Inkarnationen
Licht?
Tatsächlich floß etwas strahlend Helles daraus hervor .
Loorks Überraschung währte nicht länger als ein Schlag seines Herzens. Schon riß er die mächtige Streitaxt über den Kopf, um ihre Schneide niederfahren zu lassen, mit solcher Kraft, daß es den Daliegenden in zwei Hälfte spalten mußte - Auf halbem Wege prallte die Waffe gegen unsichtbaren Stein, zerbrach und wurde Loork aus den Fäusten geprellt.
Der Fremde rappelte sich hoch, und nun lag nicht mehr die Spur von Sanftmut in seinen Zügen, die auch nicht länger von knabenhaftem Anschein waren. Zorn schnitt ihm tiefe Furchen ins Gesicht. Sein ganzer Leib schien zu beben unter der Gewalt brodelnder Wut.
»Ich hab's versucht«, stieß er rauh hervor. »Bei Gott, ich hab's versucht!« Sein Blick ging himmelwärts. »Aber diese närrischen Men-schen sind weder zu belehren noch zu bekehren!«
Zwei Schritte trennten ihn von Loork. Seine Gestalt schien mit jedem Schritt zu wachsen. Sein Schatten verzerrte sich, als zeichne er eine ganz andere Form nach. Zugleich schien er an Substanz zu gewinnen, zu greifbarer Finsternis zu werden, die sich über Loork legte und ihm den Atem nahm.
»Mit Engelszungen zu reden ist vergebens!« keuchte der (das!) entsetzlich Fremde. »Ihr versteht doch nur eine einzige Sprache!«
»Was ...?« begehrte Loork noch auf, nach Luft schnappend wie ein Fisch auf dem Trockenen. Der Rest seiner Worte erstickte ihm buchstäblich im Halse.
Weil der andere ihm die plötzlich weißglühende Faust durch das Gesicht und bis hinab in die Brust rammte! Dort spießte er Loorks Herz auf Krallen, ehe er es mit einem Ruck herausriß und wutentbrannt in den Staub trat!
Leises Wimmern ließ Luzifer herumfahren.
Jamahlia kauerte in einer dunklen Ecke der schlichten Behausung. In ihren Augen lag ein Glitzern, als bestünden sie aus winzigen Scherben. Es mochte eine Art Widerspiegelung ihres zerbrochenen Geistes sein, der unter dem Mitangesehenen in Trümmer gegangen war.
Luzifer ersparte ihr ein solches Dasein. Nun, da er einmal die verbotene Schwelle übertreten hatte, war's ihm gleich.
Und er verspürte weder Reue, noch den Wunsch nach Mäßigung oder Besinnung.
Er allein hatte den rechten Weg gefunden und beschritten! Mochten die anderen an ihrer Ansicht festhalten und sich weiter aufs Beobachten beschränken, um den Dingen weitestgehend ihren Lauf zu lassen - er würde diese Dinge fortan in seinem Sinne richten! Dann würde sich schon weisen, wessen Mittel die geeigneten waren, um die Menschheit zur Vernunft zu bewegen!
Noch ehe die anderen Menschen des Stammes, durch den Lärm in der Hütte ihres Anführers alarmiert, heran waren und die Leichen Loorks und Jamahlias entdeckten, hatte Luzifer sich zurückgezogen. Nicht weit allerdings, und schon gar nicht kehrte er in die Sphäre der seinen zurück. Es gab für ihn noch etwas zu tun in dieser Nacht. Sie schien ihm wie geschaffen für ein weiteres Exempel -- der wahren Macht auf Erden!
*
So sehr ihn auch die Umstände beunruhigt hatten, Loorks Tod selbst bedauerte Zuru nicht im mindesten. Im Gegenteil war er fast froh darüber, denn irgend jemand hatte ihm damit nur erspart, den Stammesherrn selbst töten zu müssen. Denn irgendwann, dessen war Zuru sich gewiß, wäre es unvermeidlich geworden. Weil Loorks geheimer Plan ihm nicht gefallen hatte und er ihm nie gefolgt wäre.
Zuru hatte ihn rasch durchschaut. Schließlich zählte er zu dem kleinen Kreis erfahrener Krieger, denen Loork - jedem allein und von anderen unbeobachtet - angetragen hatte, unter seiner übergeordneten Herrschaft selbst zum Führer eines Stammes zu werden. Land und Gefolge wollte er ihnen verschaffen; im Gegenzug erwartete er von ihnen, daß sie einen Teil ihrer Ernten und Jagdbeuten an ihn abtraten. Unter Androhung des Todes hatte Loork jenen Männern verboten, diese heimliche Unterhaltung anderen gegenüber zu erwähnen.
Zuru hatte wenig Lust verspürt, auf Loorks Angebot einzugehen, bedeutete es doch nichts anderes, als daß er sich damit zu dessen Diener erniedrigt hätte. Einen eigenen Stamm hätte er freilich gern geführt, aber nicht unter Loorks Aufsicht.
Daß Loork den Tod nun aus eines anderen Hand empfangen hatte, enthob Zuru dieses Problems. Mehr noch - er führte Loorks Stamm nunmehr. Und er führte ihn in die Schlacht!
Die Wut und das Entsetzen, die Loorks Tod unter seinem Gefolge hervorgerufen hatte, waren für Zuru das geeignete Mittel gewesen, um die Stammesmitglieder auf sich
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