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Inkasso Mosel

Titel: Inkasso Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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Papierhauben von den Flaschenhälsen gezogen und ein Sortiment zusammengestellt, das er nun mit seinen Freunden probierte.
    Uli hatte neben Brot auch Käse und Oliven aus der Gerüchteküche beigesteuert. Jo war zwar der Ansicht, der Geschmack des Weines könne durch die dazu genossenen Oliven und den Käse nicht mehr exakt eingeschätzt werden, griff aber dennoch kräftig zu. Schließlich war die Preisvergabe bereits gegen Mittag entschieden worden.
    »Übrigens hab’ ich noch einen weiteren Grund zum Feiern«, Jo hatte den Mund voller Oliven. »Ihr sitzt vor dem zukünftigen Weinpreisträger der Stadt Trier.«
    »Gratulation und Prost«, Walde stieß mit ihm an.
    Uli erhob ebenfalls sein Glas: »Was dich angeht, ist der Preis zwar schon längst überfällig, aber schön, dass du ihn doch noch kriegst. Wenn man bedenkt, welche Leute die letzten Preisträger waren und was für fadenscheinige Begründungen dafür in die Mikrofone gelogen wurden, wird der Preis durch dich wieder aufgewertet.«
    »Das hast du schön gesagt, mein Freund und Seelentröster.« Jo stopfte sich weitere Oliven in den Mund.
    »Stimmt es, dass die Trierer Weinkönigin von einer Handvoll Winzer aus Olewig gewählt wird?«, fragte Walde.
    »Die längst nicht mehr genug Töchter haben, um das Kontingent stellen zu können«, Uli hielt ein Glas gegen das Licht.
     
    Walde tippte eine Nummer in sein Telefon. »Bei euch zu Hause meldet sich niemand, wo können Doris und Marie sein?«
    »Vielleicht im Garten.«
    »Was wollen die im Dezember im Garten?«
    »Weiß ich doch nicht, da musst du sie am besten selbst fragen.«
    Walde schüttelte resigniert den Kopf: »Hast du die Handynummer von Marie?«
    »Klar hab’ ich die, aber sie hat das Handy fast nie eingeschaltet.«
    Walde versuchte es und geriet prompt an die Mailbox.
    »In welches Krankenhaus wolltet ihr eigentlich, falls es mit dem Baby soweit ist?«
    Diese Bemerkung raubte Walde den letzten Nerv. Er sprang auf und stürmte grußlos aus dem Zimmer.
    »Soll ich dich fahren«, rief Jo hinter ihm her.
    »Blödmann, du hast weder Auto, noch Führerschein!«
    *
    Den Weg zum Krankenhaus legte er im Laufschritt zurück. Dort angekommen, stürmte er die Treppen hinauf. Immer wieder tauchte das Bild vor ihm auf, wie eine Säuglingsschwester ihm seine Tochter zeigte. Völlig außer Atem und nass geschwitzt gelangte er zu der Tür mit der Aufschrift ›Geburtshilfe‹. Hinter der Tür war alles anders, als er es sich vorgestellt hatte. Walde stand für einen Moment keuchend auf dem menschenleeren Gang und blickte sich um. Hier war kein runder Saal, wie er vermutet hatte, sondern ein langer Flur mit vielen Schiebetüren, die meisten mit Milchglasfüllungen.
    Der laute Schrei einer Frau fuhr ihm wie ein Stich ins Rückenmark. Er konnte nicht sagen, ob es Doris war. So laut hatte er sie noch nie schreien hören.
    Erst verharrte er wie angewurzelt auf dem Gang, dann glaubte er, nacheinander alle Türen aufreißen zu müssen, um nach Doris zu suchen.
    Weit hinten im Flur erschien der Kopf von Marie, die ihn heranwinkte. Walde eilte zu ihr.
    »Keine Panik, du brauchst nicht so zu hetzen«, versuchte sie ihn zu beruhigen.
    Doris lag auf einem Krankenbett in einem winzigen Behandlungszimmer. Kabel verbanden sie mit einem Gerät, das verschieden hohe Töne, als trabe ein Pferd über eine Holzbrücke, von sich gab und gleichzeitig Kurven auf eine Endlosrolle Papier aufzeichnete.
    »Mach’ nicht so ein Gesicht«, begrüßte ihn Doris, als Walde sich zu einem Kuss über sie beugte. »Außer ein paar Wehen ist noch nichts passiert.«
    »Und der geplatzten Fruchtblase«, ergänzte Marie, die Walde den Stuhl am Bett überließ. »So, ich lasse die werdende Familie jetzt mal allein.«
    »Vielen Dank, Marie, sobald sich etwas getan hat, wirst du es als Erste erfahren.« Doris schloss die Augen und hielt die Luft an, nach einer Weile schaute sie auf die Uhr: »Die letzte Wehe war vor drei Minuten.«
    »Was heißt das?«
    »Es kann noch dauern. Der Muttermund ist noch nicht weit genug geöffnet. Das Gerät hier zeichnet die Wehen auf. Was du da hörst, sind die Herztöne des Kindes.«
    »Sind die nicht viel zu schnell?«
    »Nein, alles in Ordnung, sagt die Hebamme.« Doris stöhnte auf. Ihr Atem verlor den Rhythmus.
    »Ich fürchtete schon, du wärst das, die da eben so geschrien hat«, sagte Walde und betrachtete den hohen Ausschlag, den das Gerät aufzeichnete.
    »Nein, es sind noch zwei Geburten im Gang.«
    Eine

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