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Innenhafen

Innenhafen

Titel: Innenhafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Sternberg
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an mir fest und kommst sofort hinterher.«
    Ich nickte. »Warte noch kurz«, sagte ich dann. »Hier, verstau mal Kamera und Handy von Kurt bei dir in der Jacke. Der Schnellhefter ist noch in meinem Rucksack.«
    »Na, du hast vielleicht Nerven«, knurrte er, nahm die Sachen dann aber doch an sich. Ich zwängte mich in die Träger des Rucksacks, krallte mich an Volkers Jacke fest und schob die Beine über den Schaltknüppel. »Alles klar, und los«, flüsterte ich, als ich schließlich mit einer Pobacke halb auf dem Fahrersitz saß.
    Kurz darauf kletterten wir den Abhang hinauf. Der Wagen war nur ungefähr drei Meter tief gerutscht und der Abhang nicht so steil wie befürchtet. Aber es regnete immer noch wie aus Kübeln. Und wir befanden uns in einem Funkloch, wie wir beide fluchend feststellen mussten.
    Ich strebte den Weg hinunter.
    »Wo willst du denn hin?« Volker hielt mich am Arm fest.
    »Na, zur Straße natürlich.«
    »Ohne Licht? Bei diesem Sauwetter? Vergiss es. Der nächste Ort ist mindestens fünf Kilometer weit weg, und ohne Navi finden wir die Straße nicht. Wir müssen zurück zur Hütte.«
    Er hatte natürlich recht. Das Wegenetz in diesem Wald war ziemlich verzweigt, wie wir auf der Hinfahrt festgestellt hatten. Und selbst, wenn auf der Straße das Handynetz wieder zur Verfügung stünde, wie sollten wir beschreiben, wo genau wir uns befanden? Und wie lange sollten wir dort bei diesem Wetter ungeschützt auf Hilfe warten?
    Wir mussten zurück zur Hütte, um abzuwarten, bis es wieder hell war.
    * * *
    »Hast du ein Feuerzeug dabei?«
    »Du hast vielleicht Sorgen«, motzte Volker. »Das Einzige, woran ein Raucher denken kann, ist, wie er an die nächste Fluppe kommt. Nee, hab ich nicht. Ich bin immer noch Nichtraucher.«
    »Blödmann! Hast du mich heute etwa schon quarzen sehen? Ich rauche schon lange nicht mehr«, raunzte ich zurück. »Aber neben der Tür hängt eine Petroleumlampe.«
    »Ach so. Streichhölzer waren, glaube ich, auf dem Regal über der Spüle.«
    Ich tastete mich an der Wand entlang, bis ich die Spüle gefunden hatte. Fand schließlich die Streichhölzer und verriss eines mit zitternden Fingern. Volker nahm mir die Schachtel aus der klammen Hand, und kurz darauf flackerte die Petroleumlampe auf und warf gespenstische Schatten an die Wände.
    »Scheiße, ist das kalt!« Meine Zähne klapperten Stakkato. Unter mir bildete sich eine Pfütze.
    »Runter mit den Klamotten«, kommandierte Volker, während er sich bereits aus seiner Jeans pellte.
    »Was?«, fragte ich überrascht.
    »Wir müssen die nassen Kleider ausziehen, sonst werden wir nicht warm«, erklärte er geduldig. »Da liegt doch noch was zum Anziehen von Kurt rum. Ich versuche, den Ofen anzumachen.«
    Er hatte recht. Mal wieder. Ich pellte mir die triefenden Sachen vom Körper und sah mich suchend in der Hütte um.
    »Da, auf dem Stuhl«, sagte Volker. »Nicht ganz deine Kragenweite, aber was Besseres gibt’s nicht.
    »Und du?«, fragte ich zaghaft.
    »Auf der Pritsche liegt sein Schlafanzug, und in seiner Tasche sind Socken und ein Pullover. Wickel dich in die Bettdecke, dann wird dir schneller warm.«
    Mir war nicht wohl bei dem Gedanken, in das Bett zu steigen, in dem Kurti kurz vor seinem Tod noch genächtigt hatte. Aber mir war so verdammt kalt, dass ich es doch tat. Warm wurde mir trotzdem nicht.
    Ich beobachtete Volker, wie er mit flatternden Händen versuchte, den Ofen in Gang zu bekommen. Die Haare klebten nass an seinem Kopf, und vor seinem Mund stiegen feuchte Wölkchen auf. Atemwölkchen.
    Endlich fing ein größeres Holzscheit richtig Feuer, und Volker konnte weitere Scheite nachlegen. Er zitterte am ganzen Leib, als er zu mir auf die Pritsche unter die Decke kroch.
    Eigentlich war es folgerichtig, was in dieser Nacht passierte. Vollkommen folgerichtig. Volker roch fremd, anders, als ich es in Erinnerung hatte. Kein Wunder. War ja auch Kurtis Schlafanzug, in dem er da steckte. Und Kurtis Pullover. Wir hielten uns eng umschlungen und versuchten, uns gegenseitig vor dem Auskühlen zu schützen. Ab und zu kroch Volker hinaus und legte ein paar Holzscheite nach. Kroch zurück zu mir unter die Decke und schlang die Arme um mich. Langsam, ganz langsam nur wurde es wärmer. Schließlich fiel ich in einen unruhigen Schlaf.
    Als ich aufwachte, war es dunkel. Die Petroleumlampe erloschen, das Feuer nur noch ein rötliches Glühen. Aber mir war endlich warm.
    Für einen kurzen Moment wusste ich nicht, wo ich war. Spürte

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