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Inkasso Mosel

Titel: Inkasso Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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voranschritt und in dem Gewimmel aus Schläuchen, Kabeln, blinkenden Geräten und Menschen verschwand. Was für eine hilfsbereite Welt, in der er lebte. Ein gewaltiger Aufwand an Menschen und Maschinen wurde hier betrieben, und noch immer kam Verstärkung.
    »Was ist das?«, rief Walde in eine nur Sekunden währende ruhige Phase hinein.
    »Wir versuchen es mit der Rettungsschere«, antwortete ihm einer der Feuerwehrleute, der sich im Bereich der Lampen aufhielt. »Aber das bringt wahrscheinlich nicht viel. Wir brauchen erst den Kran.«
    »Was für einen Kran?«
    »Um den hier freizuziehen.« Der Mann zeigte auf das dunkle Ungetüm, das sich gekrümmt wie ein gestrandeter Pottwal mit abgeknicktem Führerhaus vor ihnen erhob. »Ein Glück, dass er nicht Feuer gefangen hat.« Wieder zerriss das Geheul der Rettungsschere die Luft und fuhr Walde in die Eingeweide.
    »Da vorn ist nichts mehr zu machen«, schrie ihm der Feuerwehrmann zu.
    Unter der Plane des Sattelschleppers sickerte eine rote Flüssigkeit hervor. Der Mann war Waldes Blick gefolgt: »Der hat Erdbeeren oder sonst was geladen. Das gibt eine Riesensauerei.«
    »Hallo«, grüßte jemand, der mit einer Kamera in der Hand vorbeieilte. Walde folgte ihm, konnte aber nicht mit ihm Schritt halten, weil er entgegenkommende Leute vorbeilassen musste. Vor ihm flackerten Blitzlichter auf. Walde sah für Sekundenbruchteile in eine Mulde, wo sich umgestürzte Bäume über Styropor und zerfetzte Kunststoffteile türmten. Hier roch es stechend nach Diesel.
    »Schöne Scheiße.« Gabi kam ihm entgegen und zog ihn am Arm mit sich zurück. »Da vorn klebt nur noch ein Klumpen an den Bäumen. Der Lkw-Fahrer soll noch leben.« Gabi blieb stehen und versuchte, sich eine Zigarette anzuzünden.
    »He, lassen Sie das!«, fuhr einer der Feuerwehrleute sie an.
    »Klar Mann, ist okay«, versuchte ihn Gabi zu beruhigen. Sie nahm wieder Waldes Arm und sagte: »So wie ich das mitbekommen habe, müssen sie erst mal den ganzen Sattelschlepper entladen. Erst dann können sie das Führerhaus und das, was davor hängt, aus den Bäumen ziehen.«
    »Das dauert aber seine Zeit. Und was ist mit dem Fahrer und denjenigen aus dem Wohnmobil?«
    »Die Notärzte versuchen, den Fahrer am Leben zu erhalten. Von weiteren Überlebenden weiß ich nichts.«
    Sie waren wieder bei dem verbeulten Wagen angelangt. Gabi blieb stehen und zündete sich die Zigarette an. »Hast du was zu schreiben dabei?«
    Walde schüttelte den Kopf.
    »Dann merk dir die Nummer«, sie zeigte auf das Kennzeichen. »Der war wohl Olgas letzter Freier.«
    »Bist du sicher?«
    »Was denn sonst? Bei dem Nebel und der Dunkelheit ist wohl kaum mehr ein Jogger im Wald unterwegs.«
    »Vielleicht hat er sein Auto hier abgestellt, weil er eine Panne hatte oder mit jemand anderem weitergefahren ist.«
    »Wir werden sehen.«
    Am Wagen überholte sie der Fotograf von vorhin, den Walde erst jetzt erkannte.
    »Hallo, Rob!«, grüßte ihn Gabi.
    »Hallo, zusammen«, grüßte er zurück und ging zu einem Motorrad, wo er die Kamera in einer der Seitentaschen verstaute.
    *
    Gabi wendete ihren Z3 und fuhr den Berg hinunter in Richtung Innenstadt.
    »Fahren wir noch über Euren?«, fragte Walde. Im selben Moment wurde er nach vorn geschleudert, weil Gabi hart auf die Bremse trat. Ein Sattelschlepper brauste mit quietschenden Reifen, unbehelligt von den zahlreichen Polizisten, an der Unfallstelle vorbei, abwärts in Richtung Stadt.
    »Hast du den gesehen?«, entrüstete sich Gabi. »Den müsste man aus seiner Kutsche ziehen und dazu verdonnern, beim Bergen seines Kollegen, der da vorn im Wald liegt, zu helfen.«
    Nach einer Weile fragte sie: »Wohin willst du in Euren?«
    »Zu Richter Harras.«
    »Was willst du um diese Zeit noch da.« Gabi fuhr über die Geradeaus-Spur der längst auf Rot gesprungenen Ampel an der Kaiser-Wilhelm-Brücke.
    »Ich möchte nur nach Harras sehen. Erst die Sache mit seiner Tochter, dann der Skandal mit der Freilassung der Erpresser. Das ist auch für einen erfahrenen Richter ein bisschen viel auf einmal.«
     
    Walde schien es, als stünden in der Straße vor Richter Harras’ Haus die Autos noch enger als sonst. Kölner und Mainzer Kennzeichen waren darunter. Die Auffahrt war zugeparkt. Dahinter belagerte eine Gruppe dunkler Gestalten den kleinen Weg, hinter dem Harras’ Haus vollkommen im Dunkeln lag.
    »Der Justizskandal scheint sich herumgesprochen zu haben.«
    »Das wird in der ganzen Bundesrepublik ein Thema

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