Innere Werte
gesehen?«
»Bin gerade dabei.«
»Ich frage mich die ganze Zeit, wie es wohl ist, zu erfrieren?« Nachdenklich blickte Michael vor sich hin.
»Ich schätze kalt!«
»Sehr witzig.«
»Ich will morgen zu Stieber, dann kannst du mitkommen und ihn fragen. Der wird uns das sicher erklären.«
»Sag mal, wo steckt Paul eigentlich?«
»Gute Frage. Er geht nicht an sein Handy und zu Hause scheint er auch nicht zu sein.«
»Das riecht nach Ärger.«
»Das kannst du glauben.«
»Ich weiß, wie seine Freundin mit Nachnamen heißt.« Michael blickte erwartungsvoll zu Martin.
»Was stehst du da noch rum? Such die Telefonnummer raus.«
Michael tat, wie ihm geheißen. Er tippte wenig später die entsprechenden Tasten des Telefons und reichte Martin den Apparat. Eine Frauenstimme meldete sich.
»Lauxmann.«
»Sandor hier. Ist Paul Fischer zurzeit bei Ihnen?«
»Ja, Paul ist hier.«
»Kann ich ihn bitte sprechen?«
»Aber er hat doch gar keinen Dienst.«
»Frau Lauxmann, ein Polizist hat immer Dienst. Also holen Sie mir Paul ans Telefon und wenn’s geht im Eiltempo.«
Nicole Lauxmann sagte nichts mehr und übergab an Paul.
»Hallo?«
»Martin hier. Wo, verdammt noch mal, steckst du die ganze Zeit?«
»Wieso? Ist was passiert?«
»Nichts Außergewöhnliches, nur eine Frauenleiche im Wald.«
»Wo soll ich hinkommen?«
»Ins Präsidium und das zackig.« Martin drückte das Gespräch weg. Noch ehe er etwas sagen konnte, wurde die Tür schwungvoll aufgerissen und Dieter kam herein.
»Stellt euch vor, wir haben zwei Pkws auf den Parkplätzen in Tatortnähe gefunden.«
»Das ist ja mal ’ne Sensation: Autos auf Parkplätzen.« Michael grinste seinen Kollegen an.
»Ich denke schon«, gab dieser ernst zurück. »Denn wir haben die Halter überprüft und ein Wagen gehört … jetzt haltet euch fest … Anja Schulte.«
»Das war doch die von der Bank«, überlegte Michael laut. »Ist sie die Tote?«
Gespannt warteten sie auf Dieters Antwort.
»Nach dem Foto vom Einwohnermeldeamt zu urteilen, ist sie das. Ich hab –«
»Scheiße! Verdammt noch mal!«, fluchte Martin, sprang auf und schubste dabei seinen Stuhl nach hinten weg, dass er umkippte. »Wär ich doch bloß gleich zu ihr gefahren. Ich wusste, dass da was faul ist.« Er stellte den Stuhl wieder auf und schlug mit der Faust auf die Rückenlehne. »Mist!«
»Ich hab die Bilder mailen lassen. Wir können sie auf dem PC nochmal ansehen, dann könnt ihr selbst urteilen«, beendete Dieter nun seinen Satz. Während er das Outlook und den Posteingang öffnete, fuhr er fort: »Der Wagen wird noch von der Spusi untersucht. Aber ein interessantes Detail fiel sofort ins Auge. An der Fahrertür war auch das Wort ›Bitch‹ in den Lack gekratzt.«
»Na, da haben wir doch den Beweis, dass die Inschrift im Waldboden dem Opfer gegolten hat«, folgerte Michael ganz logisch.
»Aber ist das auch ein Beweis für Mord?«, fragte Dieter skeptisch.
»Was soll es denn sonst sein?« Michael schien keine Zweifel zu haben.
»Man sollte Dinge nicht aufschieben.« Martin ärgerte sich immer noch über die verpasste Chance, mit Anja Schulte persönlich zu reden.
»Das kannst du jetzt nicht mehr ändern. Hier!« Dieter deutete auf den Bildschirm, wo das Passfoto von Anja Schulte erschien. Sofort war den Männern klar, dass es sich mit ziemlicher Sicherheit um die Tote handelte. Die gleichen roten, kurzen Haare, das schmale Gesicht, genau wie bei der Frau im Wald. Nur mit dem Unterschied, dass ihnen auf dem Bild grüne Augen entgegenblickten und ein nettes Lächeln ihren Mund umspielte.
»Da besteht wohl kein Zweifel mehr«, seufzte Martin. »Es sei denn, sie hat eine Zwillingsschwester, die mit ihrem Auto unterwegs war.«
»Ich stell mal fest, wo sie wohnt und wer die Angehörigen sind.« Dieter tippte auf der Tastatur herum.
»Mann, Mann, Mann!« Martin ließ sich wieder auf seinen Stuhl fallen und schlug mit der flachen Hand auf den Schreibtisch.
»Willst du nicht mal aufhören, Staatseigentum zu drangsalieren?«, fragte Michael.
Martin warf einen Kugelschreiber in seine Richtung. »Ich hatte gleich so ein beschissenes Gefühl als ich mit der telefoniert hab. Und da sagt der Alte immer, ich soll nicht auf mein Gefühl hören. Jetzt haben wir die Scheiße am Backen. Zwei Todesfälle, die zweifellos zusammenhängen, und das innerhalb von zehn Tagen.«
»Vielleicht bleibt uns wenigstens die Weihnachtsleiche erspart«, hoffte Michael und dachte an all die Jahre zuvor,
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