Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Innenhafen

Innenhafen

Titel: Innenhafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Sternberg
Vom Netzwerk:
vergessen, und ich bereue es nicht.«
    Volker räusperte sich und holte Luft, als wolle er etwas sagen.
    »Lass mich ausreden«, bat ich. »Ich habe damit etwas nachgeholt, was ich früher gerne getan hätte. Gestern Abend, da war es plötzlich wie früher, verstehst du? Ich war damals so schrecklich verliebt in dich. Aber das ist dreißig Jahre her …« Ich sah aus dem Fenster, unsicher, wie ich weitermachen sollte. Und bemerkte verwundert, dass er mir plötzlich wieder seltsam fremd war, trotz dieser unwahrscheinlich intensiven Nacht. Das erleichterte mich ungemein.
    Volker versuchte nicht mehr, mich zu unterbrechen.
    Ich legte die Hand auf seinen Arm. »Ich will mich nicht wieder in dich verlieben. Ich weiß auch gar nicht, ob das noch ginge. Auf jeden Fall werde ich jetzt keine Affäre mir dir beginnen, nur weil ich damals zu blöd war, Ja zu sagen. Es ist der verdammt falsche Zeitpunkt dafür.« Max tauchte vor meinem inneren Auge auf. »Wirklich der verdammt falsche Zeitpunkt«, bekräftigte ich.
    »Falscher Zeitpunkt, stimmt genau.« Volker klang spöttisch. Für einen Moment versank ich im Novemberblues. »Irgendwie stimmt wohl das Timing zwischen uns nicht.« Er grinste mich an, offen und ohne Groll. Dann konzentrierte er sich wieder auf die Autobahn.
    »Na, dann wäre das ja geklärt.« Erleichtert lehnte ich mich zurück.
    Ohne den Blick von der Straße abzuwenden, legte er seine Hand in meinen Nacken. »Ja, das wäre also geklärt. Und wie machen wir jetzt mit der Kurti-Sache weiter?«
    »Na, indem wir das Material sichten, das wir eingesteckt haben.«
    * * *
    Wochenbeginn. Kölner Ring. Baustellen, etliche Staus, und wir mittendrin. Ich sehnte mich nach einer Dusche. Zumindest nach frischen Klamotten, denn die Jeans, die ich anhatte, war immer noch klamm.
    Wir fuhren zu mir nach Holsterhausen. Weil ich die Katzen versorgen musste. Dringend. Und weil klar war, dass keiner von uns bereit war, die Sichtung des Materials dem anderen zu überlassen. Am Spätnachmittag waren wir endlich da. Die Katzen ignorierten mich und stolzierten an mir vorbei, als sei ich Luft.
    »Habt euch nicht so«, schimpfte ich schuldbewusst, während ich die Näpfe mit frischem Dosenfutter auffüllte. »Ihr hattet genug Wasser, und Trockenfutter ist auch noch im Napf.« Sie fielen über das Futter her, als hätten sie eine Woche nichts zu fressen bekommen.
    »Ich wollte euch nicht so lange alleine lassen«, verteidigte ich mich. »Aber mein Tag war auch kein Zuckerschlecken.« Kaum hatte ich das gesagt, fing mein Magen jämmerlich an zu knurren.
    »Redest du immer mit ihnen?«, erkundigte sich Volker mit amüsiertem Blick.
    »Sie haben das gern. Wie wäre es mit Pizzataxi?«, schlug ich vor. »Du kannst ja schon mal duschen, ich setze derweil Kaffee auf. Handtücher sind in dem Rattanregal im Bad. Im Schrank müsste auch noch eine unbenutzte Zahnbürste sein, glaube ich.«
    »Schon besser, was?« Volker brachte einen Schwall feuchtwarmer Luft aus dem Bad mit. Sein Oberkörper war nackt, und er duftete eindeutig nach Gaultier, nach dem in dem Männertorso, das ich selbst gerne benutzte. »Wenn du jetzt noch ein frisches T-Shirt für mich auftreiben könntest, wäre ich vollends zufrieden.«
    Wortlos holte ich ein schwarzes, relativ weites Schlabbershirt aus meinem Schrank und warf es ihm zu. Es saß spack an ihm, und erst jetzt fiel mir auf, wie muskulös er war. Der runde, halsferne Ausschnitt wirkte seltsam deplatziert an seinem Körper.
    Ich mochte nicht unter die Dusche. Nicht, solange Volker hier in meiner Wohnung war. Lieber eine Katzenwäsche am Waschbecken. Den Zähnen hingegen gönnte ich eine intensive Reinigung. Wegen des pelzigen Geschmacks auf der Zunge, den ich seit dem Morgen mit mir herumtrug. Ich angelte mir ein getragenes T-Shirt aus dem Wäschekorb und stieg in die Jeans, die in meinem Schlafzimmer lag. Flüchtig fragte ich mich, was ich mit dieser Demonstration von Gleichgültigkeit eigentlich beweisen wollte. Und wem überhaupt.
    Die Pizzakartons lagen bereits auf dem Stehtisch, der meinen Wohnraum von der L-förmig an ihn angebauten kleinen Küche trennte. Gierig fielen wir darüber her und aßen die Pizza mit den Fingern direkt aus dem Karton. Dann mussten die Pizzabrötchen dran glauben. Und die Kräuterbutter. Dazu hatte Volker den Rest des Rotweins eingegossen, der noch in meiner Küche auf der Anrichte gestanden hatte. In Wassergläser. Offensichtlich hatte er im falschen Schrank gesucht.
    »Das tat

Weitere Kostenlose Bücher