Innerste Sphaere
diesem warmen, summenden Gefühl in der Brust, und fühlte mich völlig zufrieden.
Ob es das wohl war, was ich brauchte?
21
Als ich aufwachte, herrschte Stille. Ich hatte geträumt, dass ich Malachi tröstete, weil er über einer toten Mazikin weinte, die mir ähnelte. In dem Traum erkannte ich, dass die Mazikin meine Mutter war.
Ich ließ die Augen geschlossen, sodass mein Gehirn in Ruhe die Verbindung mit meinem Körper wieder aufnehmen konnte. Malachi war nicht bei mir; ich lag allein auf der Couch. Anscheinend war ich hier eingeschlafen, während ich mir, an ihn gelehnt, von ihm holte, was ich brauchte.
Eine muffige, raue Decke war über mich gebreitet. Die ausgefranste Kante kitzelte mich an der Wange. Ob er mich wohl zugedeckt hatte, damit ich nicht fror? Schon bei dem Gedanken daran wurde mir wärmer, als es die Decke je hätte bewirken können.
Ich sann über die vergangenen Tage nach und die Veränderungen, die sie gebracht hatten. Mein Leben lang hatte ich körperlich niemanden an mich herangelassen, wenn es sich irgendwie umgehen ließ. Immer wappnete ich mich, wenn ich dachte, dass mich jemand anfassen könnte, schreckte zurück, wenn sie es taten, und schlug um mich, bewusst oder unbewusst, wenn diese Berührung wehtat oder mich an Dinge erinnerte, die ich vergessen wollte. Damit schützte ich mich, aber ich ließ auch niemanden an mich heran, körperlich und emotional.
Insofern war ich wohl kaputt, wie Ana meinte.
Sogar Leute, die mich mochten, wie Diane. Wie Nadia. Wie oft war ich zusammengezuckt, wenn sie mir den Rücken tätschelten? Wie oft war ich vor einer Umarmung zurückgeschreckt? Ich konnte nicht über meinen Schatten springen, obwohl ich ihnen ansah, wie verletzt sie waren.
Ich hatte geglaubt, ich könnte mich nicht mehr an Berührungen erfreuen, das sei einfach weg. Vielleicht nie dagewesen. Ich hatte gedacht, so würde es für immer bleiben.
Mit Malachi war es anders. Mein Instinkt war noch auf der Hut; wenn er mich überraschte, schrillten die Alarmglocken. Aber sie waren verstummt, seit ich den dunklen Turm durchquert und das demütigende Eingeständnis gemacht hatte, was mir dort passiert war. Jetzt wollte ich sogar, dass mich Malachi anfasste. Ich war sicher gewesen, dass dies das Einzige war, was mir helfen könnte. Es fühlte sich gut an. Erstaunlich gut. Als wäre seine Gestalt, sein Geruch, seine Haut, die Art, wie er sich bewegte, wie er aussah, wie er roch, wie er sich anfühlte, wie er sich bewegte, für mich gemacht. Als würden unsere Herzen im selben Rhythmus schlagen.
Meine Gefühle hatten mich überfallen wie ein Blitz aus heiterem Himmel und sie waren im Lauf der Tage immer mächtiger geworden. Sie wuchsen mit jedem Moment, den ich mit ihm verbrachte, mit jeder rücksichtsvollen Geste, jeder sanften Berührung. Ich hatte keine Ahnung, wie ich da wieder rauskommen sollte.
Sich in der Hölle zu verlieben ist gefährlich.
Aber war es das, was mit mir passierte? Keine Ahnung, wie man sich da fühlte. Nadia liebte ich auch, aber das war etwas anderes, und damit hatte es nicht viel Ähnlichkeit. Meine Gefühle für Nadia waren stark. Sie gaben mir Kraft und ein Ziel. Dagegen waren meine Gefühle für Malachi zerbrechlich und hoffnungsvoll und verletzlich. Ich wollte bei ihm sein, mich an ihn lehnen. Von ihm umarmt werden. Ich wollte ihn trösten, seine Hand halten. Und gestern Abend hatte ich ihn küssen wollen, obwohl das irgendwie beängstigend war – zu unkontrollierbar. Es war alles unkontrollierbar.
Ich rieb mir die Augen, um den Schlaf zu vertreiben.
Ana hatte recht. Das war nicht der rechte Ort und nicht die rechte Zeit, um sich zu verlieben oder zu verknallen oder was auch immer. Solche Gefühle konnten mir nur in die Quere kommen bei dem, was wirklich anstand: Nadia finden und sie hier rausholen.
Genau in dem Augenblick kam Malachi herein und war umwerfend und stark und … voller Blut. Ich setzte mich auf undwarf die Decke ab. Wir waren so weit weg von der Station, von Raphael.
»Was ist passiert? Geht es dir gut? Wo ist Ana?«
Dass ich ihn mit Fragen bombardierte, schien ihn zu amüsieren. Er warf einen Blick auf seinen Arm, auf sein Hemd, das zerrissen und blutig war. »Reg dich nicht auf, Lela. Ana patrouilliert im Norden. Ich bin nach Westen gegangen und musste mich vor einer kleinen Mazikin-Gruppe zwischen den Sparren im Dachstuhl eines alten Lagerhauses verstecken. Ich wollte sehen, wohin sie gehen, hab sie aber verloren. Das da«, sagte er
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