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Innenhafen

Innenhafen

Titel: Innenhafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Sternberg
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gleich auftauchen.«
    »Immer allein?«
    »Soll das ein Verhör werden?«
    »Genau.« Ich zwinkerte ihm zu.
    »Mit Bullen rede ich nicht«, sagte er missmutig.
    »Müssen Sie auch nicht.« Ich schob ihm meine Karte über den Tresen. »Wie heißen Sie eigentlich?«
    »Na, Giorgio natürlich!« Er wies auf den großen Schriftzug in Leuchtbuchstaben, der an der Stirnseite des Raumes angebracht war. Darunter befanden sich zwei rosa Flamingos unter einer Palme. Ebenfalls leuchtend. »Wie alle männlichen Angestellten hier.«
    Ich grinste. »Also, Giorgio: Mir ist bewusst, dass Sie eigentlich nicht über Ihre Gäste reden. Das ist auch richtig so. Aber hier geht es um Mord. Und unser Gespräch ist natürlich streng vertraulich.«
    Giorgio sah mich aufmerksam an. Dann nahm er ein Glas und begann, es mit einem Handtuch zu polieren.
    »Einer der Banker aus dem kleinen Geldtresor dort hinten um die Ecke ist ermordet worden«, fuhr ich fort. »Die schöne Lydia ist Bankerin. Das wussten Sie doch, oder?«
    Er konzentrierte sich völlig auf seine Tätigkeit. Stellte das eine Glas in die lange Reihe der Gläser neben der Spüle und nahm sich das nächste vor. Aber er nickte. Immerhin.
    »Kommen hier viele Mitarbeiter der Ruhrcity-Bank her?«, versuchte ich es noch mal. »Außer Lydia, meine ich? Kommt sie allein?«
    Giorgio polierte. Hielt das Glas prüfend gegen das Licht über dem Tresen und stellte es hin, die Öffnung nach unten. Nahm sich das nächste Glas vor. Dann räusperte er sich. »Mal so, mal so«, bequemte er sich zu einer Antwort. »Mal mit Kollegen, mal allein. Aber sie bleibt auch dann nie lange allein, falls Sie verstehen, was ich damit meine.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nicht ganz«, schob ich hinterher, denn er sah mich nicht an.
    »Sie ist eine schöne Frau. So eine kriegt leicht Gesellschaft.«
    »Sie wird also oft angesprochen?«
    »Ja. Oder sie ist mit jemandem verabredet. Auf jeden Fall ist es selten, dass sie ohne Begleitung geht.«
    »Sind es immer die gleichen Kollegen, mit denen sie herkommt? Kennen Sie Namen? War vielleicht mal ein Kurt dabei?«
    »Dieser tollpatschige Spaßvogel? Der war schon länger nicht mehr hier. Sie war ziemlich genervt von ihm. Hat ihn einmal sogar angeraunzt, er solle sie endlich in Ruhe lassen.«
    »Und so ein älterer Graumelierter mit buschigen, dunklen Augenbrauen? Wie der Waigel?«
    »Dr. Behrends? Der Direktor? Mit dem war sie ein paarmal hier. Der ist aber meistens im ›Cubar‹ unten am Innenhafen. Mein Bruder arbeitet dort«, fügte Giorgio erklärend hinzu. »Da kommt sie übrigens gerade reingeschneit.«
    Ich sah eine rote Gestalt im Spiegel auftauchen. Sie setzte sich an einen der kleinen Tische vor den rosa Flamingos.
    Giorgio begann, den Cocktailshaker zu befüllen. Viel Eis. Eine quietschblaue Flüssigkeit. Curaçao, vermutete ich. Zitronensaft. Irgendwas Klares aus einer Flasche, in der malerisch ein paar Grashalme schwebten. Wodka. Mit Büffelgras. Aus Polen.
    »Blauer Engel«, informierte mich Giorgio. »Sie trinkt immer das Gleiche.«
    »Ich bringe es rüber«, sagte ich schnell und stand auf. »Ich will ohnehin mit ihr reden.«
    »Oh, eine neue Kellnerin?« Lydia Herzkamp musterte mich überrascht. Du passt doch gar nicht zum Stil des Ladens hier, sagte ihr Blick.
    »Nein. Keine neue Bedienung.« Ich stellte das Glas vor sie auf den Tisch und legte meine Karte dazu. »Ich bin …«
    Sie würdigte die Karte mit keinem Blick. Denn sie schien mich jetzt wiederzuerkennen.
    »Frau Blauvogel«, sagte sie mit gerunzelter Stirn. »Sie hatten vorhin einen Termin bei Frau Wolfe. Stimmt etwas nicht? War die Beratung nicht in Ordnung?« Ihr Blick bekam etwas Strenges, irgendwie Lauerndes. So, als würde sie nur auf Fehler ihrer Angestellten warten, um sich dann wie ein Habicht draufstürzen zu können. Das wäre eine Erklärung, warum Frau Wolfe so unsicher gewirkt hatte.
    »Doch, alles bestens«, sagte ich schnell. »Völlig in Ordnung. Ich bin wegen einer anderen Sache hier.« Ich nahm die Karte vom Tisch und hielt sie ihr auffordernd vor die Nase.
    »Private Ermittlungen?« Schon wieder runzelte sie die Stirn. Wenn sie so weitermachte, würde das bald unwiderrufliche Spuren hinterlassen. Es sei denn, sie ließe sich Botox spritzen. Flüchtig überlegte ich, ob sie wohl bescheuert genug war, das zu tun.
    »Es geht um Kurt Türauf.« Ich nahm ihr gegenüber Platz. »Seine Tochter hat mich beauftragt, herauszufinden, was passiert ist.«
    »Was soll schon passiert

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