Inkasso Mosel
gleichen Volvo hatten wir früher auch, also meine erste Frau, das war eine ideale Familienkutsche, als die Kinder noch klein waren. Heute gibt’s ja auch bei uns in Europa die Vans. Ich bin damals eine Corvette gefahren. Die rostet da drüben im Schuppen vor sich hin.« Schaffreck sah zum dunklen Himmel auf. »Darf ich Sie auf einen Kaffee in meine Hütte bitten?«
Die beiden nickten und folgten dem Richter, der Gabi einen Arm anbot und sich mit ihr in der trockenen Mitte des Weges hielt. Er bemerkte, dass die Besucher neugierig in die offenen Schuppen sahen. »Schaffreck, nomen est omen, ich muss schaffen und mich recken. Sich regen bringt Segen.«
»Und sich recken setzt manchen in Schrecken.« Gabi knuffte den Richter in die Seite.
Schaffreck wies auf das chromblitzende Gestänge vor der Kühlerhaube des Dodge. »Der Bullentreiber kommt weg, obwohl ich das Teil, im Gegensatz zu den ganzen Dämlacken, die mit ihren Offroads nur in der Stadt herumkutschieren wirklich gebrauchen kann. Aber ich tausche selbstverständlich lieber ein kaputtes Scheinwerferglas aus als Schuld daran zu sein, dass ein Kind durch dieses Ding verletzt wird.«
In der Holzhütte empfing sie wohlige Wärme. Der Richter entledigte sich gleich neben der Eingangstür seiner Stiefel, Walde zog ebenfalls seine Schuhe aus und sah sich um. Ein großer Raum öffnete sich vor ihm, der ganz und gar nicht seinen Erwartungen entsprach. Außer den Terrakottafliesen, die sich unter seinen Strümpfen warm anfühlten, und einer Holztreppe zu einer Galerie, schien ihm das Mobiliar in Küche und Wohnzimmer ausschließlich aus extravaganten Designermöbeln zu bestehen.
In einem mitten im Raum stehenden Ofen prasselte ein Holzfeuer hinter einer Glasscheibe.
»Ich zähle mich zu den Lustheizern, die meiste Wärme kommt von der Fußbodenheizung, aber ich hab’ das gerne, wenn ein Feuer brennt.«
Gabi hatte ebenfalls ihre Schuhe neben die Tür gestellt und rieb sich nun vor dem Ofen die Hände. Das Mahlgeräusch der Kaffeemaschine ließ sie in der Bewegung innehalten.
Sie wurden an einen Esstisch geführt, wo die weit auseinander stehenden schwarzstählernen Lehnen der Stühle in einem Missverhältnis zu den kleinen Sitzflächen zu stehen schienen. Als Walde sich setzte, fand er sie weit bequemer, als er gedacht hatte.
»Meine Frau hat die ausgesucht«, sagte Schaffreck, als habe er Waldes Gedanken gelesen.
»Nummer eins?«, fragte Gabi.
Schaffreck lächelte: »Nein, die hat Susan gekauft, meine zweite Frau.« Der Richter prostete den Besuchern mit seinem Kaffeebecher zu, auf dem von kleinen Herzen eingerahmt ,honey’ stand. »Sie ist zur Zeit bei ihren Leuten in Amerika zu Besuch. Um diese Jahreszeit wäre ich auch lieber in Kalifornien. Statt hier auf die Pirsch zu gehen.«
Walde verschluckte sich am Kaffee: »Wie bitte?«
»Das hier ist mein Jagdrevier.« Der Richter stellte seine Kaffeetasse auf die Tischplatte. »Das Haus ist sozusagen meine Jagdhütte.«
Walde schaute sich um. Kein Geweih oder sonstige Jagdtrophäen waren zu sehen.
»Bitte betrachten Sie unsere Zusammenkunft als rein informelles Treffen«, Gabi roch anerkennend an dem von Schaffreck angebotenen Zigarillo, bevor sie ihn anzündete. »Harras’ Tochter ist getötet worden.«
»Deshalb sind Sie gekommen?«
Gabi nickte.
»Harras und ich kennen uns schon seit vielen Jahren. Wir haben uns auch ab und an bei einer Tagung in der Richterakademie in Trier getroffen und jedes Mal einen zusammen gebechert. Schließlich wurde er mein Kunde.«
»Kunde?«
»Ja, was mein Holzgeschäft angeht. Sie sehen ja selbst, ich fabriziere eine Menge Kleinholz. Das ist neben der Jagd ein guter Ausgleich für meinen Schreibtischjob. Frische Luft, Bewegung, das hält mich fit, so kriege ich den Kopf frei.«
Walde beobachtete, wie der Rauch der Zigarillos nach oben zur Galerie zog.
»Und seine Tochter?«, Gabi produzierte einen Rauchring.
»Hanna war ein hübsches Mädchen. Sie war in einer meiner Vorlesungen.«
»Hat sie ihr Studium ernst genommen?«
Schaffreck nickte: »Soweit ich das beurteilen kann, ja. Sie hat, nachdem der Kontakt zum Vater abgebrochen war, dessen Freunde in Sippenhaft genommen.«
»Was sie nicht davon abgehalten hat, sich von Ihnen nach Hause bringen zu lassen.«
»Ich sehe, Sie haben Ihre Hausaufgaben gemacht.« Schaffreck fuhr mit der Hand am Rand des Aschenbechers vorbei und drehte ihn dabei um 180 Grad. Seine Augen zuckten hin und her, als denke er angestrengt
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