Innenhafen
gut.« Ich leckte mir die Finger ab. »Höchste Zeit war das! Und jetzt an die Arbeit. Willst du auch einen Kaffee?«
Der Schnellhefter, den wir in der Hütte gefunden hatten, enthielt einen Haufen Material. Artikel aus Tageszeitungen und dem Internet. Sie alle beschäftigten sich mit den Strukturmaßnahmen am Duisburger Innenhafen. Ein Plan des Hafenbeckens zeigte, welche Neubauten im Laufe der letzten zehn Jahre dort entstanden waren. Am hinteren Teil des Hafenbeckens war eine Fläche rot eingekringelt. Es schien sich um eine noch brachliegende Fläche zu handeln. Dann ein paar Fotokopien von Dokumenten, wie es schien: eine Firmengründung der Investment Trust Novum GmbH mit Firmensitz in Riga. Als Geschäftsführer war ein Pietr Matzek eingetragen. Eine Firma in Venlo namens G.A.K.A GmbH. Und ein Architekturbüro New Look Facility, ebenfalls in Riga. Inhaber war ein gewisser Miroslaw Zirkow.
»Sagt dir das was?«
»Auf Anhieb nicht«, murmelte Volker, während er ein weiteres Dokument überflog. Dann pfiff er leise durch die Zähne. »Aber das hier sagt mir was. Ein Vertrag über eine stille Teilhaberschaft. Dr. Behrends ist Teilhaber an dem Laden in Riga, der Investment Trust Novum GmbH. Und hier ist ein weiterer Vertrag über eine weitere stille Teilhaberschaft an der Investment Trust Novum. Ein gewisser Holger Schönlein.«
»Holger Schönlein?« Ich runzelte die Stirn. Den Namen hatte ich schon mal gehört. Aber wo und in welchem Zusammenhang fiel mir nicht ein.
»Da klickt rein gar nichts bei mir«, sagte Volker auf meine Frage hin. »Aber man kann sich ja schlau machen.«
»Mit stillen Teilhaberschaften kenne ich mich leider nicht aus. Du?«
»Das ist etwas durchaus Übliches. Letztendlich ist es nichts weiter als eine finanzielle Beteiligung an einem Unternehmen.«
»Also eine Kapitaleinlage, vermutlich für sehr hohe Zinsen.«
»Ja. Aber ohne dass man in irgendwelchen Geschäftspapieren auftaucht, denn man hat kein Mitspracherecht. Das ist wichtig.«
Ich lächelte amüsiert. »Dass man nirgendwo auftaucht, oder dass man kein Mitspracherecht hat?«
»Beides. Denn das Mitspracherecht ist eine juristische Klausel, die nur schwer zu prüfen ist.« Auch Volker lächelte.
»Du meinst also, ob man sich an diese Klausel tatsächlich hält, weiß letztlich kein Mensch. Man könnte theoretisch auch stiller Teilhaber eines Unternehmens sein, in dem man sehr wohl intensiv mitmischt.«
»Genau. Das wiederum würde die Grenzen des gesetzlich tolerierten Rahmens jedoch sprengen. Auf jeden Fall werde ich das mal genauer unter die Lupe nehmen.«
»Warum beteiligt sich Behrends ausgerechnet an einer Firma in Riga?«, fragte ich.
»Global Playing«, sagte Volker düster. »Globalisierung. Immer hübsch da vertreten sein, wo man die besten Geschäfte machen kann.«
»Mit so einer Klitsche?«
»Du weißt doch gar nicht, ob das eine Klitsche ist. Vielleicht ist das ja ein ganz dickes Ding da in Lettland.« Volker grinste mich an. »Aber vielleicht ist es auch bloß eine Briefkastenfirma.«
»Briefkastenfirma?« Ich runzelte die Stirn. »Wie kommst du denn jetzt darauf?«
»Ach, nur so als Gegenteil zum dicken Fisch. Kleiner geht’s halt nicht.«
»Irgendwie kann ich dir gerade nicht ganz folgen.«
»Weil das nur eine Postadresse ist, deshalb. Und eine Telefonnummer. Dennoch ist es ein gemeldetes Unternehmen.«
»Wo eine Firma ist, muss es einen Inhaber geben. Einen Geschäftsführer. Einen, der steuerpflichtig ist«, wandte ich ein.
»Stimmt. Den gibt es ja auch. Das ist der, der seinen Namen für das Unternehmen hergibt, also rechtlich dafür geradesteht.«
»Und wo ist der Witz dabei?«
»Och, da gibt es verschiedene Konstrukte«, sagte Volker lapidar. »Wenn man eine GmbH gründen möchte, haftet man in Deutschland mit seinem Privatvermögen. Im Ausland ist das nicht so. Ein lohnender Grund, seinen Hauptfirmensitz ins Ausland zu verfrachten – beispielsweise mit einer Briefkastenadresse.«
»Das ist Steuerhinterziehung, oder?«
»Schon. Nur ist es schwer, das nachzuweisen. Ich habe vor ein paar Jahren mal eine Reportage darüber geschrieben. Es gibt aber noch andere Gründe für eine solche Briefkastenadresse. Stell dir zum Beispiel mal vor, da sind ein paar Freunde.«
»Ja?« Fragend legte ich den Kopf schief. »Ein paar Freunde. Und weiter?«
»Jeder von ihnen hat eine eigene Firma. Das muss nicht unbedingt eine Briefkastenfirma sein. Einer von ihnen darf beispielsweise Gutachten
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