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Innere Werte

Innere Werte

Titel: Innere Werte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Hamann
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gewaltsam vom Anblick der Toten losreißen, um die Bilder zu verdrängen, die sich in seine Gedanken schoben. Denn es war natürlich Blödsinn, einer Toten ansehen zu wollen, wie sie zu Lebzeiten gewesen war.
    Ein unangenehmer, kalter Wind pfiff durch den Wald und Martin verließ mit seinen Kollegen die Absperrung. Michael fuhr ins Präsidium und Martin ließ sich eine Karte des Waldgebietes geben. Er breitete sie auf der Motorhaube seines Wagens aus und erklärte Dieter und zwei weiteren Beamten: »Ich möchte, dass innerhalb dieses Gebietes«, er zog einen imaginären Kreis, »alle Wege und Parkplätze kontrolliert werden. Die Hundestaffel soll ihre vierbeinigen Spezialisten einsetzen und das Gelände durchforsten. Vielleicht lässt sich eine Spur verfolgen. Dann brauchen wir schnellstens Fotos der Toten, mit denen wir Befragungen in den umliegenden Gasthäusern durchführen. Chausseehaus, oben auf dem Schläferskopf, und auch im Forstamt. Sie koordinieren das, sobald die Kollegen der Hundertschaft eintreffen.«
    »Die müssten jeden Moment da sein«, sagte der angesprochene Beamte.
    Aus einiger Entfernung drangen erregte Stimmen zu ihnen herüber. Martin blickte auf und erkannte eine Gruppe von mindestens zwanzig Leuten, die aufgeregt mit einem Polizisten diskutierten.
    »Was ist denn da los?« Und schon waren Martin und seine Kollegen auf dem Weg. Sie sahen, wie zwei Männer, offensichtlich Journalisten, Fotos vom Tatort machten. Martin beeilte sich, sie zu erreichen.
    »Hören Sie auf, Fotos zu machen«, fuhr er die beiden an.
    »Das ist ein freies Land«, erwiderte der eine und hob schon wieder die Kamera, um abzudrücken.
    Martin nahm sie ihm kurzerhand ab. »Die können Sie sich auf dem Präsidium wieder abholen. Und Ihre gleich mit.« Damit hatte er auch dem zweiten Journalisten den Fotoapparat aus der Hand genommen. Verdutzt blickte der ihn an. »Sie als Medienfachleute sollten wissen, dass man an einem Tatort keine Fotos macht, die eventuelles Hintergrundwissen des Täters, das für den Tathergang maßgeblich sein kann, dokumentieren. Von Veröffentlichung ganz zu schweigen. Also, hier macht keiner Fotos außer der Polizei.«
    Das Stimmengewirr wurde lauter und man konnte sein eigenes Wort kaum mehr verstehen. »Ruhe! Verdammt nochmal!«, brüllte Martin. Augenblicklich waren alle still und starrten den Kommissar an. »Wer zum Teufel hat Sie verständigt?«
    »Wieso verständigt?« Ein drahtiger junger Mann sah Martin verständnislos an.
    »Sie sind doch von der Presse, wenn ich das richtig deute?« Er warf den beiden Fotografen einen bösen Blick zu. Auf die Presse war Martin nicht besonders gut zu sprechen. Schon mehrfach war er mit Journalisten aneinandergeraten. Seiner Meinung nach verdrehten sie zu oft Tatsachen und ergötzten sich an der Not anderer zugunsten einer Nachricht, die Aufsehen erregte, und zum Leidwesen der Leser, deren Angst sie schürten. Bis auf einige Ausnahmen hielt er alle Journalisten für sensationsgeil und unsensibel. Die Situation gerade eben bestätigte sein Bild mal wieder.
    »Presse? Nein. Nur die beiden Herren. Wir haben hier einen Besichtigungstermin.«
    »Besichtigungstermin? Was wollten Sie denn hier im Wald besichtigen?«
    »Den Wald eben.«
    »Und nur den Wald. Auf Leichen waren wir nicht vorbereitet«, hörte man eine Frau sagen, der das Entsetzen im Gesicht stand.
    Ein anderer Mann trat aus der Gruppe hervor. »Ich bin Friedrich Gauch vom Radsportverein, und diese Leute hier sind alle Inspektoren und Mitglieder des Sport- und Umweltausschusses, des Jugendparlaments und Vertreter des Forstamtes. Wir sind dabei, das Waldgebiet zwischen Winterbruch, Heidekopf und Schläferskopf zu begutachten. Hier soll eine Mountainbikestrecke entstehen.«
    »Oder auch nicht«, rief irgendjemand dazwischen. »Wenn die hier mit ihren Rädern durch den Wald rauschen, kann man ja nicht mehr in Ruhe spazierengehen. Das ist viel zu gefährlich. Außerdem stört es die Tiere.«
    »Wie Sie sehen, gibt es Befürworter und Gegner«, erklärte Herr Gauch. Dann wandte er sich um. »Das wurde doch schon alles auf breiter Ebene diskutiert.«
    »Ja, aber kapiert habt ihr es immer noch nicht.«
    »Meine Herren«, rief Martin laut. »Ihre Querelen können Sie sonstwo austragen, aber nicht hier. Vielleicht haben Sie es noch nicht mitbekommen, aber Sie sind hier in polizeiliche Ermittlungen gestolpert.«
    »Ja«, sagte einer der Presseleute, »und fast über eine Leiche.«
    »Und genau aus dem Grund

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