Inkarnationen 02 - Der Sand der Zeit - V3
Dafür
garantiere ich. Hab noch nie meine Erfolgsquote unterschritten. Ein paar nette kleine Kitzelstöße
mit dem Ding hier, und schon beichtet er. Besonders wenn ich ihm die Streichelstange reinschiebe,
in den... Hier, ich werd's Ihnen beweisen! Wetten, daß es keine Minute dauert, bis ich einen
habe?« Er schwenkte zu dem größten der näherkommenden Schläger herum. »He, Sie da herkommen! Will
Ihnen mal was zeigen.« Feixend gestikulierte er mit dem Schlagstock.
Der Schläger verschwand eilig zwischen zwei Gebäuden. Auch die anderen lösten sich
vorsichtigerweise in Luft auf.
Gawain führte ein Phantomfunkgerät vor den Mund.
»He, Schnorchel - Netz ausbreiten; haben hier ein paar leckere Happen!«
In Sekundenschnelle war die Straße wie leergefegt.
Norton lächelte - das Gespenst war bisweilen äußerst nützlich.
An einem leeren, geröllbedeckten Grundstück blieben sie stehen. Norton war überrascht, denn
Bauraum war kostbar. Gawain blickte auf seine Uhr, und wieder staunte Norton; wie konnte ein
Gespenst einen funktionierenden Zeitmesser haben?
»Noch fünfzehn Minuten; er kommt gleich.«
»Chronos?«
»Na klar. Er hat diesen kostbaren Ort gewählt, um die Sanduhr zu übergeben.«
»Soll das heißen, daß er hier geboren wurde, daß er hier also...?«
»Nein, natürlich wurde er nicht hier geboren! Das war ganz woanders.«
»Aber Sie haben doch gesagt, daß er rückwärts lebt, also...«
»Tut er auch - und Sie werden es auch tun. Aber das ist nicht im wörtlichen Sinn zu verstehen.
Das wäre ja sinnlos.«
»Ich halte es für unmöglich! Das Paradox...«
»Ich habe es Ihnen doch schon gesagt - die Inkarnationen sind vor dem Paradox gefeit. So ein
Leben verläuft vorwärts - für ihn jedenfalls; nur für uns scheint es rückwärts zu
verlaufen.«
»Ich bin mir nicht sicher, daß mir das hier auch nur im mindesten gefällt! Es macht einfach
keinen Sinn!«
Gawains Miene wurde ernst. »Glauben Sie mir, es ergibt sehr wohl einen Sinn; Sie müssen lediglich
lernen, es zu erkennen. Nun hat sich die Schicksalsgöttin einige Mühe gemacht, um Ihnen dieses
ausgezeichnete Geschäft zu ermöglichen. Beachten Sie, daß niemand sonst hier ist, um die Sanduhr
zu übernehmen. Man reicht Ihnen hier die Chance Ihres Lebens auf dem Präsentierteller - und alles
nur, weil den Inkarnationen dieser kleine Fehler mit dem Baby leid tut. Sie müssen wissen, daß
Sie einander in solchen Fällen gerne gegenseitig helfen. Es wäre wirklich sehr undankbar von
Ihnen, zu diesem späten Zeitpunkt noch abzulehnen.«
»Aber ich habe doch nie darum gebeten«, protestierte Norton. »Ich bin mir gar nicht sicher, daß
ich der Sache überhaupt gewachsen bin! Ich verstehe doch gar nichts von der Zeit! Das ist
alles so... Ich meine, warum ausgerechnet hier?«
»Weil dies der Ort ist, wo man Chronos, dem Retter der Welt, ein prächtiges Denkmal errichtet
hat, oder irgend so etwas. Für ihn ist es ein sehr wichtiger Punkt. Für das Amt.«
Norton blickte sich um. »Was für ein Denkmal? Ich glaube, wir sind an der falschen
Adresse.«
»In der Zukunft natürlich«, erklärte Gawain geduldig, »Vergessen Sie nicht, er kommt aus der
Zukunft. Dieses ganze Gebiet wird saniert und in einen wunderschönen Park verwandelt werden, der
von dem Denkmal beherrscht wird. Die Leute werden Schlange stehen, um es zu besuchen. Da ist es
nur natürlich, daß er sich diesem Ort eng verbunden fühlt.«
Norton wurde immer nervöser. »Warum ist er denn dann nicht hier?«
»Er kommt aus der anderen Richtung. Sie werden ihn erst im Augenblick der Übergabe der Sanduhr
erblicken.«
»Aus der Zukunft?« fragte Norton und versuchte angestrengt, diese Vorstellung zu verdauen.
»Sie brauchen lediglich die Sanduhr zu nehmen, wenn Sie sie sehen«, sagte Gawain. »Sie wird genau
hier erscheinen.« Er zeigte auf eine Stelle, an der jemand ein grobes X in den Boden
geritzt hatte. »Danach müssen Sie selbst zurechtkommen, da wir in unterschiedliche Richtungen
weitergehen werden.«
»Unterschiedliche Richtungen?« Norton kam sich vor wie ein Idiot, der unfähig war, seine Gedanken
zu ordnen.
»Ich werde nach vorne weitergehen, Sie werden zurückgehen. Ich glaube, ich gehe die Sache ganz
gelassen an und begebe mich in den Himmel, solange ich noch ein entsprechendes Guthaben
besitze.«
Norton erinnerte sich daran, daß sich die Bilanz des Gespenstes durch diese gute Tat wieder ins
Positive verschieben würde.
Wenn es tatsächlich eine gute Tat
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