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Inmitten der Unendlichkeit

Inmitten der Unendlichkeit

Titel: Inmitten der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gerrold
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sind? Sie sind im Augenblick noch gar nichts, Brik. Jedenfalls nach menschlichen Maßstäben. Was ich damit sagen will ist, daß die meisten Menschen sie sexuell als minderbemittelt betrachten würden.«
    »Womit sie recht hätten«, erwiderte Brik verständnislos. »Morthaner haben keinen Sex.«
    Bach musterte Brik mit eigenartigen Blicken. »Stimmt das wirklich? Oder glauben Sie das nur?«
    »Es stimmt wirklich«, erwiderte Brik kühl. Sein Ton machte unmißverständlich klar, daß er das Thema nicht weiter zu verfolgen wünschte.
    »Und… und das macht Ihnen überhaupt nichts aus?«
    »Nein. Warum? Sollte es?«
    »Sie haben nicht das Gefühl, daß Ihnen etwas fehlt? Sie fühlen sich nicht betrogen?«
    »Sex und seine Auswirkungen auf Menschen scheint eine sehr vertrackte Angelegenheit zu sein. Ich bin froh, daß ich nichts damit zu tun habe.«
    »Es ist überhaupt nicht vertrackt«, fing Bach an, doch dann unterbrach sie sich wieder: »Tatsächlich ist es sogar eine sehr schöne Angelegenheit.«
    »Schön? Sie machen wohl Witze? Die Art und Weise, wie einige Menschen dieser Aktivität nachgehen, läßt mich nicht eben an das Wort ›schön‹ denken. ›Besessen‹ paßt da schon eher.«
    »Nein«, widersprach Bach. »Sex ist nur ein Ausdruck dessen, was Menschen wirklich suchen. Was sie wirklich brauchen, das ist Liebe. Und einige von uns haben sogar das Glück, ihre große Liebe zu finden. Aber es sind nicht sehr viele. Gerade genug, um den Rest von uns weiter hoffen zu lassen.« Die letzten Worte besaßen einen sarkastischen Klang, und Bach lächelte selbstverächtlich.
    Brik akzeptierte ihre Erklärung. »Liebe. Das bedeutet auch Vertrauen, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Kein Wunder, daß es in den menschlichen Beziehungen von Betrug nur so wimmelt.«
    Bach seufzte. Sie machte Anstalten, sich zu erheben.
    »Sie wollen gehen? Warum?« fragte Brik verwirrt.
    Bach sah ihn unglücklich an und wischte einen unsichtbaren Fussel von ihrer Uniform. »Weil… weil… weil ich beinahe etwas gesagt hätte, das Sie wahrscheinlich beleidigen würde. Ich glaube, es ist einfacher, wenn ich jetzt gehe.«
    »Sagen Sie es!« forderte Brik.
    »Sind Sie sicher?« Bach blickte ihn zweifelnd an.
    »Sagen Sie es!«
    »In Ordnung. Die Wahrheit ist, daß Sie mir leid tun, Mister Brik. Nicht zu wissen, was Liebe ist. Das ist die traurigste Sache, von der ich je gehört habe. Ein Mensch kann ohne Sex leben, viele tun das sogar – aber ohne Liebe? Das ist eine ganz besondere Art von Hölle. Es ist etwas, das ich lieber nicht über Sie erfahren hätte. Es macht es mir sehr schwer, Sie… was ich sagen will: Sie verdienen, daß man Sie liebt. Jeder verdient, daß man ihn liebt.«
    Brik zeigte keine sichtbare Reaktion. Nach einer Weile erwiderte er steif: »In Ihren Worten ist Mitleid zu hören. Als wären Sie die Überlegene von uns beiden. Als wäre ich der Unterlegene und ein Versager.« Er erhob sich und ragte über Bach auf. »In Wahrheit verstehen Sie gar nichts. Sie sind in Ihrer eigenen Erfahrungswelt gefangen. Sie können nicht wissen, welch eine Ehre und welch ein Privileg es ist, ein Morthaner zu sein. Sie werden es niemals verstehen. Und aus diesem Grund sind Sie selbst es, die Mitleid verdient. Sie sind nur ein Mensch und Sklave Ihrer Hormone. Ich nicht. Ich bin von uns beiden derjenige, der wirklich frei ist.«
    »Wenn Sie meinen«, entgegnete Bach. »Glauben Sie es oder nicht – für mich war unsere Unterhaltung sehr produktiv. Weil ich jetzt endlich verstehe, wie weit der Spalt zwischen uns klafft.« An der Tür blieb sie noch einmal stehen. »Vielen Dank für Ihre Aufrichtigkeit.« Sonst sagte sie nichts mehr.
    Hinter ihr fuhr die Tür zischend ins Schloß. Brik starrte einen Augenblick auf den Ausgang, dann setzte er sich wieder. Sie hatte nichts mehr gesagt. Er hatte keine Ahnung, was sie hätte sagen sollen, aber er spürte, daß etwas fehlte. Vielleicht eine Bemerkung, daß ihr die Unterhaltung gefallen hatte? Oder vielleicht eine Art Einladung, das Gespräch irgendwann fortzusetzen? Er war sicher, daß sie sich über irgend etwas ziemlich ärgerte – trotz der scheinbaren Höflichkeit, mit der sie sich verabschiedet hatte.
    Menschen!
    Er würde in der kommenden Nacht schon wieder nicht vernünftig schlafen können.

 
Gamma
     
     
    Quilla Gamma war eine magere blauhäutige Frau, die so streng wie ein Mann aussah und wahrscheinlich auch genauso stark war. Armstrong wollte sich nicht mehr auf neue Spekulationen

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