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Innerste Sphaere

Innerste Sphaere

Titel: Innerste Sphaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Fine
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los und fing an, seine Rüstung abzulegen.
    »Jetzt komm ich nicht mehr mit«, sagte ich. »Wollten wir nicht trainieren?«
    »Doch.« Er widmete sich den Schnallen an seinen Schultern. »Aber die Mazikin tragen keine Rüstung, also tu ich das auch nicht, wenn ich mit dir übe.« Nach kaum einer Minute war er fertig. »Komm, gehen wir aufs Dach. Da haben wir mehr Platz und machen kein kostbares Porzellan oder Antiquitäten kaputt.«
    Mit einem Lachen folgte ich ihm und hoffte inständig, dass ich mich nicht noch mal blamierte.
    »Die Beleuchtung ist nicht sonderlich«, sagte er und schaute sich um, »aber du musst dich sowieso dran gewöhnen, im Dunkeln zu kämpfen. Entschuldige mich einen Moment.« Er ging zu einem älteren Mann, der mitten auf dem kiesbedeckten Flachdach hockte und zwei leere Flaschen, sie sahen aus wie Ginflaschen, in der Hand hielt. Ich schnupperte, ob Fäulnis oder Weihrauch in der Luft lag, roch aber nur Alkohol. Malachi beugte sich über den Mann. »In Ihrer Wohnung haben Sie es bequemer«, sagte er freundlich.
    »Ich bin in meiner Wohnung«, nuschelte der Mann. Seine Augen leuchteten, als sich die Flaschen mit einer trüben Flüssigkeit füllten. Er hob eine an die Lippen und trank hastig. Dass Malachi ihn hochhob, zum Treppenhaus trug und behutsam auf den obersten Stufen absetzte, schien er kaum zu bemerken.
    Sobald er die Tür hinter dem Mann geschlossen hatte, ging Malachi zur Tagesordnung über, als würde er so etwas den ganzen Tag machen. »Bei Mazikin geht es vor allem darum, vor ihren Zähnen auf der Hut zu sein. Das ist einer der Gründe, warum wir die Rüstung an Unterarmen und Unterschenkeln tragen – damit kann man ganz gut einen Biss abwehren. Aber lass ihre Fingernägel nicht außer Acht – die sind übel. Nicht giftig wie die Zähne, aber ein Kratzer entzündet sich leicht und heilt schlecht.«
    Ich rieb mir über den Handrücken, wo Sils Klauen sich eingegraben hatten. Ich war dankbar, dass Raphael mich so rasch geheilt hatte – vor allem als Malachi sich umdrehte und seinen Rücken entblößte. Vier breite, zackige Striemen zogen sich diagonal von den Rippen bis zu den Hüften. Ich schauderte. Er sah über die Schulter und lächelte grimmig.
    »Juri«, sagte er. »Das eine Mal, als er mich ohne Rüstung erwischt hat. Er ist mir vor jener Nacht in der Gasse schon des Öfteren begnet.«
    »Mir auch.« Ich verschränkte die Arme vor der Brust.
    Malachis Augen funkelten zornig. »Er hat mit dir gesprochen. Er sagte, du –«
    Ich hob beschwörend die Hände, wollte diese Worte nicht noch einmal hören. »Ja. Ich vermute, er hat mich gesehen, als ich früher hier war. Als Geist. Er hat mich erkannt. Und sich richtig gefreut, als er mich sah.«
    In Fleisch und Blut
, hatte Juri geflüstert.
    Schaudernd wandte ich mich von Malachi ab. So konnte ich nicht stark werden. Ich musste mich zusammenreißen.
    »Du hast mich in der Nacht gerettet.« Malachis Stimme klang sanft. »Danke, dass du ihm den endgültigen Sieg vermasselt hast.«
    Langsam drehte ich mich um. »Ana sagt, dass er dich gern in deiner Muttersprache verspottet, dass er deshalb die Körper von Menschen stiehlt, die slowakisch sprechen.«
    Malachi schlurfte über den Kies, prüfte, ob man auf dem Untergrund einen festen Stand hatte.
    »Slowakisch ist eigentlich nicht meine Muttersprache. Es war nur die Sprache der Stadt, in der ich gelebt habe.«
    »Moment mal – wie viele Sprachen sprichst du überhaupt?«
    Er biss sich auf die Lippen und schaute in die Luft. Anscheinend zählte er. »Ich spreche sieben Sprachen. Und dank Michael kenne ich unzählige obszöne Ausdrücke in zwölf weiteren.«
    Plötzlich kam ich mir ziemlich jung und ungebildet vor, aber ich ließ nicht locker, wollte mehr über ihn wissen. »Was ist dann deine Muttersprache?«
    »Eigentlich sind das zwei. Jiddisch von meinem Vater und Romani von meiner Mutter.« Er lachte bitter. »Man kann sich ungefähr vorstellen, wie es war, ein jüdischer Zigeuner zu sein, als die Nazis nach Bratislava kamen. Nicht dass es vorher leicht gewesen wäre, aber es wurde nicht besser.«
    »Wie war Bratislava, als du ein Kind warst?« Ich wollte nicht zugeben, dass ich nicht einmal wusste, in welchem Land es lag.
    Er legte den Kopf schief und musterte mich mit schmalen Augen. »Schindest du Zeit, Lela?«
    Ich wich zurück, als ich seinen Gesichtsausdruck sah. »Überhaupt nicht. Interessiert mich nur. Du möchtest also jetzt einen Arschtritt? Musst du nur

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