Innere Werte
um eventuelle OP-Narben zu finden.«
»Ach so, ja klar. Und was ist mit den Immobilien?«
»Die Villa in der Schönen Aussicht hat er vor acht Jahren gekauft, dann besitzt er noch ein Ferienhaus auf Sylt –«
»Auf Sylt, na klar, wo sonst«, murmelte Martin dazwischen.
»Dann hat er noch eine Eigentumswohnung am Kureck. Die ist vermietet an eine Frau Wolff. Und das ist alles.«
»Was ist mit seiner Gattin? Hat die vielleicht Immobilien auf ihren Namen?«
»Nein, da ist nichts.«
»O.k., dann fahren wir beide ins Casino.« Martin warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Dürfte jetzt offen sein.«
Als sie entlang der Kolonnaden auf das Kurhaus zuliefen, in dem sich die Spielbank befand, dämmerte es schon. Die beiden dreischaligen Kaskadenbrunnen auf dem sogenannten Bowling Green, wie die große Grünfläche vor dem Kurhaus genannt wurde, waren in anmutiges Licht getaucht. Ebenso die historischen und prunkvollen Gebäude, die das Kurhaus umgaben. Zur Rechten erstreckten sich die Theaterkolonnaden entlang des barocken Hessischen Staatstheaters und zur Linken die mit hundertneunundzwanzig Metern längste Säulenhalle Europas. Martin fand dieses Ensemble immer wieder eindrucksvoll. Es war, als befände man sich in einer anderen Zeit. Lediglich die zumeist teuren Karossen ließen auf die Gegenwart schließen. Hier war der gesellschaftliche Mittelpunkt Wiesbadens, der den vielen Veranstaltungen einen stattlichen Rahmen bot. Das Kurhaus bestand aus zwei gleich großen Flügeln, in deren Mitte sich eine von Säulen getragene Vorhalle befand. Ein Dreiecksgiebel auf diesem Portikus erinnerte an griechisch-römische Tempel. Der Eindruck wurde im Foyer des Gebäudes durch überlebensgroße griechische Götterstatuen und Mosaikmedaillons mit Darstellungen aus der römischen Götterwelt noch verstärkt.
Paul war noch nie hier drin gewesen und sah sich staunend um. Besonders beeindruckend war die hohe Kuppel, die die große Halle überspannte.
»Nicht schlecht, würde ich sagen.« Er nickte anerkennend, während er Martin ins Casino folgte. Am Eingang wurden sie darauf hingewiesen, dass eine gewisse Kleiderordnung herrschte, die Krawatte und Jackett für die Herren vorschrieb. Martin zückte seinen Ausweis sowie ein Foto von Gleisinger und erklärte den Grund ihres Besuches. Der Mann im Anzug erkannte Udo Gleisinger sofort und berichtete, dass der Herr in der Regel zwei- bis dreimal pro Woche hier verkehrte, er ihn aber heute noch nicht gesehen habe.
Martin und Paul betraten den Saal und blickten sich um. Noch war nicht viel los. Die Rouletttische waren zumeist unbesetzt, nur an den Pokertischen saßen schon einige Leute.
»Wahrscheinlich sind wir viel zu früh«, mutmaßte Paul.
»Glaub ich nicht. Als wir ihn zum ersten Mal zu Hause antrafen, war er auch auf dem Weg hierher, und das war gegen sechs.«
Paul blickte auf die Uhr. Viertel nach sechs.
»Lass uns dort drüben an der Bar warten. Ich geb dir einen aus.«
»Hier? Das ist bestimmt schweineteuer«, flüsterte Paul.
»Heute geht das auf Kosten von Milster.«
»Weil er dich geärgert hat?«
»Genau!«
Die beiden rutschten auf die Barhocker am Tresen und bestellten sich ein alkoholfreies Bier.
»Warst du schon mal hier?«, wollte Paul wissen.
»Ja. Und ich hab sogar gespielt.« In Erinnerung an den Abend lächelte er vor sich hin. »Ich war mit Karla hier und wir haben hundert Euro verprasst. Ich sag dir, das ging schneller als du gucken kannst. Aber das war uns der Spaß wert.«
Paul drehte sich auf seinem Hocker dem Saal zu und betrachtete die prachtvolle Ausstattung. Der Raum war mit Kirschbaumholz getäfelt, beeindruckende Kristallleuchter hingen von der Decke und das Mobiliar war ausgesprochen elegant.
»Hier glaubt man, es ist immer noch Weihnachten, so festlich wie das aussieht.«
»Ja, es ist schon schön, ohne Frage. Wie war eigentlich dein Weihnachtsfest?«
»Ich hab deinen Rat befolgt.«
»Welchen?«
»Meine Freundin loszuwerden.«
»Was?« Martin verschluckte sich fast an seinem Bier. Er stellte das Glas zurück und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. »Das glaub ich jetzt nicht.«
»Doch. Ich hab Schluss gemacht.«
»Aber doch nicht meinetwegen?«, fragte er besorgt.
»Es war meine Entscheidung, aber du hattest mit allem, was du gesagt hast, recht. Außerdem hatte ich schon seit Längerem Panik, dass ich aus der Nummer nicht mehr rauskomme. Und ich muss zugeben, ich fühl mich jetzt viel besser.«
Martin legte dem
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