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Innenhafen

Innenhafen

Titel: Innenhafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Sternberg
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ungeduldiges Stakkato auf den Schreibtisch.
    »Matzek sagt man übrigens Verbindungen zur lettischen Mafia nach. Und Zirkow hat keinen Bruder.« Kurz fasste ich die Informationen zusammen, die ich über das Auskunftssystem gefunden hatte.
    »Auch das noch. Das würde allerdings den wenig zimperlichen Umgang mit Kurt und vermutlich auch Irina erklären. Trotzdem ist immer noch nicht klar, worum es hier genau geht. Und du hast recht, die unterschiedlichen Methoden geben mir zu denken«, grübelte Volker weiter.
    »Vielleicht war es gar nicht der gleiche Täter?«, warf ich flapsig ein.
    »Glaub ich nicht, ehrlich. Zu viele Köche verderben den Brei. Es muss einen anderen Grund geben.«
    Wir schwiegen erneut.
    »Gibt’s eigentlich einen Unterschied zwischen der Explosion einer Handgranate und der einer Bombe? Ich meine in Sachen Schlagkraft oder so?«, fragte Volker schließlich.
    »Keine Ahnung. Vom Resultat her fliegen bei beiden die Fetzen.«
    »Mit anderen Worten, da war nicht mehr viel übrig, um identifiziert werden zu können.«
    »Genau. Sie haben DNA gefunden, aber nicht gerade viel. Da waren Zähne und auch eine Zahnprothese, die schlussendlich zum Ziel geführt haben. Sie wurden neben dem ausgebrannten Wagen im Gras gefunden, noch ziemlich intakt. Kurts Zahnarzt hat sie identifiziert.«
    »Scheiße. So einen Tod hat keiner verdient.«
    Autobombe … Handgranate … Ich trommelte weiter einen unruhigen Rhythmus auf den Schreibtisch. Handgranate … Autobombe … Das passte nicht. Der gleiche Täter, das andere Vorgehen. Aber was passte dann? Gleicher Täter, ähnliches Vorgehen. Und wenn die Handgranate feststand, dann … »Oder es war bei Kurt doch keine Autobombe mit Fernzünder, sondern irgendein anderer Sprengstoff. Dynamit zum Beispiel«, sagte ich zweifelnd.
    Erst als ich den Hörer auflegte, traute ich mich, diesen Gedanken konsequent zu Ende zu denken.
    * * *
    »Du hast doch erzählt, dass du aus einer Familie kommst, die mehrere Generationen im Bergbau gearbeitet hat«, fiel ich mit der Tür ins Haus.
    »Stimmt«, bestätigte Schiller. »Mein Vater war Steiger.«
    »Und dein Großvater?«
    »Sprengmeister war er«, sagte Schiller stolz.
    »Und du hast die Tradition gebrochen, weswegen alle sauer auf dich waren, richtig?«
    »Sagen wir lieber enttäuscht. Das trifft es besser. Als dann die ersten Zechen geschlossen wurden, war endlich Ruhe im Karton.«
    »Du hast auch erzählt, dass du mit Kurt das Zechenhaus entrümpelt hast, in dem dein Großvater gelebt hat.«
    »Ja und? Worauf willst du hinaus?«
    »Warum bist du denn nicht in das Haus gezogen, wenn es doch so lange im Familienbesitz war?«
    Schillers rechtes Auge driftete seitwärts. Trieb sich herum in Regionen, die ich nicht überblicken konnte. »Ein Zechenhaus ist nicht besonders groß«, sagte er schließlich würdevoll. »Niedrige Decken, kleine Zimmer. Guck dich doch mal um. Wie könnte ich in ein Zechenhaus ziehen? Da bräuchte ich ja ein komplett neues Regalsystem.«
    »Ja, versteh ich. Also hast du es verkauft und vorher entsprechend entrümpelt. Sag mal, diese … äh … Sammelleidenschaft, liegt die in der Familie?«
    Wieder drifteten seine Augen auseinander.
    »Schiller«, mahnte ich sanft. »Liegt das in der Familie?«
    Eines der Augen kehrte zu mir zurück. Es war das braune.
    »Ja, also nicht so wie …« Seine Hand machte eine umfassende Geste im Raum. »Aber ein bisschen schon.«
    »Nicht ganz so schlimm wie du also«, bohrte ich nach. »Aber vermutlich gab es dort doch eine ganze Menge Krempel. Und du hast bestimmt kaum was weggeworfen beim Ausmisten, oder?«
    Auch sein braunes Auge huschte jetzt wieder davon. So langsam begann ich zu glauben, dass Schiller das sehr wohl steuern konnte, das mit den Augen.
    »Kann es sein, dass dein Großvater noch alten Sprengstoff gelagert hatte? Und dass du den nicht entsorgt hast?«
    »Entsorgt, entsorgt, entsorgt! Wie denn?«, fragte Schiller beleidigt. »Hätte ich zum Ordnungsamt gehen sollen, oder was? Und denen sagen: ›Hey, in dem Haus, in dem mein alter Großvater gerade gestorben ist, liegt noch jede Menge Sprengstoff rum‹?«
    »Das wäre sicher nicht verkehrt gewesen. Stattdessen hast du ihn mitgenommen, ja?«
    Er sah zu Boden. Ein klares Eingeständnis.
    »Etwa hierhin?«, fragte ich entsetzt. »Du schläfst in einem Haus, in dem du alten Sprengstoff lagerst?«
    Schiller nickte betreten. »Was regst du dich denn so auf?«, fragte er bockig. »Wie Kurt. Der hat sich auch

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