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Innere Werte

Innere Werte

Titel: Innere Werte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Hamann
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nervös hin und her. »Das macht einen ja ganz irre.«
    »Ruhig Blut, Chef«, sagte Michael. »Sieh es positiv. Das ist doch wie in deiner Ehe.«
    »Meiner Ehe?« Verständnislos blickte er Michael an, der zurückgelehnt und wie immer mit Jeans und Jackett gekleidet auf seinem Stuhl saß. »Was hat die denn damit zu tun?«
    »So ein neuer Fall ist wie eine gute Ehe: Beides bleibt spannend.«
    »Du hast Sprüche drauf.« Martin schüttelte den Kopf.
    Eine ganze Stunde verging, bis das Telefon klingelte.
    »Also«, begann Herr Ulrich, »die Prothese mit den von Ihnen genannten Nummern wurde am achtzehnten September 2007 an die Orthopädische Klinik der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz geschickt. Ich sende Ihnen die Daten gleich noch per E-Mail zu. Dann haben Sie’s schriftlich.«
    Martin bedankte sich, während Dieter schon begonnen hatte, die Nummer der Klinik rauszusuchen. Leider wollte man dort keine telefonische Auskunft geben, so dass Martin und Paul sich persönlich auf den Weg machen mussten. Die Straßen waren heute am Sonntag wenig befahren, so dass sie für die zwölf Kilometer nur dreizehn Minuten brauchten.
    Im Implantatbuch suchte der diensthabende Arzt den zu den Nummern passenden Patienten heraus.
    »Hier!«, sagte er, als er fündig wurde und deutete mit dem Finger auf die entsprechende Zeile. »Der Patient heißt Peter Bielmann. Die TEP wurde ihm im September 2007 bei uns eingesetzt.«
    »TEP?«
    »Totalendoprothese«, erklärte der Arzt. »Das ist der künstliche Gelenkersatz, bei dem das komplette Gelenk ersetzt wird. Also Gelenkkopf und -pfanne.«
    »Verstehe. Können wir die Patientendaten bitte einsehen?«, bat Martin.
    »Kein Problem. Kann aber einen Moment dauern.«
    Der Arzt verschwand und kam mit einer Akte wieder, die er den Beamten überließ.
    Noch während der Fahrt zurück zum Präsidium gab Paul die Personalien des Toten an die Kollegen durch, damit sie alles, was über diesen Mann im System gespeichert war, heraussuchten. Martin hielt unterwegs kurz an, um einige Sandwiches bei Subway zu besorgen. Er wusste, wenn ein Toter einmal einen Namen hatte, fing die Arbeit erst so richtig an und niemand konnte wissen, was die nächsten Stunden brachten, wie lange die ersten Ermittlungen dauern würden. Vielleicht würden sie später keine Zeit mehr haben, um etwas zu essen. Und es war wichtig, bei Kräften zu bleiben, damit die Konzentration nicht nachließ.
    Zusammen mit Paul betrat er eilig das Büro und legte die Futter-Tüte auf den Schreibtisch.
    »Hier, bedient euch«, bot er an. Neugierig blickte er Dieter, der vor dem PC saß, über die Schulter. »Habt ihr schon was gefunden?«
    »Nicht gerade viel. Peter Bielmann, zweiunddreißig Jahre alt, in Frankfurt geboren. Er war Fliesenleger, aber seit vier Jahren arbeitslos. Hartz IV-Empfänger. Gemeldet ist er seit mehreren Jahren in der Ernst-von-Harnack-Straße sieben.«
    »Das ist in der Siedlung Klarenthal«, überlegte Martin laut. »Angehörige?«
    »Keine Eltern, keine Geschwister.«
    »Empfangen vom Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria«, kommentierte Paul.
    Michael rief vom anderen Schreibtisch herüber: »Eine Ex-Ehefrau gibt’s noch, aber keine Kinder. Bielmann hat mit sechsundzwanzig Jahren geheiratet und wurde nach dreijähriger Ehe geschieden. Die Frau wohnt seitdem in Dortmund.«
    »Und das scheint auch schon alles zu sein«, ergänzte Dieter. »Denn aktenkundig ist er bei uns nicht.«
    »Also ein unbeschriebenes Blatt«, folgerte Martin und setzte sich.
    »Hier ist ein Foto von ihm vom Einwohnermeldeamt.« Michael reichte ihm einen Ausdruck. »Vor zwei Jahren hat er einen neuen Personalausweis beantragt. Führerschein hat er auch, aber kein Auto, dass zurzeit auf ihn angemeldet ist.«
    Martin holte sich ein Sandwich aus der Tüte. Nachdenklich biss er hinein und betrachtete das Bild von Peter Bielmann. Es war immer wieder ein seltsames Gefühl, wenn ganz plötzlich die Leichenteile oder entstellte Tote ein Gesicht bekamen, einen Namen hatten. Erst dann wurden sie für Martin richtig Mensch, einer, der eine Geschichte hatte, Angehörige, ein Leben vor dem Tod. Und was das für ein Leben gewesen war, galt es nun herauszufinden.
    Nachdem der Kommissar Michael gebeten hatte, eine Anfrage bei der Zentrale zu machen, um die Handy- und Telefonverbindungen der letzen Zeit möglichst schnell herauszubekommen, fuhr er mit Dieter und Paul sowie einem Kollegen vom Erkennungsdienst zur angegebenen Adresse.

7
     
    Die

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