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Innenhafen

Innenhafen

Titel: Innenhafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Sternberg
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murmelte, raschelte, trocken auflachte, lautstark Kommentare von sich gab, kramte und rumorte. Und als ich endlich nichts mehr von ihm hörte, spüre ich trotzdem seine Gegenwart, die die Wohnung füllte und mich nicht mehr losließ.
    Eine ganze Weile saß ich nun also an diesem Tisch, versuchte, mich zu konzentrieren und ärgerte mich, dass die Konzentration in Bahnen gelenkt wurde, wo ich sie nicht haben wollte.
    »Du glaubst ja gar nicht, was da im dritten Zimmer steht.« Volker tauchte wieder in der Küchentür auf und lachte mich an.
    »Stopp!« Ablehnend hob ich die Hände. »So geht das nicht«, rieb ich ihm vorwurfsvoll unter die Nase. »Du machst hier zu viel Wind. Ich kann mich nicht konzentrieren, wenn du hier so herumkramst und alles sofort kommentierst.«
    »Na hör mal!« Fast wirkte es so, als wäre er beleidigt. »Wir wollten uns doch einen Eindruck verschaffen. Deswegen sind wir hier. Und nichts anderes tue ich. Du hingegen tust gar nichts und lässt mich die ganze Arbeit machen.«
    »Das hier ist Kurtis Wohnung«, sagte ich grantig. »Und du nimmst sie gerade irgendwie in Besitz und bewertest alles, bevor ich überhaupt mitbekommen habe, was du da in Händen hältst. Das lenkt mich ab.« Falsch, dachte ich. Nicht  das , sondern  du  lenkst mich ab. Und genau das ist es, was mich wurmt. »Ich möchte mich einfach auf Kurts Leben hier konzentrieren können, verstehst du?« Ich lächelte, um die Worte zu entschärfen.
    »Entschuldige, dass ich lebe.« Volkers Stimme hatte wieder diesen ironischen Unterton, der mich früher so durcheinandergebracht hatte. Jetzt erkannte ich, dass sich hinter der Ironie Unsicherheit versteckte.
    »Pass auf«, schlug ich vor. »Du drehst jetzt einfach eine Runde um den Block und lässt mich hier in Ruhe, und dann räume ich das Feld und du kannst dich noch mal umsehen.«
    Er sah mich an, eine Braue in die Höhe gezogen, irritiert und leicht angespannt.
    »Und hinterher tauschen wir unsere Eindrücke aus und sehen uns die Dinge noch mal an, die uns wichtig erscheinen. Gemeinsam«, schob ich nach, legte den Kopf schief und sah ihm auffordernd in die Augen. »Hmmm?«
    Seine Miene entspannte sich. »In Ordnung«, sagte er und grinste.
    Ich war erleichtert, als er die Wohnungstür endlich hinter sich zugezogen hatte. Aufatmend lehnte ich mich zurück, machte die Augen zu und atmete tief durch. Ein leichter Duft hing in der Luft. Ich schnupperte. Gut roch es, irgendwas Aromatisches mit Zedernholz, einer Nuance von Zitrus und – ich schnupperte noch mal – etwas raffiniert Undefinierbarem, das ich nicht erkannte. Weihrauch? Tabak? Intuitiv war mir klar, dass Volker diesen Duft hinterlassen hatte, nicht der Bewohner dieser Wohnung.
    Träume sind Schäume, mischte sich eine innere Stimme ein. Die, die ich Großmutter zuschrieb. Na, du hast mir gerade noch gefehlt mit deinen Sprüchen! Wildere nicht in Nachbars Garten, warnte sie mich. Immerhin bemühte sie nicht noch die Bibel. Ich sollte dankbar sein. Energisch schickte ich sie weg, stand auf und öffnete die Balkontür. Die kühle, frische Luft verdrängte die Gedanken an feingliedrige Hände und perfekt sitzende Jeans aus meinem Kopf. Endlich!
    Langsam schlenderte ich durch die Wohnung. Im Schlafzimmer ein Doppelbett mit schwarzen, hohen Metallstreben am Kopfteil. Das Bett ungemacht, beidseitig bezogen, Laken und Bettwäsche verblichen und leicht abgewetzt. Zwei Nachtschränkchen, passend zur Schrankwand. Naturholzimitat, aber ganz schick dabei, ein paar schwarze Elemente mit bauchig gewölbter Tür lockerten die Front auf. Ein Kleiderboy, auf dem zwei Anzughosen hingen, die Bügelfalten akkurat ausgerichtet. Arbeitskleidung vermutlich. Ein Spiegel mit schwarzem Metallrahmen. Ein Bügelbrett mit Ärmelbrettchen im gleichen Design, das senkrecht gestellte Eisen blitzte mich an und schien auf seinen Einsatz zu warten. Darüber ein groß gerahmter Schwarz-Weiß-Druck mit der Skyline von New York.
    Hinter dem Schlafzimmer befand sich ein kleines Bad, nachträglich an das Haus angebaut. Es war in altväterlichen Brauntönen gehalten. Helle Fliesen und neue Keramik würden das Bad immens aufwerten. Der metallene Wäschekorb neben der Badezimmertür war randvoll gefüllt und verströmte einen muffigen Geruch.
    Ich ging zurück in die geräumige, fast quadratische Diele und betrat den nächsten Raum. Wohnzimmer, konstatierte ich. Große Erkerfenster mit Blick auf die Krummacher Straße. Zweisitzer und Dreisitzer, über Eck

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