Inkasso Mosel
nach. »Sie hat bei mir mit der Zeit ihre starre Haltung aufgegeben.«
»Ah, ja.« Gabi sah ihn an.
»Fragen Sie mich jetzt nach einem Alibi?«, fragte Schaffreck.
»Haben Sie eins für Dienstagabend, den 19- November?«, entgegnete Gabi.
Der Professor drehte wieder am Aschenbecher. »Da müsste ich in meinem Terminkalender nachsehen. Den habe ich in meinem Büro in Koblenz liegen, aber ich bin mir sicher, dass ich nicht in Trier war.«
»Wissen Sie, warum es zum Streit zwischen Harras und seiner Tochter gekommen ist?«, fragte Walde.
»Ich glaube, das hing mit einem von Hannas neuen Freunden zusammen.«
»Einem Studenten?«
Schaffreck schüttelte den Kopf: »Das entzieht sich meiner Kenntnis.«
»Wirkte Ihr Kollege in letzter Zeit verändert?«, fragte Walde.
»Ich hab’ ihn zuletzt getroffen, als das mit Hanna schon passiert war.«
»Und die Geschichte mit den freigelassenen Geiselgangstern, die Harras angeblich verbummelt haben soll. Hat Harras eventuell angedeutet, dass er erpresst wurde?«
Schaffrecks Haltung veränderte sich kaum merklich, dennoch hatte Walde den Ruck registriert, der den Professor bei Gabis Frage durchfuhr.
»Vorsicht, ich glaube, hier müssen wir das Gespräch leider abbrechen. Es hat mich gefreut, dass Sie gekommen sind, bitte trinken Sie den Kaffee in Ruhe aus und dann muss ich Sie bitten zu gehen.«
Gabi legte ihre Karte auf den Tisch: »Denken Sie daran, mich anzurufen, wenn Sie Ihren Terminkalender wieder zur Hand haben.«
*
Auf der Rückfahrt sprachen sie bis Wittlich kein Wort miteinander. Dann platzte es aus Walde heraus: »Hast du noch nie etwas von richterlicher Unabhängigkeit gehört? Da kann doch nicht ein Polizist kommen und peinliche Fragen stellen.«
»Er selbst hat doch genickt, als ich sagte, dass alles nur informell ist.«
»Ein wenig mehr Feingefühl und wir hätten vielleicht mehr aus Schaffreck herausholen können.« Walde ärgerte sich. Wie konnte Gabi nur so unsensibel mit der Tür ins Haus fallen. Wenn Harras seinem Koblenzer Kollegen wirklich erzählt haben sollte, dass er erpresst wurde, dann hätte Schaffreck nie und nimmer die beiden Geiselgangster auf freien Fuß setzen dürfen. Es sei denn, er wollte seinen Trierer Kollegen damit vor den Gangstern schützen.
Kurz vor Trier rief er bei Doris an. Sie war gerade erst bei Marie eingetroffen. Walde setzte Gabi am Präsidium ab und ließ seinen Wagen auf dem Hof stehen. Mit einem Mal verspürte er Hunger. Seit dem Frühstück hatte er nichts mehr gegessen.
Als er sich zu Fuß zur Innenstadt aufmachen wollte, kamen Meier und Grabbe auf den Hof gefahren.
Er wartete, bis die beiden aus dem Wagen stiegen. Walde unterließ es, nach dem Grund für Grabbes Gesichtsblässe zu fragen.
»Eine der ekligsten Leichen, die mir bisher untergekommen sind.« Grabbe verzog angewidert das Gesicht. »Klarer Suizid. Ich weiß nicht, warum die Dauner uns gerufen haben. Wir haben gerade noch einen Abstecher zum Gefängnis in der Gottbillstraße gemacht.«
»Und was macht Balzer?«
»Er hat sein Essen beim Le Coque Rouge bestellt, aber bisher noch nichts von dort bekommen. Gestern trug er Anzug und Krawatte und bestand auf Einzelhofgang. Die anderen Häftlinge haben ihn aus den Zellenfenstern mit Essensresten beworfen. Heute hat er am Sport teilgenommen und einem Mithäftling einen so brutalen Bodycheck verpasst, dass der in die Krankenstation musste.«
»Wie steht es mit Besuch?«
»Bisher niemand, nicht mal Haupenberg.«
»Und den Mund macht er immer noch nicht auf«, sagte Meier und schlurfte zum Eingang. Grabbe wollte ihm folgen, wurde aber von Walde aufgehalten. »Habt ihr schon rausgefunden, was Balzer in Hanna Harras’ Wohnung wollte?«
»Ich hab’ in der Nacht zum Sonntag ihren Rechner auf den Kopf gestellt.« Grabbe schüttelte den Kopf. »Nichts.«
»Hast du die Schlüssel zu ihrer Wohnung?«
»Die hat Gabi.«
»Was willst du denn damit?« Gabi zog eine Schublade auf, nahm ein Notizbuch heraus, unter dem sie die Schlüssel fand, und reichte sie Walde.
»Vielleicht hat Balzer gar nicht nach etwas in Hannas Rechner gesucht. Kann ich auch das Notizbuch haben?«, fragte Walde.
»Das nimmst du aber nicht mit!«, Gabi hob den Zeigefinger und schaute ihn streng an wie die Lehrerin einen Grundschüler. »Hannas Terminkalender bleibt hier im Haus!«
»Was ist mit dem Alibi von Karla?«
»Welcher Karla?«
»Rolands Tübinger Freundin.«
»Sie hat tatsächlich zu Protokoll gegeben, dass Sie am
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