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Innenhafen

Innenhafen

Titel: Innenhafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Sternberg
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Ecke zu bringen.«
    »Was noch zu beweisen wäre.«
    Wir schwiegen eine Zeit lang. Und während das Adrenalin langsam aus meinem Körper wich, regten sich die ersten leisen Zweifel in mir.
    »Die Stadt ist aber sicher nicht der einzige Entscheidungsträger«, wandte ich schließlich ein. »So einfach kann das doch nicht gehen, sich Projekte dieser Art zuzuschustern. Das ist schließlich keine One-Man-Show. Schon gar nicht, wenn es um EU-Subventionen geht.«
    »Darauf habe ich im Moment auch keine Antwort«, gab Volker zu. »Aber es gibt eine, da bin ich mir sicher. Und diese vier Herren haben verdammt viel damit zu tun.«
    »Ich kann ja mal versuchen, morgen auf der Arbeit was über die Kerle rauszubekommen«, sagte ich schließlich zögerlich.
    Als wir kurz darauf den Bausemshorst in Altenessen erreichten, stand der grüne Polo noch an exakt der gleichen Stelle wie am Vormittag. Es brannte kein Licht, und auf unser Schellen hin öffnete niemand. Irina war nicht da.
    »Das gefällt mir nicht«, sagte ich. »Das gefällt mir gar nicht.«
    »Vielleicht ist sie nur bei einer Freundin«, beschwichtigte Volker mich. »Hier zu warten macht jedenfalls keinen Sinn. Ich werde es morgen noch mal versuchen. Lass uns für heute Schluss machen mit der Sache. Feierabend. Ein bisschen abschalten. Ich habe Hunger.«
    »Ich auch«, gab ich zu und verdrängte das ungute Gefühl in meiner Magengrube, während wir uns auf den Weg quer durch die Stadt zurück zur Margarethenhöhe machten.
    * * *
    Eine Stunde später werkelten wir gemeinsam in Beas gemütlicher Altbauküche herum. Volker hatte Cracker mit Frischkäse bestrichen, und während ich den Salat wusch und er die Medaillons in der Pfanne anbriet, naschten wir davon.
    »Und du meinst wirklich, dass das schmeckt?« Misstrauisch studierte ich das Kleingedruckte auf der Tüte mit Fertigdressing, die Volker eingekauft hatte. »Das Zeug strotzt bestimmt vor lauter Es und Os und Konservierungsmitteln.«
    »Wieso?«, fragte er erstaunt. »Die nehme ich immer, wenn es schnell gehen soll. Wir wollen doch nicht erst nach Mitternacht essen, oder?«
    Ich sah zu, wie er den Wein entkorkte und ein Baguette zum Aufbacken in den Ofen schob.
    Die Salatsoße schmeckte erstaunlich gut, das Fleisch war auf den Punkt gebraten, innen rosig, außen kross, und das Birnenmousse bildete einen hervorragenden Kontrast zu der cremigen Gorgonzolasauce, die Volker gezaubert hatte. Perfekt war auch der Chardonnay in unseren Gläsern. Ein Sampler mit Rockballaden befand sich noch in der Kompaktanlage im Küchenregal. REM, HIM, Reamonn … Lauter zärtliche kleine Stücke, wie geschaffen für ein Dinner zu zweit. Vermutlich für einen romantischen Abend mit Schütte.
    Und es war doch nicht vorbei. Je länger ich mit Volker in dieser verdammten Küche saß, desto klarer wurde mir das. Ich verlor mich plötzlich wieder im Novembergrau seiner Augen. Immer öfter. Immer intensiver. Und ich spürte, dass es ihm genauso ging.
    Dann schob sich Max dazwischen, bleich in seinem Krankenhausbett. Max zu Hause, in unserem Zuhause, wie er mit seiner Bierflasche in der Hand auf den Steinstufen der Terrasse sitzt, Clyde neben sich, den er krault, und mir zufrieden zusieht, wie ich mit Bonnie in unserem kleinen Hinterhof-Garten herumwandere, hier ein Hälmchen Unkraut aus dem Beet zupfe, dort eine trockene Blüte entferne …
    »Ich glaube, es ist besser, wenn du jetzt gehst«, sagte ich abrupt. »Sonst gewöhne ich mich noch zu sehr an das hier.« Ich machte eine vage Geste mit der Hand. »Und das möchte ich nicht.«
    Volker sah mich nachdenklich an. Ich sah Verständnis in seinen Augen aufblitzen. Er stand auf, kam um den Tisch herum, schob seine Hand in meinen Nacken und schüttelte mich sachte. Ganz sachte nur, eine zärtliche Geste. Dann zog er sich die Schuhe an und nahm seine Lederjacke vom Haken.
    Ich blieb am Küchentisch sitzen und hielt mich am langen Stiel meines Weinglases fest.
    Er kam noch einmal zurück und legte Beas Schlüssel auf den Küchentisch. »Schade. Hätte doch gut was mit uns werden können – damals«, sagte er.
    Ich lächelte versonnen. »Vielleicht auch nicht. Wir waren noch so verdammt jung. Und irgendwie sehr anders.« Ich griff nach seiner Hand, zog sie zu mir heran und drücke meine Lippen auf die zarte Haut über seinem Puls. Die gleiche zärtliche Geste, mit der ich mich heute früh von Max verabschiedet hatte. »Und jetzt hau ab, bevor ich es mir anders überlege«, murmelte

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