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Innenhafen

Innenhafen

Titel: Innenhafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Sternberg
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zwinkerte ihr verschwörerisch zu. »… albern vielleicht?«
    »Ja, das trifft es ganz gut.« Sie lächelte.
    »War er beliebt hier im Kollegenkreis?«
    »Er war kein schlechter Kerl.« Sie zögerte. »Wirklich nicht. Ein bisschen anstrengend vielleicht, weil er ständig gemeint hat, man würde ihn übergehen.«
    »Und? Hat man ihn übergangen?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Schon. Ganz fair war das nicht, ihm Lydia Herzkamp vor die Nase zu setzen. Eigentlich wäre er dran gewesen mit der Beförderung.«
    Ah. Die schöne Anne Will hatte also auch noch einen wohlklingenden Namen. Lydia Herzkamp. Wie passend. »Das bessere Know-how?«, schlug ich vor.
    »Lydia? Nicht unbedingt. Fachlich konnte sie ihm kaum das Wasser reichen. Sie ist einfach straighter, zielstrebiger als er. Äh … als er war.« Sie verstummte.
    »Und hübscher«, tastete ich mich vor.
    »Tja.« Das klang bitter. »Die Männer sind verrückt nach ihr. Der Chef, alle irgendwie. Auch Kurt. Eine Zeit lang hat er sie richtig angebetet. Das war schon etwas …«
    »Wenn ich mich recht entsinne, hat Kurt immer irgendeine Frau angebetet. Manchmal sogar mehrere gleichzeitig.« Ich lächelte traurig. »Aber erhört hat ihn wohl nie eine, oder?« Gespannt neigte ich mich nach vorne. Aber über die geplante Hochzeit schien sie nicht informiert zu sein.
    »Er war ein feiner Kerl«, sagte sie wieder. Es schimmerte feucht in ihren Augen. »Und dass Dr. Behrends ihn nicht mochte, dafür konnte er nun wirklich nichts.«
    »Diese Chefs.« Ich verdrehte die Augen. »Denen kann man es einfach nicht recht machen. Ist Ihrer denn so schwierig?«
    »Ich komme ganz gut mit ihm aus. Aber Kurt, der hatte wirklich dauernd Theater mit ihm. In letzter Zeit allerdings …«
    Ich sah sie auffordernd an, aber es kam nichts weiter.
    »In letzter Zeit allerdings …«, half ich schließlich nach.
    Sie schwieg. Schien nachzudenken. Gedämpfte Gespräche drangen von links und von rechts zu uns herüber.
    »Seit Monaten hat der Chef nicht mehr auf Kurt rumgehackt. Das ist merkwürdig«, sagte sie schließlich langsam. »Wirklich merkwürdig. Vielleicht …« Sie schrak zusammen und verstummte erneut.
    Ich spürte eine Bewegung neben mir und blickte auf.
    Lydia Herzkamp eilte an mir vorbei, das Handy am Ohr. Leises Lachen, leicht rauchig. »Vielleicht … wenn du meinst …« Erneutes Lachen. Perlend. »Nach der Arbeit wie immer auf einen Drink um die Ecke im ›Giorgio‹ … Das weißt du doch …« Die Stimme wurde leiser, und Lydia Herzkamp verschwand durch den Flur, aus dem Frau Wolfe vorhin gekommen war. Zurück blieb ein Duft nach Zimt und Cardamon.
    Eine Zeit lang versuchte ich noch, Frau Wolfe Informationen über Kurt zu entlocken. Aber sie konnte weder zu einer Erbschaft etwas sagen, noch hatte sie eine Idee, wo er sich vor seinem Tod aufgehalten haben könnte. Schließlich gab ich es auf und verließ das Gebäude.
    * * *
    Ich fand das »Giorgio« nahe der Bank in einem der gläsernen Einkaufsparadiese auf der Königstraße. Es war eine typische Cocktail-Bar, wie sie seit einigen Jahren so modern waren. Viel rotes Leder, viele kleine Tische, viel gedämpftes Licht. Eine Bar mit schwarzen Hockern davor. Der Spiegel hinter dem Tresen vervielfältigte eine Armada unterschiedlichster Flaschen, die auf schmalen Regalbrettern hoch über dem Tresen vor dem Spiegel schwebten.
    Ich hievte mich auf einen der Barhocker. Eine leichte Übung für mich. Dank des Spiegels hatte ich das Geschehen in meinem Rücken gut im Blick. Lydia Herzkamp war noch nicht aufgetaucht. Dafür saß jede Menge Jungvolk an den kleinen Tischchen.
    Der Barkeeper schob mir wortlos eine Karte zu. Ich fand die Rubrik »Alkoholfreies« und überflog die wohlklingenden Namen. Schließlich entschied ich mich für einen »Monin Bitter Orange«, der als alkoholfreier Campari beschrieben wurde. Darunter konnte ich mir wenigstens etwas vorstellen. Das Zeug schmeckte tatsächlich verblüffend nach Campari Orange.
    »Sie haben sich nicht in der Flasche vergriffen?«, fragte ich überrascht. »Ich muss nämlich noch fahren.«
    »Nein.« Der Barkeeper lächelte. »Keine Sorge. Sie sind neu hier«, stellte er fest.
    Aufmerksames Kerlchen.
    »Nur auf der Durchreise.« Ich lächelte zurück. »Kommt Frau Herzkamp wirklich jeden Tag hierher?«
    Er runzelte die Stirn. »Wer?«
    »Frau Herzkamp. Typ Anne Will.«
    »Ach, Lydia.« Er lächelte erneut. »Jeden verdammten Tag. Nur nicht am Wochenende. Eigentlich müsste sie

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