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Innenhafen

Innenhafen

Titel: Innenhafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Sternberg
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lag es an beidem.
    Nur war dieser Max mit seiner Lust auf mich und seiner Leidenschaft jetzt seltsam weit weg. Er war an seinem Schreibtisch eingeschlafen und an meiner Müdigkeit erstickt. Denn auch mein neuer Job war nicht gerade förderlich für traute Zweisamkeit. Wenn Max endlich von seinem Schreibtisch aufsah, war ich bereits müde ins Bett gekrochen. Unser beider Arbeitsleben hatte sich als verdammter Lustkiller erwiesen. Wen wunderte das? Wir waren gewiss nicht die Einzigen, denen es so ging. Ich vermisste die Zeit, in der wir so verdammt hungrig aufeinander gewesen waren. In der Max mich angesehen hatte mit leuchtendem Blick und ich ihn. Und nun war Volker über mich hereingebrochen. Seltsam vertraut und doch so neu. Wie bald würde es mir mit Volker ebenso gehen wie im letzten Jahr mit Max? Der normale Lauf der Dinge. Man verliebte sich, die Emotionen schlugen hoch, alles war aufregend, neu, spannend, es gab so viel zu entdecken. Und irgendwann war es vorbei mit dem Entdecken, und der Alltag schlich sich still und heimlich in die Seele. Nistete sich ein mit kleinen Staubflocken. Bildete Wollnester unter dem Sofa und Spinnweben in den Winkeln und Ecken. Und ließ die Luft etwas abgestanden und fad werden, wenn man nicht schnell genug die Fenster öffnete und frischen Wind durch die Räume fegen ließ. Auch mein Fehler, gestand ich mir ein. Es wäre billig, das nur dem anderen anzulasten. Mein eigener verdammter Fehler!
    Und wieder sah ich Max in seinem Krankenhausbett vor mir, die Brust hob und senkte sich im steten Auf und Ab der Maschine. Nur noch eine kurze Zeit, dann würden sie ihn aus dem Koma zurückholen. Ich würde da sein. Ein Leben ohne Max wollte ich mir einfach nicht vorstellen.

ELF
    Im Berufsleben irgendwo neu anzufangen, war immer anstrengend. Neue Vorgesetzte, fremde Materie, ungewohnte Gepflogenheiten, unbekannte Kollegen. Man musste erst mal unglaublich viel verarbeiten. Aufnehmen, sondieren, sortieren, Charaktere einschätzen, eine persönliche Ebene mit Chefs und Kollegen finden, mit ihnen warm werden oder auch nicht. Tausend kleine Fallstricke.
    Die Kollegen, mit denen ich jetzt seit zehn Monaten das Büro teilte, waren mir zwar nicht mehr fremd. Vertraut waren sie mir deshalb aber noch lange nicht. Fast nur Männer um mich herum, wie überall in der IT-Welt. Das war auch hier bei der Landeszentrale nicht anders. Zwar gab es in anderen Abteilungen ebenfalls das ein oder andere weibliche Wesen. In meinem Bereich jedoch war ich die einzige Henne im Korb zwischen all den Hähnen und Hähnchen.
    Ich saß mit sieben Kollegen und einem Auszubildenden in einem Großraumbüro, das dankenswerterweise wirklich groß war. Bunte Stellwände trennten die Schreibtischblöcke voneinander ab, die im Doppelpack zusammengestellt waren. Mir hatte man einen Platz mit einer festen Wand im Rücken zugestanden, eine großzügige Geste, die vermutlich dem Frauenbonus zuzuschreiben war.
    Zwei der Hähne hatte ich schnell herausgepickt in meinem neuen Arbeitsumfeld und erst mal elegant umschifft. Junge, dynamische Allrounder, die genau diesen Habitus auch vor sich hertrugen. Allrounder musste man nämlich sein in dieser Welt der Global Player. Ob sie fachlich wirklich so versiert waren, wie sie mit viel Getöse insbesondere vor mir, der Neuen, von sich behaupteten, wagte ich zu bezweifeln.
    Die anderen waren unauffällig, was die Einschätzung zwar nicht leichter machte, den Umgang mit ihnen jedoch angenehmer gestaltete. Nicht so viel Wind, so einfach war das. Außerdem hielt ich mindestens drei der übrigen Kollegen für deutlich qualifizierter als die beiden Möchtegern-Alphahähnchen.
    An meinem Schreibtischblock saß ein anderes Kaliber, ein Spaßvogel mit einem seltsamen Gemisch aus Tollpatschigkeit und Feingefühl. »Heiko König, achtunddreißig, verheiratet, zwei Kinder, ein Hund und ein Körper, in dem viel Geld steckt.« So hatte er sich vorgestellt und dabei liebevoll seinen Bauch getätschelt, der sich unter einem verbeulten Sweatshirt wölbte. »Wir duzen uns hier alle. Herzlich willkommen.« Als er mir die Hand entgegenstreckte, stieß er den Kaffeebecher um, der auf seinem Schreibtisch stand. »Mist«, fluchte er. »Das sieht mir mal wieder ähnlich.«
    Ich musste lachen. »Passiert mir auch, so was. Toni Blauvogel, siebenundvierzig, ein Freund, zwei Adoptivkatzen und vertraut mit dem Sitzen auf Barhockern. Freut mich, auf gute Zusammenarbeit!« Dann hatte ich eine Packung Papiertaschentücher

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