eine saftige grüne Ebene. »Deine Weide befindet sich also
oben am Firmament!« bemerkte er.
Das Pferd landete auf der Grünfläche und trabte zu einem großen, bequemen Ginkgobaum hinüber.
Zane stieg ab. »Bist du in der Nähe, wenn ich dich brauche?«
Der Hengst wieherte zustimmend und machte sich ans Grasen. Zane entdeckte, daß das Tier nun weder
Zaumzeug noch Sattel trug. Diese Hilfsmittel hatten einfach aufgehört zu existieren, als sie
nicht mehr benötigt wurden.
Zane setzte sich und lehnte den Rücken gegen den massiven Baumstamm. »Was mache ich hier?« fragte
er sich laut.
»Warum gehe ich nicht meiner Arbeit nach?«
Er erhielt keine Antwort. Mortis äste auf dem saftigen Feld.
Die leise Brise ließ die seltsamen Ginkgoblätter rascheln. Eine kleine Spinne baumelte an einem
Faden vor Zanes Gesicht.
»Was ist mit mir los, Arachnae?« fragte er sie. »Ich habe einen guten Job, indem ich Seelen hole,
die auf der Kippe stehen. Warum lasse ich sie gehen, wo ich doch glaubte, daß ich den
Vorschriften meines Amts gehorchen wollte? Bin ich ein Pharisäer?«
Die Spinne wurde größer. Vier ihrer Beine baumelten herab und verschmolzen zu zwei größeren
Gliedmaßen, während die anderen vier sich erhoben und zu zwei kleineren Extremitäten wurden. Ihr
Hinterleib zog sich zusammen und verlängerte sich. Ihr Kopf nahm eine rundere Form an, und die
acht Augen verschmolzen ganz ähnlich wie die Beine miteinander: Zwei Paare wurden zu größeren
Augen, die anderen beiden Paare glitten herab und formten sich zu Ohren. Binnen weniger
Augenblicke war aus der Spinne eine Frau geworden, die den Faden eines Netzes zwischen den Händen
hielt.
»Oh, das nennen wir das Reaktionsverzögerungssyndrom«, sagte sie. »Man kann nicht einfach vom
gewöhnlichen Leben in die Unsterblichkeit hinübergehen, ohne dabei Systembeschwerden zu erleiden.
Sie werden es überleben.«
»Wer sind Sie?« fragte Zane überrascht.
»Wie kurzlebig Ihr Gedächtnis doch ist«, neckte sie ihn und glitt in eine jüngere Gestalt
über.
Nun erkannte er sie. »Das Schicksal! Die Norne! Bin ich vielleicht froh, Sie zu sehen!«
»Nun, ich habe Sie in diese Lage gebracht, damit ich die Verantwortung für Ihre Eingewöhnungszeit
übernehmen konnte. Sie brauchen lediglich diese neue Realität zu akzeptieren und sich an sie
anzupassen, dann kommen Sie schon zurecht.«
»Aber ich kenne diese neue Realität schon!« protestierte er. »Ich weiß, daß man von mir erwartet,
Seelen zu holen. Aber ich werde sie nicht holen! Nicht immer. Ich habe einer Frau den Selbstmord
ausgeredet und sogar einen Ertrinkenden vor dem Sterben gerettet.«
»Das verkompliziert die Sache allerdings«, meinte sie nachdenklich. »Ich habe noch nie davon
gehört, daß der Tod den Menschen beim Leben hilft. Ich glaube nicht, daß es bereits einen
Präzendenzfall dieser Art gegeben hat. Außer...«
»Ja?«
»Ich fürchte, Tod, das kann ich Ihnen nicht sagen.«
Zane furchte die Stirn. »Es gibt etwas, was Sie wissen, mir aber nicht erzählen wollen?« So etwas
Ähnliches hatte sie frustrierenderweise schon einmal erwähnt.
»So ist es. Aber es wird schon alles zu seiner Zeit offenbar werden.«
Er begriff, daß es sinnlos war, das Schicksal zwingen zu wollen. »Na schön, gibt es denn
überhaupt irgend etwas Nützliches, das Sie mir sagen wollen?«
»Oh, ja, gewiß doch. Wenn Sie sich hier akklimatisieren wollen, müssen Sie mal einige Seelen ins
Fegefeuer bringen. Wenn Sie diesen Aspekt des Gesamtsystems erst einmal begriffen haben, werden
Sie nicht

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