Inkarnationen
hatte seine Deckung durchschlagen, und immer wieder lief ihm Blut von der Stirn in die Augen und trübte seinen Blick. Daß er trotzdem nicht wirklich ernsthaft verletzt wurde, mochte zu einem Teil Glück sein; andererseits aber wertete Zuru es auch als Zeichen dafür, daß ihm die Rolle des Anführers bestimmt war.
Sein flüchtiges Grinsen fiel mit dem Knirschen zermalmter Knochen zusammen. Und schon hob er die mit Steinsplittern beschlagene Keule zum nächsten Schlag .
Derweil flog sein Blick über die Köpfe der um ihn her Kämpfenden. Er suchte den Führer der feindlichen Horde. Sich ihm zu stellen, war ihm Pflicht und Ehre in einem. Wenn es ihm gelang, den gegnerischen Herrn zu schlagen, dann mochten seine Getreuen die Gegenwehr einstellen und sich seiner, Zurus, Führung unterwerfen.
Da!
Der Helm, gefertigt aus dem Schädelknochen eines mächtigen gehörnten Tieres, war unverkennbar, ebenso das filzbärtige Gesicht darunter, das so verkrustet von Blut und Dreck war, daß die Augen wie weißleuchtende Ovale darin zu klaffen schienen.
Zuru änderte die Richtung seines Vorwärtspreschens und stand, nachdem er über die Leichen dreier Männer hinweggestiegen war, dem anderen gegenüber.
»Kämpfe!« brüllte Zuru ihn an.
»Wer bist du, daß du es wagst, mir die Stirn zu bieten?« dröhnte der andere. »Loork soll sich mir stellen - keiner sonst!«
»Tu nicht, als wüßtest du nicht von Loorks Tod«, knurrte Zuru. »Du selbst hast ihn befohlen!«
»Nichts dergleichen habe ich getan«, entgegnete der Wildbärtige. »Aber wenn er krepiert ist, soll's mir nur recht sein - ganz gleich, wer dafür gesorgt hat.«
»Rede nicht - kämpfe!« schrie Zuru. »Mit deinem Blut sollst du bezahlen für Loorks Tod!«
Tatsächlich war es Zuru gleich, ob der andere etwas mit Loorks Tod zu schaffen hatte. Aber es konnte ihm nur zum Vorteil gereichen, wenn die Männer ringsum meinten, er wäre bereit, sein Leben zu geben, um Loork zu rächen.
»Was soll's«, gab der Feind zurück. »Meiner Klinge schmeckt jedes Blut, durstig wie sie ist.«
Damit stieß er sein gewaltiges Schwert vor, so beiläufig und ohne jedes Anzeichen, das Zuru gewarnt hätte, daß die handbreite Klinge zielgenau dessen Herz aufgespießt hätte ...
... wäre sie nicht zwei Fingerbreiten davor zur Ruhe gekommen, so abrupt, als hätte ein unsichtbarer Panzer sie gestoppt!
Zuru wollte den Moment nutzen, um seinerseits die Klinge beiseite zu dreschen, um zugleich mit der Axt nach dem anderen zu schlagen. Etwas jedoch ließ ihn den bloßen Gedanken daran vergessen.
Rings um ihn her erstarb der Schlachtenlärm. Als hätte jeden einzelnen Mann eine plötzliche Lähmung befallen.
Erst jetzt bemerkte Zuru den riesenhaften Schatten, der sich über das Schlachtfeld gelegt hatte, wie von einer gewaltigen Wolkenbank und doch ungleich dunkler. Als wäre die Nacht selbst zurückgekehrt.
Wie auf ein geheimes Kommando hin wandten sich aller Blicke himmelwärts.
Stöhnen ging wie eine Woge durch das Meer der Krieger, steigerte sich zu dumpfem Wimmern, wurde lauter und lauter und brach schließlich an der Schwelle zu panischem Brüllen ab, als würden unsichtbare Knebel alle Münder verstopfen.
Allein Zuru brachte noch Worte hervor, und er besann sich auf etwas, das er lange vergessen hatte: »Allmächtiger Herr, steh uns bei .«
Die Antwort darauf wurde ihm und allen anderen direkt in den Kopf gesetzt, donnernd und brausend, so daß sie meinten, die Gewalt müßte ihnen den Schädel sprengen.
»Zu spät zur Reue!«
Brodelnde Feuerwolken quollen mit jedem Wort aus den riesigen Nüstern des Ungeheuers!
*
Keiner der Männer hatte je ein auch nur ähnliches Tier gesehen, wie es da über ihnen den Himmel verdunkelte. Und mehr noch - keiner hätte je geglaubt, daß es ein solches Un-tier überhaupt geben könnte!
Es trug das Schuppenkleid einer Echse, das Gehörn eines Widders, die Flügel eines Adlers. In seinem lippenlosen Maul, das so weit aufklaffte, daß es fünfzig der Männer auf einmal verschlingen konnte, schimmerten mehrere Reihe dornenspitzer Reißzähne, und ein Schlag des hornigen Schweifs mußte reichen, um sie allesamt aus dem Tal zu fegen.
Wieder sprach das Monstrum, und wieder begleitete Feuer seine Worte. Diesmal jedoch senkte es sich auf die starr stehenden Männer nieder und verbrannte zehn von ihnen auf der Stelle zu Asche!
»Ihr seid es nicht wert, Ihn um Hilfe anzurufen - nicht mehr und noch nicht!«
Wieder entstanden die Worte dröhnend
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