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Innenhafen

Innenhafen

Titel: Innenhafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Sternberg
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verdammt noch mal genau. Haarspalter, das seid ihr!«
    »Ich finde auch nicht, dass er sich sehr verändert hat. Kurt, meine ich«, meldete sich Barbara zu Wort. »Er hat immer noch dauernd Witze gerissen, am häufigsten über sich selbst. Und er hat immer noch versucht, bei den falschen Frauen zu landen.«
    »Wen meinst du damit?«, fragte ich interessiert.
    »Mich.« Barbara fuhr sich wieder mit der Hand durch die Stoppeln. Sie waren dunkel, ohne einen Hauch von Grau. Gefärbt wahrscheinlich.
    »Er hat dich also angemacht«, sagte ich gelangweilt und verdrehte die Augen. »So, wie er Ines und Gerda und mich und Angela aus der 10 d und die rothaarige Bademeisterin im Schwimmbad angemacht hat, ja? Mit dem sofortigen Rückzieher hinterher, dass ihm ja ohnehin klar ist, dass das niemals nie nichts werden kann, so richtig richtig, bei einer so tollen Frau wie Ines oder Gerda oder Angela …«
    Gerda stieß ein wieherndes Lachen aus. »Mensch, Barbara, der war ja ein ganz schöner Draufgänger, der Kurt, was? Dass er es gewagt hat, sich ausgerechnet an dich ranzumachen!«
    Barbara schien beleidigt. »Na, dann sage ich eben nichts mehr.«
    »Ich will nicht über uns reden«, insistierte ich. »Und ich will nicht über früher reden. Ich will was über Kurt erfahren. Den Kurt von heute. Und so geht das nicht.«
    »Wie geht es denn?« Volker wirkte amüsiert.
    Man sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht , mischte Großmutter sich erneut ein. Manchmal hielt sie sich wochenlang bedeckt. Und dann gab es plötzlich Tage, an denen sie dauernd was zu melden hatte. Aber wo sie recht hatte, hatte sie nun mal recht.
    »Ich schlage Einzelgespräche vor«, sagte ich. »Ich setze mich da hinten an den kleinen Tisch unterm Fenster, und dann kommt ihr einzeln zu mir rüber und ich stelle euch ein paar Fragen.«
    »Oh, ein Verhör, ein Verhör«, wieherte Gerda im Stil von »ein Klavier, ein Klavier« und klatschte in die Hände.
    Loriot mit seinen wunderbar zeitlosen Sketchen. Ich lachte mit. »Genau. Nur ohne Tante aus Amerika, also nicht in amerikanischem Stil. Wer will den Anfang machen?«
    »Ich.« Matthes stand so schnell auf, dass er mit dem Knie heftig unter die Tischkante stieß. Sein Bierglas geriet mächtig ins Schwanken.
    Ich hielt es gerade noch rechtzeitig fest, bevor sich das hellbraune Gebräu über den Tisch ergießen konnte.
    »Oh, Mist!« Matthes rieb sich die schmerzende Kniescheibe. »Es ist doch nur, weil meine Frau heute eigentlich ihren kinderfreien Tag hat. Ich will nicht so lange wegbleiben«, erklärt er.
    »Nix passiert. Hier.« Ich reichte ihm sein Glas, nahm meinen Milchkaffee, in dessen Unterteller nun eine Pfütze schwamm, und trug ihn hinüber zu dem kleinen Tisch unter dem Fenster.
    »Also«, begann ich, als wir uns gegenübersaßen. »Hast du mit Kurt eigentlich auch außerhalb dieser Treffen mit der alten Clique Kontakt gehabt?«
    »Ja. Er hat mich bei Geldanlagen beraten«, sagte Matthes nickend.
    »Du meinst, du warst Kunde bei seiner Bank?«
    »Das auch. Aber für Wertanlagen war er da nicht zuständig.«
    »Und dennoch hast du dich an ihn gewandt? Warum?«
    Matthes zögerte. »Na ja, er war doch mein Freund. Und er wollte immer gerne Anlageberatung machen und kannte sich auch gut aus. Aber da hat sich sein Chef quergestellt. Obwohl Kurt sich richtig intensiv mit der Materie befasst hat.«
    »Sind das so begehrte Stellen? Die Anlageberatung, meine ich?«
    Matthes zuckte mit den Schultern. »Weiß ich nicht. Finde ich auch komisch. Ich meine, Kreditvergabe ist doch auch ein verantwortungsvoller Posten, oder?«
    »Mich darfst du das nicht fragen. Ist es das, was Kurti da gemacht hat bei der Bank? Kreditvergaben?«
    »Ja. In der Abteilung war er seit geraumer Zeit. Aber eigentlich wollte er gerne in die Anlageberatung.«
    Ich nahm einen Schluck Milchkaffee. Die frittierten Gummiringe lagen mir jetzt schwer im Magen. Ich musste wieder aufstoßen und hielt schnell die Hand vor den Mund. Doch ich konnte das Wölkchen von Knoblauch nicht stoppen, das sich den Weg aus meinem Magen heraus bahnte. »Entschuldigung!« Ich war verlegen. »Das ist mir wirklich unangenehm.«
    »Ist doch menschlich.« Matthes lächelte mich an, und sein sorgenvolles Gesicht zeigte plötzlich deutlich die Züge von früher, spitzbübisch irgendwie, ansteckend fröhlich. »Meine Kinder sind noch klein. Da riecht es manchmal noch viel unangenehmer, das kannst du mir glauben. Und der Kleine pinkelt völlig ungeniert in hohem Bogen

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