Innenhafen
Behrends Waigel-Brauen schossen in die Höhe. »Ja – und?«, versuchte er dennoch zu parieren.
Volker lächelte freundlich, und ich hielt die Luft an.
»Und dass es eigentlich gar nicht nur um den Neubau der Ruhrcity-Bank geht, weil dieser Neubau nämlich Bestandteil eines viel größeren Bauprojektes ist«, fuhr Volker ruhig fort. »Ein Bauprojekt, bei dem Sie, Herr Dr. Behrends, als Investor auftreten. Pardon, nicht Sie persönlich natürlich, sondern Ihre Bank. Und zwar über die Rigaer Investment Trust GmbH, deren stiller Teilhaber Sie ebenfalls sind. Und Stadtrat Schönlein natürlich. Darf ich annehmen, dass Miroslaw Zirkow beim Bau des LogPort-Zentrums ebenfalls federführend in Sachen Architektur ist? Bemühen Sie sich nicht. Das lässt sich leicht nachprüfen.«
Behrends versuchte gar nicht mehr, etwas zu sagen. Aber sein Gesicht war finster wie eine plötzlich aufziehende Gewitterfront.
»Holger Schönlein ist doch auch Architekt, nicht wahr?«, fragte Volker scheinheilig. »Und als Stadtrat Baudezernent im Bereich Stadtentwicklung. Als alte Doppelkopf-Freunde kooperieren Sie beide wirklich hervorragend miteinander. Das Einzige, was ich noch nicht einsortieren kann, ist die Funktion der G.A.K.A GmbH in Venlo. Der Inhaber heißt Gino Zirkow. Eine zufällige Namensgleichheit mit Ihrem Star-Architekten? Oder gar eine Verwandtschaft? Aber dazu wollen Sie mir vermutlich nichts sagen. Wir werden das aber auch allein herausbekommen, glauben Sie mir. Ich möchte fast wetten, dass wir dabei noch auf weitere sehr stille, sehr verborgene Beteiligungen stoßen werden.«
»Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen.« Behrends hatte sich aus seiner Lethargie befreit. Mit einem Ruck stand er auf. »Wenn Sie weiter nichts gegen mich in der Hand haben …«
»Ist es das, womit Kurt Türauf Sie erpresst hat?«, mischte ich mich wieder ein. »Musste er deshalb sterben?«
»Hören Sie auf!« Seine dicken Waigel-Brauen kündeten von drohendem Gewitter. Von Wolkenbruch und Donnerschlag.
»Wie wollen Sie mich dieses Mal entsorgen? Das mit dem Auto hat ja nicht geklappt. Allerdings haben Sie meinen Freund erwischt. Dass er dabei fast draufgegangen wäre, nehme ich Ihnen persönlich übel.«
»Sie sind ja völlig wahnsinnig!«, brüllte Behrends plötzlich los. »Das lasse ich mir nicht bieten! Raus hier!«
Wie auf Kommando standen zwei Kellner parat. Der eine zerrte Volker aus dem Stuhl, der andere packte meinen Oberarm und schob mich rüde durch den Raum. Es tat weh. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie auch Volker unsanft zur Tür geschleust wurde.
Ich wand mich aus dem Griff des Kellners und funkelte ihn zornig an. »Danke, ich finde allein raus.« Die Wut in mir überlagerte die Angst. Flink tänzelte ich um ihn herum und baute mich noch mal vor Behrends auf. »Wollen Sie die Polizei rufen? Machen Sie ruhig. Ich glaube, die wird das richtig interessant finden.«
Der Kellner griff erneut zu und zerrte mich zur Tür. Fast wäre ich lang auf dem Pflaster hingeschlagen, als er mich mit einem kräftigen Schubs hinausbeförderte.
»Die Sache fängt an, brenzlig zu werden«, stellte ich euphorisch fest, während Volker den Smart auf der A 59 in den dichten Verkehr einfädelte. Das Adrenalin schäumte immer noch in meinem Blut. Wie ein Rieslingsekt, perlend und spritzig. »Heute haben wir wirklich eine Menge rausbekommen, findest du nicht?«
»Das kannst du laut sagen.«
Ich warf ihm einen Blick zu. Volker sah unglaublich zufrieden aus. Wie Clyde, wenn er gerade etwas besonders Leckeres gefressen hatte. Nur, dass Volker sich nicht so verräterisch mit der Zunge das Maul leckte.
Ich wendete meine Aufmerksamkeit wieder der Straße zu. »He, wo willst du denn hin?«, protestierte ich, denn er bog nicht auf die A 40 ab, sondern folgte der A 59 weiter nordwärts.
»Irina«, erinnerte er mich. »Wir wollten doch noch mal gucken, ob sie jetzt da ist.«
»Stimmt. Das hatten wir vor.« Ich war immer noch aufgekratzt. »Also: Schönlein entscheidet als Stadtrat über Bauvorhaben mit und ist wie Behrends stiller Teilhaber von New Look Facility in Riga«, fasste ich zusammen. »Dann hat er sich den Auftrag in gewisser Weise selbst zugeschustert, oder wie würdest du das nennen?«
»Hat er. Behrends wiederum ist die treibende Kraft hinter dem Auftreten seiner Bank als Investor und finanziell auch persönlich schwer an der Sache beteiligt.«
»Und Kurt hat den Behrends erpresst. Das klingt nach einem handfesten Motiv, ihn um die
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