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Innenhafen

Innenhafen

Titel: Innenhafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Sternberg
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mich erst mal nach den Konditionen erkundigen.«
    »Selbstverständlich.« Sie lächelte mich beruhigend an. »Aber die Bedingungen hängen auch ein wenig von der beantragten Kredithöhe und der Laufzeit ab. Und natürlich davon, was Sie finanzieren möchten.«
    »Wie habe ich das zu verstehen?«, fragte ich überrascht. »Es kann der Bank doch egal sein, für was ich das Geld brauche.« In dem Augenblick, in dem ich das aussprach, ahnte ich bereits, wie naiv dieser Gedanke war.
    »Nicht ganz«, erwiderte nun auch prompt Frau Wolfe. »Die Bank interessiert es natürlich, was im Falle der«, sie hüstelte dezent, »Zahlungsunfähigkeit – wovon wir natürlich nicht ausgehen möchten – an Gegenwert vorhanden ist.« Abwartend sah sie mich an.
    Ich nahm den Gehalt dieser Information in mich auf, schob ihn in mein kleines Rechenzentrum und ließ es arbeiten. In Windeseile tauchten die Stichworte Sofaecke, Weltreise, Auto, Eigenheim und Renovierung vor meinem inneren Auge auf, all die Dinge, für die man als arbeitender Mensch grundsätzlich immer zu wenig Kohle auf der hohen Kante hatte. Und ich stellte mir vor, wie, stellvertretend für die Bank, der Star der Abteilung im hübschen tomatenroten Kostüm die Nase über meine neue Küche rümpfte, so, als wollte sie damit sagen, dass sie sich speziell diese Ausführung niemals nie nicht jemals anschaffen würde. Berechnung beendet, Botschaft verstanden.
    »Sie wollen also damit sagen, dass die Bank die Höhe des Kredits daran bemisst, wie der Wiederverkaufswert der Sache ist, die damit bezahlt werden soll?«
    »Exakt.« Sie schickte mir ein strahlendes Lächeln.
    »Es geht um eine Eigenheimfinanzierung«, log ich. »Ich habe zwar noch kein konkretes Objekt im Auge, aber ich habe eine neue Stelle in Duisburg, und die Fahrerei …«
    »Von wo kommen Sie denn?«, fragte Frau Wolfe.
    »Aus Essen. Aber ich fahre nicht gerne Auto.«
    »Ja, der Verkehr heutzutage … wirklich unangenehm. Und das, was Sie dann an Benzin sparen, könnten Sie natürlich gleich mit einbeziehen in die Kalkulation. Bringen Sie Eigenkapital mit?«
    »Knapp fünfunddreißigtausend.« Bescheiden sah ich auf meine Hände hinunter.
    »Und was verdienen Sie, wenn ich fragen darf?«
    »Tausendneunhundertneunundachtzig Euro netto.«
    »Sie sind fest angestellt?«
    »Die Probezeit habe ich natürlich schon überstanden.« Ich lächelte sie an.
    »Also: An welche Kredithöhe haben Sie denn gedacht?«, versuchte sie es noch mal. »Ungefähr. Nur so als Größenordnung?«
    »Auf keinen Fall mehr als sechzigtausend«, sagte ich schüchtern. »Schließlich bin ich ja nicht mehr die Jüngste und möchte das schon noch vor der Rente abbezahlen können.«
    »Bei Ihrem Gehalt sollte das kein Problem darstellen.« Ich sah es förmlich in ihrem Kopf rattern. Dann tippte sie ein paar Zahlen in den PC. »Eigentlich ist das die Aufgabe unserer Immobilienberater«, sagte sie freundlich. »Aber ich kann Ihnen natürlich auch einen Finanzierungsplan für eine Immobilie aufstellen. Sie haben ja noch gar kein konkretes Objekt im Auge, wenn ich Sie richtig verstanden habe.«
    »Ich weiß einfach nicht, wie herum ich anfangen soll. Erst suchen und dann erst den Kredit anfragen kam mir ein bisschen komisch vor. Ich muss doch vorab schon wissen, ob ich überhaupt Kredit bekommen würde.«
    »Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste.« Frau Wolfe lächelte mich beruhigend an. »Ich drucke Ihnen das gleich mal aus. Dann können Sie die Zinstilgung genau kalkulieren und sehen, in wie vielen Jahren der Kredit abbezahlt ist. Natürlich brauchen wir dann auch noch eine Bankauskunft, um Ihre Angaben zu überprüfen.«
    »Äh … ja, natürlich.« Ich nahm die Blätter in Empfang, die sie mir reichte, und stand auf. »Sagen Sie, arbeitet Kurt Türauf nicht auch hier?«
    Ihr Gesicht schien sich zu verdunkeln. »Das hat er«, sagte sie traurig. »Herr Türauf ist vor Kurzem gestorben.«
    »Ach! Der Kurt?«
    »Sie kannten ihn?«
    »Ich bin mit ihm zur Schule gegangen. Woran ist er denn gestorben?« Mein Tonfall ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass ich neugierig war.
    »Der Ärmste ist verbrannt. In seinem Auto. Grässlich!«
    »Wie furchtbar.« Ich schlug die Hand vor den Mund und ließ mich wieder auf den Stuhl zurücksinken. »Sind Sie gut mit ihm ausgekommen?«
    »Ja, schon. Der Kurt war keiner, mit dem man sich ernsthaft anlegen konnte. Ein netter Kollege. Manchmal etwas … nein, das sage ich jetzt lieber nicht.«
    Ich

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