Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inkarnationen

Inkarnationen

Titel: Inkarnationen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
Vom Netzwerk:
Stammesführer nicht; er nahm ihn nicht einmal bewußt wahr. Denn etwas anderes lenkte seine ganze Aufmerksamkeit auf sich.
    Jemand.
    »Wer bist du?« Loorks Finger hatten sich längst um den Stiel der Streitaxt geschlossen, die er bei jeder Gelegenheit in Reichweite behielt. Dabei ließ er den jungen Burschen dort am Eingang keinen Moment aus den Augen. Er kannte ihn nicht, hatte ihn nie gesehen. So konnte der andere also nicht zu seinem stetig wachsenden Stamm gehören.
    Aber er wirkte trotz seines heimlichen und dreisten Auftritts auch nicht feindselig. Eher gleichgültig, und noch nicht einmal die vom Blut geschwärzte Waffe, die der nackte Krieger ihm entgegenreckte, konnte auch nur ein Zucken in seinem knabenhaft glatten Gesicht hervorrufen.
    Der Fremde strich sich eine Strähne seines dunklen Haars aus der hohen Stirn und sah mit einem Lächeln auf die Axt herab.
    »Du wirst sie nicht brauchen«, sagte er ruhig, und in kaum merklich schärferem Ton fügte er hinzu: »Leg sie weg.«
    Und Loork tat es! Augenblicklich, ohne zu zögern. Er beobachtete sich selbst dabei wie einen Fremden, und Verblüffung ließ seine Gesichtszüge entgleisen. Für einen Moment. Dann packte er die Waffe von neuem, fester diesmal und mit beiden Händen, und im Aufstehen hob er sie vor seine Brust, so daß die beinahe unterarmlange Schneide auf den Fremden wies.
    Ein dunkler Schatten wischte über das Gesicht des anderen, für einen so kurzen Moment, daß es auch eine Täuschung sein konnte.
    »Nun gut«, sagte er gepreßt, »wie du willst.«
    »Das hätte dir so gepaßt, he?« knurrte Loork, die Zähne fletschend wie der Wolf, dessen Haut er sich für den Kampf stets umzuhängen pflegte. Sein glühender Blick tastete die Gestalt des anderen ab, nach verborgenen Waffen suchend. Doch unter dessen schlichtem Ge-wand schien sich nichts dergleichen zu befinden.
    »Wer bist du?« wiederholte Loork seine Frage. »Und was willst du?«
    »Mein Name tut nichts zur Sache«, erwiderte der Jüngling, unverändert lächelnd. »Ich bin gekommen, um mit dir zu reden.«
    »Zu reden?« knirschte Loork. »Haben sie dich geschickt, um zu verhandeln? Wollen sie dich um ihr Leben winseln lassen? Dann spar dir die Mühe .«
    Der Fremde schüttelte sacht den Kopf.
    »Niemand hat mich geschickt. Ich bin aus freien Stücken hier. Aber wenn du versprichst, das Schlachten einzustellen, dann bin ich bereit, um jedes einzelne Leben auf dieser Welt zu - winseln, wie du es nennst.«
    »Warum sollte ich irgend jemanden verschonen, du Narr?« Loork lachte häßlich.
    »Weil einer den ersten Schritt tun muß.«
    »Den ersten Schritt wohin? In den Untergang? Pah!«
    Wieder verneinte der andere auf seine sanfte Art. »Den ersten Schritt hin zum rechten Weg.«
    Loork tat einen ersten Schritt - schleichend und drohend in einem. Er kam dem Fremden so nahe, daß die Axt schon fast dessen schlichtes Gewand berührte.
    »Der rechte Weg«, sagte er flammenden Blickes, »führt durch ein Meer von Blut - durch das Blut all jener, die mir und den meinen im Wege stehen!«
    Bislang hatte nur der Widerschein der Flammen, die in der Hütte wie auch draußen zwischen den anderen flackerten, den Zügen des Fremden die Ahnung von Bewegung eingehaucht.
    Jetzt rührte sich etwas anderes darin; etwas, das Loork für mühsam bezwungenen Zorn gehalten hätte, wäre das Verhalten des seltsamen Jünglings bisher nicht so sanftmütig und fast schon ansteckend friedlich gewesen.
    Die Stimme des anderen indes wurde eher noch ruhiger als zuvor.
    »Niemand steht dir im Wege«, sagte er, so bestimmt, daß aller Widerstand in Loork ersterben wollte, weil die Überzeugung des anderen zu seiner eigenen zu werden schien. »Diese Welt ist groß genug für alle.«
    Seine Augen kamen dem kriegerischen Stammesführer mit einemmal vor wie dunkle Seen, immer größer werdend und eine eigentümliche Kraft ausstrahlend, die nach ihm griff und ihn hinabziehen wollte auf den Grund dieser Seen, tief und immer tiefer - »Nein!« Aufbrüllend wich Loork zurück. »Ich weiß nicht, welcher Art die Macht ist, die du nutzt. Aber ich werde sie dir austreiben! Und dann werde ich dich in kleinen Teilen zu jenen schleifen, die dich geschickt haben - um sie mit deinen Eingeweiden zu ersticken!«
    Sein Hieb mit dem Axtstiel kam so schnell, daß der andere nicht mehr ausweichen konnte. Die Haut über seiner Schläfe platzte auf, doch als er im Staub lag, fand Loork kein Blut, das aus der Wunde getreten wäre, sondern - -

Weitere Kostenlose Bücher