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Inkasso Mosel

Titel: Inkasso Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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das Schrankinnere, zog die beiden Schubladen heraus, konnte aber nichts entdecken.
    Ratlos rief er erneut bei Karl an und berichtete ihm, dass er vermutlich eine Schnappkonstruktion gelöst hatte.
    »Da kann eine dritte, ganz schmale Schublade zwischen den beiden anderen sein«, sagte Karl ohne Zögern. »Versuch’ mal, vorne am Beschlag zu ziehen.«
    Als Walde die schmale, viereckige Verzierung zwischen den beiden Schubladen fest mit der Hand packte, ließ sie sich mühelos herausziehen. Eine lange, schmale Schublade kam zum Vorschein. Bingo! Darin lag ein dicker Umschlag.
    »Hallo, hallo …«, rief Karl aus dem Telefon.
    »Sorry.« Walde hatte vergessen, dass Karl noch in der Leitung war. »Danke, es hat geklappt.«
    »Und was ist drin?«
    »Ein verschlossener Umschlag, danke, ich melde mich wieder.« Er hatte Karl einerseits nicht belügen müssen, anderseits war er auch nicht dazu verpflichtet, ihm zu erzählen, was er gefunden hatte. Er riss den Papierumschlag auf. Darin fand er Kontoauszüge und Vermögensaufstellungen einer Luxemburger Bank. Sie beliefen sich auf knapp vier Millionen Euro. Walde vergaß für einen Moment zu atmen.
    »Oooh«, staunte er laut.
    Das war es also, was Balzer hatte holen wollen! Den Rechner hatte er nur als Ablenkungsmanöver angeschaltet.
     
    Auf dem Rückweg zur Innenstadt rief er im Kommissariat an und erfuhr, dass Gabi unterwegs war. Walde parkte im Hof des Präsidiums. Den Umschlag ließ er im Handschuhfach. An der Pforte gab er Hannas Schlüssel mit der Bitte ab, diese an Gabi weiterzuleiten. Er schlug die kürzeste Strecke zur Fußgängerzone ein. Auf der Suche nach etwas Essbarem schaute er in die in den letzten Jahren immer zahlreicher gewordenen Läden mit Fertiggerichten aller Art, Schwenkbraten im Brötchen, Döner, Fritten, Sandwiches, Pizzas, Salate und Fisch … Während er noch zwischen Döner und Pizza schwankte, betrat er spontan das Uhrmachergeschäft, in dem ein Freund seines Vaters seit Jahrzehnten hinter dem Ladentisch saß. Walde brauchte nur wenige Minuten zu warten, bis seine Uhr wieder in Gang gesetzt war und ein neues Glas erhalten hatte.
    Am Hauptmarkt gaben ihm die Gerüche des Weihnachtsmarktes endgültig den Rest. Ihm war klar, dass er sich trotz des enormen Andrangs von hier nicht weg bewegen würde, ohne etwas gegessen zu haben.
    Als Walde sich das Fett der Kartoffelpuffer mit einer Serviette von den Mundwinkeln tupfte, tauchte Jo aus der Menschenmenge auf. Er hielt zwei Becher in der Hand, reichte ihm einen davon und prostete ihm zu: »A votre santé!«
    Walde spürte die Wärme in seiner Hand. Er stieß mit Jo an und verbrannte sich an dem heißen Glühwein die Oberlippe. Jo nippte an seinem Getränk und verzog das Gesicht. Er nahm Walde den Becher aus der Hand: »So einen Dreck trinken wir nicht. Wir nennen uns Moselmetropole und Weinstadt und dann wird den Gästen so was angeboten. Pfui Deibel!«
    Jo verschwand in der Menge. Keine Minute später war er wieder zurück.
    »Und, hast du dein Geld zurückbekommen?«, fragte Walde.
    »Ohne Widerrede. Ich habe ihnen gedroht, die Brühe in meinem Labor untersuchen zu lassen.«
    »Wusste ichs doch!« Uli hatte sich unbemerkt durch das Gedränge an sie herangepirscht. »Euer Geld tragt ihr zur Konkurrenz. Zu mir kommt ihr nur, wenn ihr anschreiben lassen wollt.«
    »Ich glaube, da verwechselst du etwas«, entgegnete Jo. »Du bist hier derjenige, der bei den Druckereien anschreiben lässt, und dafür werden unschuldige Staatsbedienstete verhauen.«
    »Das tut mir wirklich Leid, ich möchte gar nicht hinsehen«, Uli schien geknickt. »Ich konnte ja nicht ahnen, dass dieser Roth gleich einen Killer schickt, nur weil ich ein, zwei Druckrechnungen schuldig bin.«
    »Und in deiner Gerüchteküche ist diese Inkassofirma nicht wieder aufgetaucht?«
    »Nein, ich hab’ mir aber vorsichtshalber einen dicken Knüppel unter die Theke gelegt, falls er wiederkommen sollte.«
    »Wisst ihr was? Ich lade euch zu einem kleinen Umtrunk in meine karge Amtsstube ein. Wir sollten uns nur unterwegs ein wenig Brot besorgen«, sagte Jo.
    »Das mache ich«, bot Uli an. »Ich bin gleich zurück.«
     
    Es wurde ein ausgiebiger Umtrunk, zu dem Jo in den Konferenzraum seiner in feierabendlichem Frieden schlummernden Büros geladen hatte. Auf einem langen Tisch standen Dutzende von Weinflaschen, die es bis zur Endausscheidung einer Blindverkostung zur Silbernen und Goldenen Kammerpreismünze geschafft hatten. Jo hatte die grünen

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