Inkarnationen 05 - Sing ein Lied fuer Satan - V3
an ihr vorbei ins Haus.
»Das würde ich Euch nicht raten!« warnte die Frau.
»Gebt ihm Bescheid, daß Gäa hier ist und nicht eher wieder geht, bis er mit ihr gesprochen
hat!«
Die Frau machte eine unglückliche Miene.
»Niemand kann Chronos erreichen, wenn er in Geschäften unterwegs ist. Er ist leider nicht so wie
die anderen Inkarnationen.«
Orb setzte sich auf eine Couch im Empfangszimmer und schloß die Augen. Die Frau zog sich
zurück.
Sie schlief ein und erwachte abrupt, als Chronos das Zimmer betrat. Er trug seinen weißen
Umhang.
»Oh, Gäa«, grüßte er. »Hätte ich gewußt, daß Ihr hier auf mich wartet, hätte ich mich natürlich
beeilt.«
»Ich habe Euch eine Nachricht zukommen lassen. Warum habt ihr darauf nicht reagiert?«
»Was für eine Nachricht?«
»Ich habe sie schon vor einiger Zeit abgesandt!«
Chronos nickte. »Ich fürchte, Ihr wißt nicht, auf welche Weise ich lebe.«
Er erklärte ihr, daß sein Leben rückwärts durch die Zeit verlief und für ihn das Vergangenheit
sei, was sie als ihre Zukunft erwartete.
»Der Fegefeuer-Computer sagte, Ihr wärt der einzige, der mir noch helfen könnte«, unterrichtete
sie Chronos. »Durch mein Verschulden treibt die Welt dem Untergang zu. Ich muß dringend etwas
dagegen unternehmen.«
»Was für ein Untergang?«
»Natürlich, wenn Ihr aus der Zukunft kommt, habt Ihr ja noch nicht gesehen, in welchem Zustand
sich die Erde befindet. Aber das hieße ja wohl, daß das Chaos in meiner Zukunft nicht
existiert!«
»Nicht unbedingt. Die Zukunft ist kein einfacher Strom. Und das, was ich in meiner Vergangenheit
gesehen habe, muß nicht zwangsläufig so eintreffen. Was ich mitbekomme, ist eine mögliche Form
der Zukunft, aber es gibt eine unendliche Anzahl solcher Formen. Manchmal gerät mir da einiges
durcheinander, und ich erzähle von Ereignissen, die so nie stattfinden werden. Zu meinem Glück
besitze ich die Eigenschaft, gegen Zeitparadoxa immun zu sein.«
Orb wollte nicht länger solche Erklärungen hören.
»Wollt Ihr mir nun helfen oder nicht?«
»Ich bin nur zu gern bereit, Euch zu helfen, vor allem im Hinblick auf die wunderbare Beziehung,
die wir hatten. Doch...«
»Was für eine wunderbare Beziehung?«
Chronos lächelte. »Das könnt Ihr ja natürlich nicht wissen. Doch ich will darüber nichts mehr
sagen, denn es dürfte für Euch nicht ratsam sein zu wissen, welche Gründe mich bewegen könnten,
zu helfen oder auch nicht zu helfen.«
»Ich fürchte, ich habe kein einziges Wort verstanden!« Orb wurde allmählich wütend. »Also schön,
Ihr hattet eine Beziehung mit mir. Das wäre für Euch ein Motiv, mir zu helfen. Nun sagt mir
endlich Eure Gründe, mir die Hilfe zu verweigern!«
»Das eine hat mit dem anderen zu tun. Euch wäre am ehesten mit der Auskunft gedient, daß ich zu
diesem Zeitpunkt nicht ins Weltgeschehen eingreifen möchte.«
»Was, es kümmert Euch nicht, daß alles Leben von der Erde getilgt wird?«
»Na ja, alles Leben wohl nicht. So weit wird es nicht kommen!«
»Ihr scheint mir einen sonderbaren Sinn für Humor zu haben. Ich muß gestehen, ich verstehe Euch
nicht!«
Chronos seufzte. »Nun denn, dann muß ich Euch wohl doch noch mehr dazu sagen. Doch ich will Euch
warnen: Es könnte gewisse Umstände geben, die mich dazu zwingen, dieses Ereignis in Eurer Zukunft
zu löschen.«
»Was würde das bedeuten?«
»Ich würde den Zeitstrom bis zu diesem Zeitpunkt zurückfahren und ihm danach einen neuen Kurs
geben. Um es kurz zu machen: Unser Gespräch hätte nie stattgefunden.«
Orb begriff, daß dies durchaus möglich war. Die Zeit war eine komplizierte Materie. Aber noch
wollte sie nicht aufgeben: »Nein, das möchte ich nicht. Wenn Ihr gute Gründe habt, aktiv zu
werden oder passiv zu bleiben, und diese Gründe auch mich betreffen, möchte ich sie nicht nur
erfahren, sondern auch im Gedächtnis behalten. Teilt mir jetzt mit, welche Motive Euch
bewegen.«
»Ihr versteht immer noch nicht, Gäa. Die Erinnerung wäre sinnlos, denn das Ereignis hätte ja nie
stattgefunden.«
Orb unterdrückte mühsam eine wüste Beschimpfung. Sie brachte sich mit dem Gedanken zur Ruhe, daß
Chronos schon lange in seinem Amt war und sicher genau wußte, was er zu tun hatte.
»Dann teilt es mir mit und laßt mich danach entscheiden, ob die Erinnerung für mich sinnvoll ist
oder nicht.«
»Ich denke, dieses Recht muß ich Euch zugestehen.«
»Dann könnt Ihr ja beginnen«, drängte Orb.
»Es begann alles in fünfzehn Jahren, also
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